Dunkles Verlangen - BDSM Erotikgeschichten und Kurzromane (German Edition)
geflochten und hernach auf einem Scheiterhaufen verbrannt werden. Obwohl die fürchterliche Hinrichtung nicht öffentlich
angekündigt wurde, hatten sich am Morgen schon Tausende versammelt und nahmen drohende Haltung gegen den aus Paris angereisten Henker Sanson ein, weil sie zu Unrecht einen politischen Prozess annahmen. Der Henker konnte froh sein, durch ein Spalier tausender Sympathisanten des Jungen ungeschoren davonzukommen, während der Delinquent von seinen Fesseln befreit und in sicheren Gewahrsam gebracht wurde. Das Volk aber steckte das Schafott und das Rad und die anderen Schandwerkzeuge in Brand und jubelte laut auf, wenn der Brand immer von neuem
Empor flammte, so dass der Platz und die anstoßenden Straßen bald widerhallten von
unermesslichem Jubelgeschrei. Bis gegen Mittag tobte das aufgebrachte Volk, und hier und da wurden schon die damals noch verpönten, aber bald darauf so allgemein gesungenen Revolutionslieder hörbar." Marc beendete seinen Bericht mit der Feststellung: "Es war das erste revolutionäre Volksfest."
"Kannst du mir mal sagen, was ein Autodafé ist?" fragte Isabelle.
"Beim Autodafé wurden in Spanien die verurteilten Ketzer verbrannt. Das Autodafé von 1788 markierte symbolisch die Verbrennung der alten barbarischen Hinrichtungswerkzeuge. 1789 begann dann ja tatsächlich eine neue Zeit."
"Ja, ja, mit der Guillotine", lästerte Pierre.
In der Küche machte sich unterdessen Marie an die Arbeit, um als nächstes ein provenzalisches Huhn zu servieren. In einer Pfanne erhitzte sie Butter und briet dann vier doppelte Hühnerbrüste bei starker Hitze kurz und scharf an, dann würzte sie bei mittlerer Hitze mit Salz, Cayennepfeffer und Paprikapulver. Anschließend gab sie Tomaten, Knoblauch und Vermouth in die Pfanne und ließ das
Ganze etwa 20 Minuten bei geschlossenem Deckel schmoren. Zum Schluss kamen Thymian, Sahne und Crème fraiche hinzu.
"Philippe", rief sie durch die offene Tür, "du kannst jetzt den nächsten
Gang servieren."
"Ah, wie köstlich das schon duftet", sagte Marianne, der man von allen
Tafelnden am meisten ansah, dass sie keine Kostverächterin war. Sie schaute Philippe erwartungsvoll an, als er die provenzalischen Hühnerbrüste in einer Suppenterrine ins Zimmer trug.
Er war so aufmerksam, ihr zuerst aufzutischen und von der Sauce über die Hühnerbrust zu träufeln.
Dann ging er weiter reihum und legte auch den anderen sieben auf. Pierre goss erneut vom burgundischen Weißwein ein und holte, als die zweite Flasche leer war, eine neue aus dem Weinkeller.
"Komisch, dass es immer einzelne Ereignisse sind, die aus irgendeinem Grunde der Nachwelt im Gedächtnis haften bleiben. Oft ordnen wir dann diesem oder jenem Ereignis eine ganz besondere Bedeutung zu. Das trifft auch für den ersten politisch motivierten Mord einer Frau in der modernen Geschichte zu. Ihr kennt doch Charlotte Corday, die junge hübsche Adelstochter aus Caen?
Schon gut, war ja auch nur eine rhetorische Frage", sagte Marianne. "Das Mutige an ihr, als sie dem Scheusal Marat, diesem schmierigen, pornographischen, jakobinischen Fanatiker in der Badewanne das Messer in die Halsschlagader stößt: Sie hat keine Mitverschworene, muss das Misstrauen der beiden Furien, die über Marat mit der doppelten Sorgfalt der Liebe und des Fanatismus wachen,
zerstreuen und lässt sich widerstandslos festnehmen, nachdem sie ihr Werk vollendet sieht. Als der Gerichtspräsident sie später fragt, wer ihr einen solchen Hass auf Marat eingeflößt habe, antwortet sie: 'Ich bedurfte nicht des Hasses anderer; ich hatte schon an dem meinigen genug.' Am 17. Juli 1793 wurde sie guillotiniert."
"Zeigt doch wieder mal, dass, wenn Frauen hassen, ihr Hass stärker als der von Männern ist", bemerkte Marc. "Das war aber nicht nett", entgegnete Annette. "Und wird diesem Ereignis auch nicht gerecht", setzte Marianne hinzu, "Marat, das war so ein Typ, wie er widerlicher, gemeiner, gehässiger und zerstörerischer nicht vorgestellt werden kann. Er brauchte in seinem Hetzblatt 'L'Ami du Peuple' nur jemanden zu denunzieren, dann war derjenige schon ein Todeskandidat für die Guillotine. Dabei war er hässlich und am Körper mit Geschwüren bedeckt und musste deswegen seine Tage in der Badewanne verbringen."
"Bemerkenswert, dass Charlotte ein Messer als Tatwaffe gebrauchte. Das ist bei Frauen, die töten, die absolute Ausnahme", mischte sich Philippe ein.
Zum vierten Gang verschwand Marie wieder in der Küche und zauberte
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