Duo Infernale
schwankte schon immer auf und nieder. Deshalb ging ich davon aus, dass ich sie ohne Schwierigkeiten anheben konnte.
Ich fasste den Metallkasten mit beiden Händen an.
Noch genau zwei Minuten!
Ich hob den Kasten hoch. Es klappte, aber ich konnte das Zittern meiner Arme nicht vermeiden. Ich hielt die Bombe zwischen meine Handflächen geklemmt. Schweiß rann mir über die Stirn. Er fand in dünnen Rinnsalen auch den Weg am Gesicht entlang. Ich spürte ihn an den Lippen und schmeckte ihn auf der Zunge.
Ich holte tief Luft. Nur nicht stolpern. Nur keine Zeit verlieren. Schnell sein und trotzdem ruhig bleiben. Wie eben der Held im Kinofilm. Nur war das hier leider die Wirklichkeit. Ich wusste ja, dass Jane Collins auf mich wartete. Ich sah sie nicht, als ich den Steuerstand verließ und mich auf den Weg nach unten machte. Ich fand die erste Stufe, das war gut, aber mein Blick klebte an der Digitalanzeige, die nicht stehen blieb. Die Zeit lief immer weiter ab. Nur noch eine Minute.
Jane hatte mich längst gesehen. An meiner Haltung musste sie erkannt haben, dass etwas nicht stimmte, und ich bekam mit, dass sie mit leiser Stimme meinen Namen rief.
Darauf achtete ich nicht. Ich ging weiter. Ich schaute nicht nach rechts und nicht nach links. Für mich war es wichtig, dass ich keine Stufe verfehlte.
Mein Gott!, fuhr es mir durch den Kopf. »Nur nicht zittern. Nur nicht durchdrehen. Nur nicht zu stark schwitzen, dass auch die Handflächen in Mitleidenschaft gezogen werden, sodass der Kasten mir noch wegrutscht.«
Mir war kalt und heiß zugleich. Eine Schlittenfahrt der Gefühle durchströmte mich, und ich warf immer wieder einen Blick auf die Zahlen der Digitalanzeige.
Weniger als eine Minute...
Aber die Treppe lag schon hinter mir.
An der bewegungslosen Jane Collins ging ich vorbei und näherte mich der Reling. In diesen Augenblicken war mir klar, dass ich es schaffen würde. Auch wenn ich jetzt gestolpert wäre, ich hätte es noch immer geschafft, die Bombe in den See zu schleudern.
Genau noch 44 Sekunden Zeit!
Das reichte.
Ich brauchte die Arme nicht mal groß anzuheben, um den Kasten über die Bordwand zu schleudern.
Die Spannung musste einfach aus mir heraus, und so wurde der Flug von einem erleichterten Schrei begleitet. Es war wie Weihnachten und Ostern zugleich, als das viereckige Ding auf das Wasser klatschte und noch in der gleichen Sekunde versank. Wie ein gieriges Maul hatten die Wellen zugeschnappt, und nicht mal ein Schatten blieb zurück, denn das verdammte Ding war von einem Augenblick zum anderen verschwunden.
Erst jetzt begannen meine Knie zu zittern. Ich klammerte mich unwillkürlich an der Reling fest. Jetzt nahm ich meine Umgebung überdeutlich wahr und merkte auch das leichte Schwanken des Boots.
Das alles konnte mich nicht mehr aus dem Gleichgewicht bringen, denn ich hatte es geschafft.
Auf einmal stand Jane neben mir. Sie stellte keine Frage, aber ihr Blick sagte alles.
»Wir wären zerfetzt worden!«, flüsterte ich.
Jane nickte und bekam eine Gänsehaut.
»Eine verdammte Bombe.«
»Die du nicht entschärft hast.«
»So ist es.«
»Dann wird sie unter Wasser...«
Die Zeit war um, und die Bombe explodierte tatsächlich. Ich wusste nicht, was ich hörte. Es konnte durchaus sein, dass ich mir den Knall einbildete, bestimmt sogar, aber das Wasser in unserer Nähe geriet in Bewegung.
Auch das Schiff wurde davon erfasst. Es tanzte plötzlich auf den Wellen, und ich hielt mich noch härter fest. Das Wasser klatschte gegen die Seiten. Gischt spritzte auf, drang aber nicht bis zu uns.
Ich konnte mich nicht mehr halten. Plötzlich musste ich lachen. Es war eine irrsinnige Erleichterung, die mich erfasste. Die Spannung fiel von mir ab wie eine alte Haut, die nicht mehr durchblutet wurde. Ich ließ mich von Jane Collins auffangen und fühlte mich in ihren Armen super aufgehoben.
»Das nennt man Glück«, sagte sie leise. »Zwei Minuten später, und es hätte uns gegeben.«
»Denk nicht mehr daran!« Ich löste mich von ihr und schaute gegen den dunklen Himmel wie jemand, der ein Dankgebet in die Höhe schickt. Wir waren knapp mit dem Leben davongekommen, und jetzt wussten wir auch, warum Boris das Boot verlassen hatte.
Von nun an mussten wir ihn in einem anderen Licht sehen. Boris hatte nicht nur auf der Seite von Marcia gestanden und sie umsorgt. In Wirklichkeit musste er anderen Menschen zuarbeiten, dienen, gehorchen, wie auch immer.
Den beiden Schwestern...
Ich hatte mich mit dem
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