Duo Infernale
Auftritt beendet ist. Du wirst das Leben mit anderen Augen sehen. Es werden sich dir Welten geöffnet haben, an die du bisher nicht einmal denkst.«
»Das hoffe ich.«
»Ja, ich auch!«
Beide schauten sich noch starr in die Augen, dann deutete Florence an Jane vorbei auf Fiona hin, die noch immer in der unmittelbaren Nähe des Baumstamms wartete.
Jane fand den Weg allein. Als. sie ungefähr in meiner Höhe war, nickte sie mir unmerklich zu. Ich sollte mir keine Sorgen machen, aber das war leichter gesagt als getan.
Was die blonde Fiona Jane zur Begrüßung zuflüsterte, hörte ich nicht, aber die Detektivin schien damit einverstanden zu sein, denn sie nickte einige Male und gab den Weg zur Strickleiter frei, denn Fiona wollte als Erste hoch.
Es gab keinen Zwischenfall. Von oben her winkte Fiona lässig nach unten. Sie stand dort wie eine Göttin, die alles im Griff hatte, und hielt sich mit einer Hand an einem Ast fest, angestrahlt vom Kegel des Scheinwerfers, der wenig später wanderte und Jane Collins als neuen Mittelpunkt fand.
Ich saß natürlich wie auf heißen Kohlen und war bereit, sofort einzugreifen, sollte etwas schief laufen.
Aber es lief nichts schief.
Jane kletterte die Strickleiter hoch, als wäre es die leichteste Übung der Welt. Schließlich erreichte sie den Ort, wo Fiona auf sie wartete. Noch einmal wurden die beiden mit Applaus überschüttet, dann senkte sich wieder die gespannte Stille über den Platz. Teil Zwei der Schau begann!
***
Zuerst hatte Jane schon gegen das Herzklopfen ankämpfen müssen. Aber jetzt, als sie im Baum stand, war sie plötzlich sehr cool, und auch das schmale schimmernde Seil konnte sie nicht schocken.
Aus kurzer Entfernung schauten sich die beiden Frauen in die Augen. »Ich weiß nicht, was du damit bezweckst«, flüsterte Fiona, »aber gewinnen wirst du nicht, das schwöre ich dir. Wir kriegen dich. Wir kriegen dich und deinen Freund.«
»Deshalb bin ich hier, Fiona! Nur deshalb. Ich will, dass ihr mich kriegt.«
»Also gut.«
Nach einem letzten Lächeln in Richtung Publikum verließ Fiona ihren Platz am Baum. Sie ging und tänzelte zugleich. Mit einem langen Schritt hatte sie das Seil erreicht und stellte ihren nackten Fuß darauf. Im Hotel hatte sich Jane flache Schuhe angezogen. Sie hoffte, es auch mit ihnen zu schaffen.
Sie warf einen Blick in die Tiefe.
Vom Boden her war ihr die Entfernung gar nicht so hoch vorgekommen, jetzt aber, wo sie nach unten schaute, bekam sie schon leichtes Herzklopfen, als sie feststellte, dass es doch wohl fast drei Meter waren. Wer da hinabfiel und unglücklich landete, konnte sich wer weiß was antun.
Nicht so Fiona. Sie ging so sicher wie auf dem Boden und tänzelte über das Seil hinweg, bis sie die Mitte erreichte, dort stehen blieb und sich lässig drehte.
Jane hielt sich noch immer an der Astgabel auf. Sie klammerte sich auch fest und spürte im Arm das leichte Zittern.
Florence hatte wieder die Ansage übernommen und sprach von der großen Mutprobe, die der erste Schritt auf das Seil bedeutete.
Das allerdings spürte Jane Collins nicht so. Okay, es kroch schon ein seltsames Gefühl in ihr hoch, ein Kribbeln, wie sie es nicht kannte, aber das hatte einen anderen Grund, denn sie spürte sich von Fiona angemacht. Das Kribbeln war so etwas wie eine Botschaft, die sie locken sollte, und Jane wehrte sich nicht dagegen.
Sie ging einfach los.
Es klappte tatsächlich. Sie bewegte sich auf dem Seil, als hätte sie es schon immer betreten. So wie sie sah kein Mensch aus, der eine derartige Premiere erlebte.
Sie konnte einen Fuß vor den anderen setzen, und die Sicherheit, die sie dabei empfand, war schon frappierend. Normal war das jedenfalls nicht. Sie kam Meter für Meter weiter. Sie schaute auch nicht nach unten und blickte nur Fiona an, die auf sie wartete und ihre Arme locker vor den Brüsten verschränkt hatte.
Jeder konnte es sehen. Jane war überzeugt, dass niemand zur Seite schaute. Alle wollten Zeugen sein, wie ein Mensch seine eigene Angst überwand und auf einem Seil spazierte, als wäre es das Leichteste der Welt.
Das Kribbeln war noch immer vorhanden. Es kam Jane vor wie ein zusätzliches Band, das sie leitete. Auch Fiona rückte immer, näher. Da sie keine Anstalten traf, zur Seite zu gehen, war Jane klar, dass sie bei ihr stoppen würde.
Noch ein Schritt, dann blieb sie stehen.
Nur sie und ich!, dachte die Detektivin. Ich bin gespannt, wie es weitergeht.
Zuerst blieb alles normal. Fiona lächelte
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