Dunkles Verlangen - BDSM Erotikgeschichten und Kurzromane (German Edition)
geworden.
Unten aus dem Dorf La Roche hatte Michèle eine resolute, allein stehende Frau in ihrem Alter engagiert, die bereit war, im Schloss zu wohnen, nach den Eingeschlossenen zu sehen und für sie zu kochen, da die Lieferungen der Schnellküche für nur vier Personen unrentabel waren. Sie erlaubte ihr, das Himmelbett im achteckigen Schlafzimmer im ersten Stock des zweiten Turms zu benutzen.
Außerdem durfte sie ihren Schäferhund mitnehmen, der neben ihrem Bett schlief und ein äußerst wachsamer Schlafgenosse war, der schon die Ohren spitzte, wenn das Gebälk nachts, wenn die Warmluftheizung zurückging, zu knarren und zu ächzen begann. Er vermittelte ihr, die ohnehin recht bodenfest und mutig war, ein zusätzliches Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit.
Madame Michèle verabschiedete sich von allen, die in der Burg waren, gab Marie, so hieß die neue Wärterin aus dem Dorf, die beiden Schlüssel für Pierre und Philippe und ermahnte sie, nur in wirklichen Notfällen aufzuschließen, instruierte ihren Sekretär, allwöchentlich einmal die Post durchzugehen und notwendige Rechnungen zu bezahlen. Dann ließ sie ein Taxi kommen, um von Lyon aus den nächsten Linienflug nach Amsterdam zu nehmen, weil sie sich zuerst um die Mietverhältnisse ihres Hauses in Arnheim kümmern wollte. Danach wollte sie über Weihnachten
eine Nilkreuzfahrt buchen und anschließend in Jordanien und im Hedschas (Saudi-Arabien) Hotelurlaub machen. Klima und Service waren dort um die Jahreswende absolute First Class.
Das radikale Alkoholverbot im Lande der Wahhabiten störte sie nicht im geringsten, ja war ihr sehr angenehm, weil sie so auf Wochen nicht einmal zufällig mit All-Inclusive-Betrunkenen, die sie aus ihrer Welt von Ordnung und Schönheit verbannt hatte, zusammentreffen konnte.
Im Februar wollte sie zur Eröffnung der neuen Theatersaison in ihrem geliebten Paris sein. Dort hatte sie vor Jahren eine kleine, aber vornehme Wohnung in der noch vornehmeren Rue du Faubourg St. Honoré erworben. Ende März hatte sie ihre Rückkehr zum Schloss La Roche geplant, weil dann die Eröffnung der neuen Saison für das Sommerhalbjahr bevorstand.
Es war Sonntagmorgen, als Marie, gutgelaunt, den drei Männern und der Frau ihr Frühstück brachte, das, französisch karg, nur aus Café au lait und einem Croissant bestand. Dazu brauchte sie nicht einmal die Zellen aufzuschließen, sondern konnte es ihnen durch die Guckfenster reichen.
Danach hatte sie bis zum späten Vormittag Zeit, bevor sie sich daran machte, für sich und die vier Insassen ein ordentliches französisches Menue in der halb mittelalterlichen, halb 19.-Jahrhundert- Küche anzurichten. Sie kochte und aß gern, was man ihrer Figur ansah, ohne dass man sagen konnte, sie sei mit ihren fast 50 Jahren schon vorzeitig aus dem Leim gegangen. Alles an ihr war drall und fest und unübersehbar, aber nicht fett. Sie war nicht verheiratet; ebenso wie bei Madame
Michèle war ihr der Richtige bisher nicht begegnet, obwohl einige, vielleicht sogar auch ein paar mehr, sie heiß begehrt hatten oder noch immer begehrten. Da sie keine Kinder bekommen hatte, hatte sie die Wechseljahre kaum oder gar nicht als solche empfunden. Auf jeden Fall nahm sie keine Tabletten, fühlte sich gesund und freute sich über jeden schönen Tag, den der liebe Herrgott ihr schenkte. Dabei war sie großzügig, lachte gern und hatte keine Probleme, mit anderen mal die
eine oder andere Flasche vom guten Burgunderwein zu leeren, der in den tiefer gelegenen Weindörfern der Cote d'Or, obwohl relativ teuer, bei jedem Winzer zu haben war.
Mittags deckte Marie stolz den langen Eichentisch im Ess-Zimmer, der Platz für 28 Personen bot. Ringsum an den Wänden hingen Ahnenbilder der Burgunderherzöge, dazwischen standen spätmittelalterliche Anrichten und Rokoko-Sesselchen. Auch Empire-Möbel hatten sich hierhin verirrt. Wie schon erwähnt, die Restaurateure hatten nicht immer das reinste Mittelalter im Blick gehabt und Stil Mischmasch toleriert. Den Besucher erfreute es, denn er wusste in den wenigsten Fällen, wie das wirkliche Leben im Mittelalter ausgesehen hatte. Natürlich war bekannt, dass
Kartoffeln auf dem Speiseplan gefehlt hatten. Einigermaßen wusste man, dass kaum gewürzt wurde, weil Salz so teuer war, und dass Fisch und Hülsenfrüchte viel mehr als heute zur täglichen Nahrung gehörten. Weniger oder überhaupt nicht war man darüber unterrichtet, dass reiche Leute sich den Luxus leisteten, möglichst
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