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Dunkles Licht

Dunkles Licht

Titel: Dunkles Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Duncan
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Frieden durch die Haut einsaugen.
    »Mein lieber Rollo«, flüsterte sie, »ich schäme mich, das auszusprechen, was ich zu sagen habe. Es ist der Wille der Mutter, dass du in einigen Tagen von hier gehst und nach Albi zurückkehrst, um dort dein Praktikum zu absolvieren.«
    Er wusste es. Man hatte ihm seine Anweisungen erteilt. »Ich bin begierig und bereit.« Mehr als alles würde er die Heiterkeit vermissen, die er hier gefunden hatte.
    »Du bist tapfer. Du weißt, was geschieht, wenn du gefangen genommen wirst.«
    »Ich habe nicht die Absicht, mich gefangen nehmen zu lassen, Mutter.«
    Die alte Frau seufzte. »Junge, wir möchten, dass du dich gefangen nehmen lässt.«
    Es war unglaublich, aber der Schmerz, den er schon für unerträglich gehalten hatte, wurde ständig schlimmer. Er murmelte Gebete, bis der Wächter drohte, ihm den Mund mit Stroh zuzustopfen. Danach betete er schweigend. Manchmal hörte er sich selbst weinen. Er konnte Beine und Füße bewegen, wenn er es ganz sanft tat, ohne an seinen Handgelenken zu ruckeln. Jeder Teil seiner selbst brannte vor Qual: Lungen, Bauch, Gelenke. Wiederum benässte und beschmutzte er sich, aber in Schweinetrog war das normal.
    Als er um Wasser bat, ließ ihn der Wächter darum betteln. Die übrige Zeit saß der Mann da und rauchte. Manchmal verhöhnte er ihn, zumeist jedoch grinste er den Gefangenen an der Mauer bloß an.
    Rollo würde um die Mittagszeit eine Pause erhalten. Pottenger hatte es versprochen. Er musste zumindest bis dahin warten. Bisher hatte er nicht annähernd einen Tag lang am Haken gehangen.
    »Wir haben einen Verräter unter uns«, sagte die Prälatin. »Die Mutter wird keine Namen nennen. Sie sagt bloß, dass wir den Übeltäter selbst finden müssen. Also wissen wir, dass es nur einer ist. Die geheimen Verstecke in Albi wurden verraten, als ein Missionar gefangen genommen und zum Sprechen gebracht wurde, aber sie sind nicht von hier aus verraten worden, und das schließt viele Menschen aus.«
    Seit seiner Ankunft in Perse hatte Rollo sich hervorgetan. Er hatte seine Altersgenossen überstrahlt, bis er dafür gebetet hatte, dass ihm Demut geschenkt würde und er aufrichtig hinnähme, seine Gaben nicht selbst geschaffen zu haben. Er wusste alles, was über die Kräfte bekannt war, welche die Mutter ihren Kindern schenkte. Niemand erhielt sämtliche Talente, aber er kannte jene, die er in Überfülle erhalten hatte, und jene, die ihm völlig fehlten oder von denen er nur Spuren hatte. Er konnte so gut heilen wie alle anderen. Eine Salbe, aufgetragen durch seine Finger, heilte rascher; eine Binde, die er anlegte, heilte ebenfalls rascher, und allein seine Berührung konnte oftmals den Schmerz vertreiben. Er konnte im Dunkeln sehen, sich stiller als ein Schatten bewegen. Er hatte keine Einsicht, aber er war überrascht,dass die Schwestern, die über diese Fähigkeit verfügten, den Spion noch nicht enttarnt hatten. Die Besten von ihnen konnten ein verdorbenes Ei auf einen Blick erkennen.
    Er wollte den Haken nicht so einfach schlucken, sondern fühlte sich zu der Frage berechtigt: »Könnt ihr den Verräter nicht durch Einsicht erkennen?«
    »Der Verräter verwendet ein Talent, das die Mutter geschenkt hat, nämlich unsere Einsicht zu blenden.«
    Woraufhin Schweigen folgte, vielleicht ein Tadel für seine Unterbrechung. »Vergebt mir bitte und fahrt fort, Herrin.«
    »Es sind unsere Praktikanten, die bei ihrer Ankunft zu oft festgesetzt werden«, sagte sie. »Einige werden beim Verlassen des Schiffs gefangen genommen, andere werden bis zu einem geheimen Versteck verfolgt. Sie werden stets gefoltert, bis sie alle und alles verraten haben, was sie wissen.«
    Rollo zitterte bei der Erinnerung. Damals hatte er mehr Verachtung als Mitleid für jene verspürt, die dem Tod nicht trotzen konnten. So dachte er jetzt nicht mehr. Er hatte das Gefühl, dass Schweinetrog einstürzte, dass die Mauer kippte und ihn mit sich nahm … endlich Dunkelheit …
    Ein Eimer voll kaltes Wasser traf ihn. Er keuchte und zuckte, und sogleich schoss ihm ein heftiger Schmerz durch die Arme bis hinab in seine Eingeweide. Dann ein weiterer Eimer. Er blinzelte verschwommen und sah, dass der Wächter einen weiteren schleudern wollte.
    »Bin wieder da«, murmelte er. »Nicht mehr.«
    »Ganz bestimmt, ja?« Der Mann stellte den Eimer hin.
    Sehr bald kam der andere Mann herein, der die leeren Eimer mitnehmen und wieder füllen sollte. Was eine Bestätigung dafür war, dass es

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