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Dunkles Indien

Dunkles Indien

Titel: Dunkles Indien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudygard Kipling
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soeben im Haus herumgelaufen?«
    Ich sagte, er sei im Eß- und Rauchzimmer herumgetrampelt und noch in zwei oder drei ändern Zimmern. Er lachte bloß und riet mir, mich schlafen zu legen. Ich legte mich wieder nieder und schlief bis zum Morgen, aber beständig verfolgte mich das Gefühl im Traum, ich beginge ein Unrecht gegen jemand, der irgend etwas von mir wünsche. Was das für Wünsche sein könnten, vermochte ich mir nicht klarzumachen, aber ein schwankender, umhertappender, zaudernder schemenhafter Jemand überhäufte mich mit Vorwürfen wegen meiner Saumseligkeit. Zwischenhinein hörte ich, wie im Halbwachen, das Dreschen des Regens und Tietjens' Geheul im Garten.
    Zwei Tage blieb ich in dem Haus. Jeden Morgen ging Strickland in sein Büro und ließ mich mit Tietjens als einziger Gesellschaft, acht bis zehn Stunden allein. Solange heller Tag war, fühlte ich mich ganz behaglich. Ebenso Tietjens. Aber wenn die Dämmerung kam, zogen wir uns in die rückwärtige Veranda zurück und taten schön miteinander. Wir waren allein im Haus, dennoch schien jemand anwesend zu sein - allzu anwesend - mit dem ich nichts zu tun haben mochte. Ihn konnte ich nicht sehen, aber ich sah, daß sich die Vorhänge, die die Zimmer abteilten, bewegten, als sei soeben jemand hindurchgegangen; ich hörte die Bambusstühle knarren, als hätte sich eben ein Gewicht von ihnen erhoben; ich fühlte, wenn ich ein Buch aus dem Eßzimmer holen wollte, jemand warte auf der Vorderveranda, bis ich fortginge. Tietjens machte das Zwielicht interessant durch ihr Starren in die dunklen Räume, jedes Haar gesträubt und die Bewegungen eines Etwas verfolgend, das ich nicht sehen konnte. Sie ging niemals in die dunklen Zimmer hinein, aber ihre aufmerksam wandernden Augen sagten mir genug. Erst wenn mein Diener die Lampen brachte und ihr Licht alles hell und wohnlich machte, ging sie mit mir hinein, setzte sich auf die Hinterbeine und beobachtete eine unsichtbare Erscheinung, die sich hinter meinem Rücken zu schaffen machte. Hunde sind freundliche Gefährten.
    Ich eröffnete Strickland so höflich wie möglich, daß ich nunmehr hoffen könne, im Klub Unterkunft zu finden, pries seine Gastfreundschaft, bewunderte seine Waffen und Angelruten, aber sein Haus und die Atmosphäre darin paßten mir ganz und gar nicht. Er ließ mich zu Ende sprechen, lächelte dann müde, aber ohne Empfindlichkeit, denn er ist ein Mann, der die Beweggründe anderer gelten läßt. - »Bleib doch noch hier«, sagte er nach einer Weile - »und denk nach, was das alles zu bedeuten hat. Was du mir mitgeteilt hast, weiß ich, seit ich den Bungalow bewohne. Bleib doch hier und warte ab! Tietjens hat mich verlassen; willst du auch gehen?«
    Ich habe einmal mit ihm ein kleines Erlebnis, ein heidnisches Götzenbild betreffend, gehabt, das mich beinahe ins Irrenhaus brachte; ich verspürte keine Lust, ihm auch noch bei weiteren Experimenten Gesellschaft zu leisten. Er war ein Mensch, dem Ungeheuerlichkeiten so häufig unterliefen, wie ändern etwa ein Mittagessen.
    Ich sagte ihm daher klipp und klar, daß ich ihn sehr gerne hätte und ihn mit Freuden jederzeit am Tage besuchen wollte, aber unter seinem Dach zu schlafen, ließe ich mir nicht zumuten. Das geschah nach dem Mittagessen, Tietjens lag draußen vor der Veranda.
    »Gott, freilich, zu verwundern ist's nicht«, sagte Strickland. Er betrachtete aufmerksam das Tuch an der Zimmerdecke
    »Da! Schau mal!« Die Schwänze von zwei braunen Schlangen hingen zwischen Tuch und Wandgesims herab. Warfen lange Schatten im Lampenlicht. »Hm. Wenn du dich vor Schlangen fürchtest -« brummte er. Allerdings fürchte und hasse ich Schlangen. Wenn man ihnen ins Auge sieht, beschleicht einen der Verdacht, sie wissen um das ganze Geheimnis des Sündenfalles der Menschen und fühlen die Verachtung, die Satan gefühlt haben mag, als Adam aus dem Paradies vertrieben wurde. Außerdem ist ihr Biß meistens verhängnisvoll, - und sie winden sich einem mit Vorliebe an den Hosenbeinen hinauf.
    »Du solltest wirklich einmal das Dach nachsehen lassen!« sagte ich. »Gib mir doch einen von deinen Maskeer-Angelstöcken her! Ich werde die Viecher herunterstochern.«
    »Sie werden sich zwischen die Dachbalken verkriechen«, meinte Strickland. »Schlangen überm Kopf! Das könnte mir so passen! Warte, ich steige hinauf. Wenn ich sie herunterschüttle, zerschlag ihnen das Rückgrat mit dem Ausklopfstecken da!«
    Ich verspürte wenig Lust, Strickland bei diesem

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