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Dunkles Licht

Dunkles Licht

Titel: Dunkles Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Duncan
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Tür.
    »Verschwinde!«
    Ein weiteres Klopfen, und Polly spähte herein. Als Maddys persönliche Zofe war sie ihr vom Gutshaus nach Bakenbeck gefolgt,und ihr war eine Liege in der Dachkammer der weiblichen Bedienung zugewiesen worden. »Euer Wohlgeboren?«
    Wütend schaute Maddy auf und entdeckte, dass Pollys Gesicht kreidebleich war.
    Sie richtete sich auf. »Was ist?«
    »Das Gutshaus, Euer Wohlgeboren …« Sie sprach immer noch, als Maddy aus dem Bett sprang und sich die Kleidung des vorherigen Tags zusammensuchte, sie sprach immer noch, als sie die schmale Treppe hinunterliefen. Sam stand mit zwei Pferden an der Tür. Er war gleichfalls bleich unter seiner Sonnenbräune.
    In dem aufgeweichten Boden war nur schwer voranzukommen, aber sie trieben die Pferde heftig an.
    Sie roch die Ruinen, bevor sie sie sah. Jeder vom Regen gelöschte Flächenbrand verströmte einen sauren, ätzenden Geruch. Alles, was vom Herrenhaus geblieben war, war schwarz: Haufen aus Holzkohle, geschwärztes Holz, geschwärzte Bäume, sogar der eine verbliebene Schornstein war geschwärzt und stand wie ein nackter Grabstein da. Einige der Außengebäude waren verschwunden, nicht alle. Die meisten der Pferde waren entkommen oder gerettet worden, denn sie rannten nach wie vor nervös im Paddock herum, verwirrt durch diesen angsterregenden Gestank der Zerstörung.
    Maddy zog die Zügel und starrte voller Entsetzen hin. Das war die Landschaft ihrer Kindheit – Felder, Wiesen, Haine –, und jetzt, mittendrin, diese obszöne schwarze Wunde, wo das Herz gesessen hatte.
    Sam war an ihrer Seite stehen geblieben. »Gott im Himmel!«, murmelte er. »Das hätte ich nie erwartet, Maddy.«
    Sie ritten näher heran. Männer untersuchten die Ruinen, aber vorsichtig, weil ein paar kleinere Feuer den Regen überlebt hatten und nach wie vor qualmten. Ein rechteckiges Loch markierte den Keller – jetzt ein Teich aus schwarzem Wasser mit Überresten von Fässern, die wie Inseln herausragten, sowie kleinerem Schutt, der umhertrieb. Ein weiteres, gestreckteres Loch zeigte die Stelle an,wo der Bibliotheksflügel gelegen hatte – halb verkohlte Bücher, Überreste von Regalen, ein weiterer Tümpel.
    Knapp außerhalb des zerstörten Bereichs, nahe den Stufen zum Vordereingang, hielt Pater Snuggs aus Stonebrigde Wache über einer Reihe von Körben. Maddy vermutete, dass sie für menschliche Überreste gedacht waren, obwohl nur wenige von ihnen diese langen Henkelkörbe waren, die man zum Transport menschlicher Leichname verwendete. Die Übrigen enthielten wahrscheinlich bloß Knochen. Ein schwärzlicher Mann brachte einen weiteren herbei. Er wurde der Sammlung hinzugefügt und erhielt den Segen des Priesters.
    Sie sah Watt, den obersten Diener, auf sich zukommen und ritt ihm entgegen. Er hatte geweint, aber die Tränen konnten ihm den rußigen Schmier nicht aus Gesicht und Bart fortspülen.
    »Oh, Euer Wohlgeboren …«
    »Wie viele sind entkommen?«
    »Etwa die Hälfte, Euer Wohlgeboren. Siebzehn von uns sind rausgekommen, neunzehn haben nicht überlebt. Einige haben sich beim Sprung aus dem Fenster die Knochen gebrochen. Drei oder vier haben schlimme Verbrennungen.«
    »Und meine Familie?«
    Er schüttelte den Kopf und mied ihren Blick. »Nein … einige Zweifel bestehen hinsichtlich des Jungen. Gestern früh ließ Junker Henry Leute nach ihm suchen. Er war mit seinem Pony fortgeritten, aber die Suche wurde später eingestellt.« Er musste nicht hinzufügen:
Also musste er gefunden worden sein.
    Sie warf einen Blick zum Paddock hinüber und entdeckte Brats Pony sofort. Er musste gefunden worden sein. Wahrscheinlicher noch, er war aus eigenen Stücken zurückgeritten und hatte sich gefragt, was es mit dieser ganzen Aufregung auf sich hatte. Man nannte ihn … man
hatte
ihn nicht umsonst Brat genannt. Wenn das Pony allein zurückgekehrt wäre, hätte Vater die halbe Grafschaft auf die Beine gestellt, um nach seinem Sohn zu suchen. Nein. Brat war heimkehrt und mit den anderen ums Leben gekommen.
    Benommen stieg Maddy ab, reichte Sam die Zügel und ging zu Pater Snuggs hinüber, der inzwischen ein Dutzend Körbe in seinem Schauhaus hatte. Er sah sie kommen und ging ihr entgegen. Daher würde sie auch den Inhalt der Körbe nicht zu sehen bekommen.
    Sie nahm seinen Segen hin, seinen gemurmelten Trost. Snuggs wusste sehr gut, welchen Gott die Woodbridges verehrt hatten, aber in der Öffentlichkeit hatten sie sich gefügt, und sie waren gute Menschen

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