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Dunkles Licht

Dunkles Licht

Titel: Dunkles Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Duncan
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das ein leicht verschleiertes Dankeslied an die Mutter war. Seine wunderbare Sopranstimme stieg sauber und klar bis hinauf in die Baumwipfel, was die Frage beantwortete, ob er in den geheimen Glauben eingeführt worden war. Die meiste Zeit war er ein perfekter kleiner Herr, so ernst und höflich, dass es schwerfiel, nicht zu vergessen, wie jung er war. Er musste sein ganzes Leben lang wie ein Erwachsener behandelt worden sein.
    In einer Ecke der Hütte machte es ihm Frieda so bequem, wie sie konnte, und bat darum, dass ihre alten Knochen das Bettbekommen durften, sie hätten es verdient. Er überlegte einen Moment. Sie fragte sich, ob er das Gastrecht in Anspruch nehmen würde, aber dann lächelte er bloß und fand auch, dass es Spaß machen würde, mit Ruß auf dem Fußboden zu schlafen, weil seine Mutter keine Hunde im Bett erlaubte.
    »Sie haben oft Flöhe«, erklärte er feierlich. »Ruß aber nicht.«
    »Ich bin mir sicher, dass er für Flöhe ein viel zu grandioser Hund ist.«
    Ruß wedelte bei diesem Kompliment mit dem Schwanz.
    Frieda saß eine Weile lang draußen auf der Bank und pflückte Knospen von einem Blütenzweig. Eingeweicht würden sie einen angenehmen Duft als Geschenk an eine Dame ergeben. Oft kamen junge Männer bei ihrer örtlichen weisen Frau vorbei und baten um einen Rat, den sie nicht bei anderen suchen wollten, weil sie dafür zu schüchtern waren, sowie um ein kleines Geschenk als Unterstützung für ihr Werben. Gewöhnlich brachten sie als Bezahlung einen Haufen Feuerholz oder das gelegentliche illegale Kaninchen mit. Eine zusätzliche Andeutung, dass der Duft oder der Trank eine gewisse magische erotische Macht besäße, wäre unethisch, würde jedoch oft die Wirkung verstärken.
    Die Sterne kamen heraus. Sie wollte sich schon zurückziehen, da hörte sie ein Donnergrollen. Ach? Aus eigener Erfahrung wusste sie, dass diese Hütte ein halbes Jahrhundert jedes Wetter, gut oder schlimm, überdauert hatte. Sie könnte auch einen weiteren Sturm überstehen. Sie hatte sich davon überzeugt, dass ihre Gäste friedlich in den Armen und Pfoten des anderen schliefen und es sich so bequem wie möglich auf der niedrigen Plattform gemacht hatten, die als Bett diente. Der Donner würde die massiven Torfwände nicht durchdringen.
    Es gab Träume, und es gab Visionen.
    Sie stand neben einem Pfad, der sich durch einen Hain wand. Die Blüten waren größtenteils abgefallen und wie riesige weiße Flocken über das Gras verstreut, und der Grund war nass. Kleine Pfützen glitzerten in den Furchen. Ein Pony und ein Wagen nahten. Das Pony war schwarz und der Wagen eine schlichte zweirädrigeKutsche mit einem Kutschsitz vorn und einer Bank für einen Fahrgast hinten. Der einzige Fahrgast war eine Frau mit hohem Hut; es gab keinen Kutscher. Schließlich war selbst eine Vision ein Traum.
    Als die Kutsche sich auf gleicher Höhe mit Frieda befand, blieb sie stehen. Kein Wort fiel. Frieda reichte ein glänzendes Breitschwert hoch, den Griff zuerst. Die Dame nahm das Geschenk entgegen, aber es war zu lang, um auf dem Sitz neben ihr liegen zu können; also setzte sie die Spitze neben ihre Füße und lehnte den Griff gegen die Rückenlehne des Kutschsitzes. Das wäre überall eine ziemlich unsichere Sache gewesen, nur nicht in einem Traum. Sie winkte, und die Kutsche fuhr weiter.
    Frieda sah ihr nach, und auf die unmögliche Weise eines Traums konnte sie die Frau von vorn sehen, nicht von hinten. Sie war nicht mehr allein, obwohl sie ihren neuen Begleiter nicht zu bemerken schien, einen Löwen in voller Größe und mit schwarzer Mähne, der die Hinterpfoten auf die Fahrgastbank und die Vorderpfoten gegen den Kutschsitz gestemmt hatte. Das große Tier, das sie weit überragte, starrte direkt geradeaus, ohne die vorüberstreichende Landschaft eines Blicks zu würdigen.
    Später saß Frieda in einer gemütlichen kleinen Küche, hatte die Füße in einer Schüssel mit warmem Wasser und hielt einen Becher mit Löwenzahnwein in der Hand. Sie unterhielt sich mit der Frau, die dort wohnte. Es war die weise Ora, eine alte Freundin, vielleicht sogar älter als sie selbst. Ora weinte.
    Ein Blitz und ein Donner rissen Frieda aus dem Schlaf. Benommen setzte sie sich auf und mühte sich um die Erinnerung, wo sie sich im wirklichen Leben befand und wo sie in der Traumwelt gewesen war. Ein Blitz musste in großer Nähe eingeschlagen haben. Der Wind hatte den Vorhang über der Tür herabgeweht, und der Regen trommelte auf den Wald

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