Duo Infernale
Scheinwerfers begleitet wurde, dessen Kegel sie nicht losließ.
Ihr Ziel war das Hochseil!
Normalerweise war ein Seil nicht von Baum zu Baum befestigt. Es stand auf zwei Dreiecken, die stabil genug waren, es zu halten, auch wenn es durch ein Gewicht belastet wurde. Hier aber schien man auf gewisse Sicherheiten verzichtet zu haben. Über den Grund konnte ich nur spekulieren. Und spekulativ war ihr gesamter Auftritt.
Ich fragte mich nur, was sie damit bezweckten. Die Gage allein konnte es nicht sein, wahrscheinlich waren sie dazu ausersehen, eine Botschaft weiterzutragen. Da brauchte man eben Menschen oder Personen, die anders waren als die übrigen.
Fiona’s Ziel war ein Baumstamm. Im Lichtkegel des Scheinwerfers, der auch den Stoff des Kleides glänzen ließ, sah Fiona mehr aus wie eine feenhafte Frauengestalt, die irgendeinen geheimnisvollen Flecken im Zauberwald verlassen hatte, um sich zwischen die Menschen zu begeben. Es war ihnen nicht anzusehen, welche Kräfte oder Mächte sie führten, denn nur so konnten sie es schaffen, die Welt zu täuschen und ihre wahren Absichten zu verbergen.
Aber woraus bestanden diese Absichten?
Die Frage stellte sich mir immer wieder, ohne jedoch eine Antwort zu finden. Ich wusste zu wenig und konnte sie nur allgemein formulieren.
Es war durchaus möglich, dass sie das alles taten, um den Menschen die Hölle näher zu bringen. Sie wollten ihnen beweisen, was alles möglich war, wenn man sich mit dem Teufel verbündete, und bestimmt gab es nicht wenige Personen, die darauf hereinfielen.
Fiona hatte den Baum erreicht, an dem sie hochklettern musste, um das Seil zu erreichen.
Sie brauchte es nicht wie ein Affe zu tun, denn an der Außenseite hing eine Strickleiter herab. Mit sehr geübten Bewegungen schaffte sie es, in die Höhe zu kommen, und auch ihre Schwester blieb nicht mehr auf der Plattform.
Sie ging mit langsamen Schritten auf das Seil zu. Dunkle Schuhe mit hohen Absätzen sorgten dafür, dass ihr Gang wiegend und irgendwie lasziv wirkte. Sie sah aus wie jemand, der alles im Griff hatte. Fast unterhalb des Seils blieb sie stehen.
»Wenn sie jetzt nur von einem Baum zum anderen läuft, bin ich enttäuscht«, sagte Jane.
»Das wäre zu billig.«
»Dann lasse ich mich mal überraschen.«
»Tu das.«
Fiona hatte die Strickleiter hinter sich gelassen und die Astgabel erreicht, an der auch das eine Ende des recht straff gespannten Seils befestigt war.
Sie reagierte wie jede andere Artistin auch, schob ein Bein vor und prüfte das Seil. Im Gegensatz zu ihrer Schwester trug sie keine Schuhe – sie wollte barfuß über das Seil laufen warf noch einen Blick nach unten und sah, dass Florence den linken Arm in die Höhe gestreckt hatte und mit den Fingern schnippte.
Das war für Fiona das Zeichen zum Start. Als wäre das dünne Seil der sicherste Balken der Welt, bewegte sie sich darüber hinweg. Sie streckte nicht mal die Arme zu den Seiten hin aus, um das Gleichgewicht zu halten, sie brauchte auch keine Stange, sondern ging tatsächlich wie jemand, der einen Spaziergang macht.
Sie konzentrierte sich nicht mal auf das, was vor ihr lag, sondern schritt locker der Mitte des Seils entgegen, wo sie plötzlich aus dem Schritt heraus stehen blieb.
»Aha!«, flüsterte Jane.
»Was meinst du?«
»Bisher war es nichts.«
»Und jetzt?«
»Geht der Spaß los.«
Florence griff wieder ein. Diesmal hob sie beide Arme, und sie schnickte auch mit den Fingern an beiden Händen.
Genau darauf hatte Fiona gewartet. Sie ging in die Knie. Sie drückte das Seil etwas ein – und sprang plötzlich in die Höhe.
Aus der Masse der Zuschauer lösten sich einige leise Aufschreie, denn damit hatte niemand gerechnet. Fiona hatte so viel Schwung, dass sie sich noch in der Luft drehte, die Rolle schlug und genau im richtigen Moment die Beine streckte, um wieder perfekt auf dem Seil zu landen.
»Das ist es!«, rief Florence.
Sie und ihre Schwester nahmen den Beifall der Menge entgegen. Ich klatschte nicht. Jane hielt sich ebenfalls zurück. Ich beobachtete das Gesicht der Blonden und glaubte zu sehen, dass sich der Ausdruck ihrer Augen verändert hatte. Sie sahen so hell aus. Die Pupillen waren meiner Ansicht nach verschwunden. In ihnen hatten sich Lichter versteckt, die zuvor nicht zu sehen gewesen waren.
Es war erst der Beginn. In der Folgezeit zeigte Fiona Kunststücke, die den Zuschauern den Atem raubten. Sie benutzte das Seil tatsächlich als Trampolin, und nie kam sie so auf, dass sie
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