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Dunkles Licht

Dunkles Licht

Titel: Dunkles Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Duncan
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als auch mir persönlich schaden würde. Ich habe nicht vor, ihn jetzt schon herunterzuholen, weil sein Bruder die Hierarchie gegen mich aufwiegeln würde. Ihr Tag wird kommen, das verspreche ich dir! Inzwischen bist du eine lebendige Bedrohung.« Kipping hob sein Glas. »Nieder mit den Uptrees!«
    Darauf trank Maddy.
    Der einzige gewöhnliche Gast, Privatsekretär William Kipping, brachte es fertig, später als alle Übrigen einzutreffen, was für sich genommen schon eine Meisterleistung war. Bei diesem Besuch von Haus Norcaster, ihrem allerersten, erkannte Maddy seine Opulenz als übertrieben und altmodisch. Es war sogar noch pompöser als Schloss Norcaster, und die Erinnerung daran, wie beeindruckt sie von diesem hässlichen Steinhaufen an ihrem Hochzeitstag gewesen war, machte sie traurig. Mittlerweile hatte sie die meisten der Herrschaftshäuser in Weypool von innen gesehen und war alles andere als naiv.
    Mit Maddy am Arm wurde Kipping in einen ziemlich großen Salon geleitet, der im Kerzenschein funkelte und in dem trotz des Winters eine bemerkenswerte Wärme herrschte. Der Graf und die Gräfin erhoben sich, um die letzten ihrer Gäste zu begrüßen. Die Gräfin war eine verwüstete, vertrocknete Frau, die durch und durch eingeschüchtert von ihrem massigen, dominanten Gatten erschien. Osborn war in den letzten beiden Jahrensogar noch umfangreicher geworden, sein Bart grauer, und sein Gesichtsausdruck wirkte noch verdrießlicher. Beim Anblick von Mindy Wells zeigte er vernichtende Geringschätzung, schwach übertüncht durch männliche Geilheit. Wenn ein Mann mittleren Alters mit einer bettlägerigen Frau in Begleitung eines wunderschönen Mädchens gesehen wurde, das kaum halb so alt war wie er selbst, so war die Sache für die albiurnische Gesellschaft offensichtlich.
    Es gibt ein Lächeln, das sagt: »Schön, Euch kennenzulernen«, und es gibt ein weiteres, das sagt: »Wir sind uns doch schon einmal begegnet.« Als Maddy sich aus ihrem Knicks erhob, sah sie ihn einen Augenblick lang unverblümt an. Er reagierte mit einem kurzen, verwirrten Stirnrunzeln, dann mit einem schockierten Wiedererkennen und schließlich mit Widerwillen. Er hatte sie zuvor schon als Sheldon Causeys Flittchen gesehen, aber nur aus der Ferne. Jetzt warf er Kipping einen Blick zu, außerstande zu glauben, dass er wusste, wer seine Gefährtin wirklich war. Dann sah er wieder zu Maddy.
    »Mindy Wells? Nicht, äh …?«
    »Stroud?«
    »Ja. Die Stroud, natürlich. Es überrascht mich, dich so weit weg von zu Hause zu sehen.«
    »Es überrascht mich, dass Ihr den Namen von jemandem vergessen habt, der Euch so nahesteht, Euer Hochwohlgeboren.«
    Der Graf runzelte die Stirn über eine solche Frechheit. Seine hagere Gräfin sah sie bereits funkelnd an, obwohl sie kaum den wirklichen Grund für den Widerwillen ihres Gatten verstehen konnte. Wäre Kipping ein politischer Verbündeter ihres Gatten gewesen, hätte sie kleinere moralische Schnitzer durchgehen lassen können, aber die Verdorbenheit eines Gegners musste mit den stärksten Ausdrücken in die Schranken verwiesen werden.
    »Diese Ehe«, sagte Kipping, »war völlig ungültig.«
    Uptrees verächtliche Miene erstarrte. »Sie war zuvor schon verheiratet gewesen?«
    »Nein, jedoch der Bräutigam schon. Ich meine den Vorgang an sich. Ziemlich, äh,
sträflich.«
    Die Drohung klirrte wie ein Silbertablett, das auf einen Marmorboden fiel: Nötigung, Fälschung, schwerer Diebstahl und wer konnte raten, was sonst noch? Uptree wiegte sich auf seinen Absätzen. Kipping hatte gerade eindeutig einen wichtigen Punkt gemacht. Allein dadurch war Maddys Abend gerettet.
    Anschließend wurde es für eine Weile sehr langweilig. Der Kronprinz und seine Cousine waren anwesend; ebenso der Erhabene Nathaniel Wybrow, ein fetter, pompöser Mann, dessen Gesicht jahrelange Ausschweifungen verriet. Der fünfte Mann war ein Diplomat, der gerade zum Botschafter an irgendeinem fernen Ort ernannt worden war, von dem Maddy noch nie gehört hatte. Er war so diplomatisch, dass er überhaupt kaum etwas sagte, und seine Gattin sogar noch weniger. Beide lächelten viel.
    Alles in allem also neun Personen, die im Raum herumsaßen, Wein tranken und plauderten. Kronprinz Emil redete viel zu viel und sagte nichts von Bedeutung, wodurch er Maddys Ansicht bekräftigte, ein Schwachkopf zu sein. Aber als er erneut von einem Skandal erzählte, von dem sie vor etlichen Wochen zum ersten Mal gehört hatte, fühlte sich der Hierarch

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