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Dunkles Licht

Dunkles Licht

Titel: Dunkles Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Duncan
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draußen ein. Vom Boden ertönte kein Laut. Entweder schlief Brat immer noch tief und fest, oder er war vor Schreck in die Bäume geflüchtet. Außerstande sich vorzustellen, dass dieser ernste kleine Junge etwas so Dummes getan hätte, legte sie sich hin und sagte sich, sie solle wieder einschlafen.
    Die Anweisungen waren eindeutig gewesen, also durfte sie in jener Nacht keine weiteren mehr erwarten. Sie würde Brat der Frau mit dem hohen Hut übergeben und müsste dann Ora einen Besuch abstatten. Ora lebte in Pertwee, was eine etwa zweitägige Reise entfernt war.
    »Weise Frau! Weise Frau!«
    Ein Mann rief diese Worte draußen vor der Hütte, obwohl sich kaum das erste Licht zeigte. Frieda bemühte sich, zu erwachen und ihre Sinne beieinander zu bekommen, die in die ferne Vergangenheit geschweift waren.
    »Weise Frau! Sie kommen dich holen!«
    Friedas bloße Füße trafen auf den sandigen Boden; sie geriet ins Stolpern und wäre fast gestürzt. Brat war ein verschwommener Fleck in der Ecke, und soweit sie sagen konnte, schlief er immer noch, obwohl Ruß den Kopf oben hatte. Sie zog die Decke um sich und duckte sich hinaus, um nachzusehen, was los war.
    »Weise Frau … du bist nicht die weise Edith!« Er war ein massiger junger Mann, wohlmeinend, jedoch sehr laut.
    »Die weise Edith musste für ein paar Tage weg. Ich bin die weise Frieda.« Sie sprach ruhig und beschwichtigend und hoffte, ihn dadurch zu beruhigen. »Was ist los, dass du mitten in der Nacht herkommst und herumschreist?«
    »Der Ort ist wahnsinnig geworden, weise Frau! Letzte Nacht … durchreisender Priester … Pater Verdammt oder so.«
    Ihr sank das Herz. Nein, es fiel aus der Welt. »Pater Rafe Dampier?«
    »Genau! Er hat in der Kirche gepredigt. Und er hat alle Leute angestachelt, seht Ihr? Das und der Sturm. Und er hat sie gegen den Vogt aufgewiegelt, weise Frau! Junker Woodbridge hätte niemandem etwas zuleide getan – er hatte Männer mit einer Kutsche geschickt, um meine kleine Ann zur weisen Edith zu fahren, als sie zu krank zum Laufen war. Er hat den Leuten Geld gegeben, die ins Unglück geraten waren.«
    Frieda machte »Pscht!« und wünschte sich, ihr stünde eine vernünftige Möglichkeit zur Verfügung, diesen schreienden Wahnsinnsmann von ihrer Tür wegzubekommen, ohne dass er den Verdacht hätte, sie täte es. Diese Neuigkeit war ganz bestimmt nicht eine, die Brat mitbekommen musste.
    »Alle sind losmarschiert … na ja, nicht alle. Die meisten Frauen sind heimgekehrt, und ich war nicht dabei, auch mein Bruder nicht. Sie sind den ganzen Weg zum Herrenhaus marschiert …«
    Oh, Mutter! Bitte, bitte, nicht noch ein Lynchmord!
    »Und er hat den Blitz herabgerufen!«
    »Er hat
was
getan?« Frieda ertappte sich dabei, selbst zu schreien.
    »Er hat den Blitz herabgerufen, und der schlug zu, und der Vater hat das Haus mit Donnerschlägen gepeinigt. Das ganze Haus ist wie Schießpulver explodiert, heißt es. Innerhalb weniger Sekunden stand es lichterloh in Flammen. Das Stroh, die Bäume …«
    »Aber der Junker? Und seine Familie?«
    Der große Mann schniefte, als ob er den Tränen nahe wäre. »Tot. Und Diener. Die Balken sind zusammengebrochen und die Mauern eingestürzt. Bis der Regen kam, war nichts mehr übrig. Und einige von denen haben davon gesprochen, sich die weise Edith zu holen und ›reinen Tisch‹ zu machen. So haben sie’s genannt, weise Frau, nicht ich. Am besten geht Ihr. Die meisten sind wieder nüchtern geworden, als sie im Regen nach Hause gekommen sind, aber einige wenige sind immer noch verrückt.«
    »Vielen Dank!« Sie nahm seine großen Hände in die ihren. »Du hast sehr gut daran getan, herzukommen und Edith zu warnen. Natürlich nehme ich deinen Rat an und verschwinde, bis die Aufrührer wieder bei Sinnen sind. Der Segen der Mutter komme über dich!«
    Sie sah ihm nach, wie er den Pfad hinabschritt und dabei Äste beiseiteschlug. Weitere tote Menschen auf der blutigen Liste des Rafe Dampier! Traurig wandte sie sich der Tür und dem kleinen Jungen mit dem aschfarbenen Gesicht zu, der dort stand und offenbar alles mit angehört hatte.
    Die ganze Welt war vom Gewittersturm getränkt worden. Der Weg bestand entweder aus Schlamm oder nassem Gras. Die Zweige und das Unterholz waren triefend nass und hatten die drei Reisenden durchweicht. Bis endlich die Sonne über den Himmelsrand lugte, befanden sie sich ein gutes Stück entfernt von der Hütte der weisen Frau und folgten einem Weg, den Ruß gewählt

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