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Dunkles Indien

Dunkles Indien

Titel: Dunkles Indien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudygard Kipling
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du's!«
    »Ich? An diese Möglichkeit habe ich gar nicht gedacht. Aber vielleicht kann ich irgendwo einen Geistlichen auftreiben. Wenn ich noch so weit reiten müßte, ich tat's gern, um dem armen Hummil eine Chance zu geben.«
    »Unsinn«, sagte Spurstow, und gleich darauf ertönten von seinen Lippen die gewaltigen Worte, mit denen der Gottesdienst bei einem Begräbnis beginnt.
    Nach dem Frühstück rauchten die drei stumm ihre Pfeifen zum Gedächtnis des Toten. Plötzlich sagte Spurstow nachdenklich:
    »In der medizinischen Wissenschaft ist es nicht bekannt.«
    »Was?«
    »Bilder in den Augen von Leichen.«
    »Um Himmelswillen, sprich nicht mehr von all dem Entsetzlichen!« rief Lowndes. »Ich hab einmal einen Eingeborenen vor Schrecken sterben sehen, als ein Tiger hinter ihm her war; ich weiß, was Hummil getötet hat.«
    »Einen Schmarren weißt du! Ich will mich jetzt überzeugen, was es war«, und Spurstow zog sich mit einer Kodakkamera in das Badezimmer zurück. Nach ein paar Minuten hörte man drin ein Geräusch, als ob etwas in Stücke geschlagen würde. Gleich darauf trat der Arzt, totenblaß, wieder ein.
    »Hast du ein Bild bekommen?« fragte Mottram. »Ist etwas auf der Platte?«
    »Nein. Nichts. Natürlich. Kann dir nichts zeigen, Mottram. Hab die Filmspule herausgenommen. War nichts drauf. Wie sollte es auch!«
    »Das«, sagte Lowndes gedehnt, mit einem ausdrucksvollen Blick auf die heftig zitternde Hand des Arztes, die sich vergeblich bemühte, die Pfeife wieder in Brand zu setzen, »das - ist - eine - verdammte Lüge!«
    Mottram versuchte zu lächeln. »Spurstow hat recht«, sagte er. »In einem Zustand wie dem, in dem wir uns jetzt befinden, würden wir auch das Unmöglichste glauben. Zwingen wir uns zur Besonnenheit.«
    Lange sprach keiner von ihnen auch nur ein Wort. Der heiße Wind draußen pfiff ums Haus, und die ausgedörrten Bäume ächzten. Gleich darauf, in blinkendem Kupfer, Stahlglanz und zischendem Dampf, kam der Tageszug angebraust durch die sengende Hitze. »Am besten, wir fahren gleich mit!« meinte Spurstow. »Kehren wir zu unserer Arbeit zurück. Der Totenschein ist ausgefüllt. Hier haben wir nichts mehr zu suchen, und Arbeit wird uns helfen, unsere fünf Sinne beisammen zu halten. Vorwärts.«
    Aber keiner rührte sich: eine Eisenbahnfahrt zu Mittag im Juni hat nicht viel Verlockendes. - Entschlossen griff Spurstow nach Hut und Reitpeitsche, wandte sich in der Türe noch einmal um und sagte:
    »Wir hier auf Erden, wir haben das Leben;
    Ob's einen Himmel gibt? Ob eine Hölle?
    Wer wüßte Antwort auf die bange Frage?«
    Weder Mottram noch Lowndes konnten etwas darauf erwidern.

Imrays Rückkehr
    Imray hatte das Unmögliche vollbracht; ohne eine Zeile zu hinterlassen, aus unbegreiflichen Gründen, in der Blüte der Jahre, an der Schwelle einer Karriere, hatte er die Welt verlassen - das heißt: die kleine indische Station, in der er lebte. Tags vorher war er noch frisch und wohlauf gewesen, vergnügt und emsig tätig an den Billardtischen seines Klubs. Am Morgen darauf war er nicht mehr zu finden, und alle Nachforschungen nach ihm blieben erfolglos. Er hatte seine Wohnung verlassen, war aber nicht, wie sonst, rechtzeitig im Amt erschienen; auch hatte man seinen Dogcart nicht auf den Straßen gesehen. Weil er sich einmal einer mikroskopisch winzigen Pflichtversäumnis schuldig gemacht, hielt sich das Kaiserreich nur zu einer ebenso winzig mikroskopischen Untersuchung des Vorfalles verpflichtet. Man suchte die Teiche nach Imray ab, Brunnen wurden ausgepumpt und Telegramme an die Eisenbahnstationen und die nächste Seehafenstadt - sie lag die Kleinigkeit von zwölfhundert Meilen entfernt - losgelassen. Aber Imray blieb verschwunden; man fand ihn weder am Ende der Schleppnetztaue noch am Ende der Telegraphendrähte. Die Regierungsmaschine des großen indischen Kaiserreiches nahm ihre tägliche Arbeit wieder auf, denn man konnte sich Imrays wegen doch nicht länger aufhalten. Imray, der Mensch, wurde eine geheimnisumwobene Angelegenheit, von der man bestenfalls einen Monat lang an den Klubtischen spricht, um sie dann zu vergessen. Seine Gewehre, Wagen und Pferde wurden an den Meistbietenden veräußert. Sein Vorgesetzter schrieb einen gewundenen Brief an die Mutter, in dem die Tatsache unterstrichen war, daß Imray auf unerklärliche Weise verschwunden sei und sein Bungalow leerstehe.
    Als drei oder vier Monate des sengend heißen Wetters vorbei waren, mietete mein Freund Strickland von

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