Durch den Sommerregen
belächelt.
„Also, was ist jetzt mit diesem Gabriel?“, fragt meine Mutter lächelnd. „Er scheint ein wenig wild, aber sehr interessant zu sein. Gibst du ihm eine Chance?“
Als Teenager habe ich meiner Mutter viel anvertraut. Sie war auch eine Freundin für mich, doch das hat sich durch Sebastian schlagartig geändert. Unsere Unterhaltung fühlt sich fast an wie früher.
„Es ist nicht so einfach.“ Wahrscheinlich will er das gar nicht mehr.
„Das ist es nie, mein Schatz. Glaubst du, bei Papa und mir ist immer alles rosig? Ich liebe deinen Vater, aber selbst nach über 30 Jahren könnte ich ihn noch manchmal an die Wand klatschen.“
Das bringt mich zum Lachen, denn es entspricht überhaupt nicht der Ausdrucksweise meiner Mutter.
„Ich weiß einfach nicht, ob ich all das noch mal durchmachen kann. Es mag ja Frauen gehen, die in ihrem Leben ein paar Männer und auch Ehen verschleißen, aber für mich ist das nichts. Ich will mich nicht schon wieder für eine Beziehung verbiegen müssen, um mich irgendwann selbst nicht mehr erkennen zu können.“
„Lena, das liegt nur bei dir selbst. Wenn du das Gefühl hast, dich für einen Mann verbiegen zu müssen, ist er nicht der Richtige. Gibt Gabriel dir das Gefühl?“
Nein, überhaupt nicht. Nicht mal ansatzweise. Er kommentiert sicherlich meine Eigenheiten, aber er bewertet und belächelt nicht. Meine Schlafprobleme hat er nicht hinterfragt, nur gelöst, indem er mir einen Grund gegeben hat, im Bett zu bleiben. Jetzt habe ich seit zwei Tagen mal wieder fast gar nicht geschlafen, weil er nicht neben mir liegt.
„Er ist alles, was Sebastian nicht war“, bringe ich schluchzend hervor. Abgesehen davon, dass er sich wie ein Arschloch benommen hat, als ich ihn zum letzten Mal gesehen habe. Ich hasse diese Heulerei. Das bin nicht ich.
„Dann ist es vielleicht an der Zeit, Abstand von der Vergangenheit zu bekommen und dich nicht mehr darüber zu definieren.“
„Ich weiß nicht, ob ich jemals Kinder möchte“, bricht es aus mir heraus. Dass es zum Bruch durch ein „vergessenes“ Kondom gekommen ist, habe ich meiner Mutter natürlich nicht im Detail erläutert. Darum weiß sie auch nicht, wie er reagiert hat.
„Das ist doch okay“, sagt sie liebevoll und streichelt über meine Hand. „Ein paar Enkelkinder wären natürlich schön, aber wichtiger ist, dass du mit deinen Lebensentscheidungen glücklich bist. Niemand zwingt dich zu irgendetwas. Schon gar nicht ein Partner. Wenn du niemals wieder heiraten möchtest, dann ist das in Ordnung. Genauso, wenn du keine Kinder willst. Vielleicht willst du auch nie wieder mit einem Mann zusammenleben und selbst nach vielen Jahren noch deine eigene Wohnung behalten. Auch das bleibt dir überlassen. Lass dich nicht durch solche selbst auferlegten Zwänge von deinem Glück abhalten.“
Es überrascht mich, sowas von meiner Mutter zu hören. Ich habe sie in ihren Ansichten doch immer als recht konservativ empfunden. Aber wahrscheinlich wird man so, wenn die eigene, noch blutjunge Tochter einen wesentlich älteren Mann heiratet.
25.
- Können wir reden? G. –
Er macht mich unglaublich wütend. Ich habe nichts falsch gemacht und trotzdem habe ich das Gefühl, mich entschuldigen zu müssen. Wenn überhaupt, dann haben wir es gemeinsam verbrochen.
- Ich kann. Du kannst mir nur sagen, wie nutzlos ich als Mutter wäre. Aber mach dir keine Sorgen, ich habe mich darum gekümmert. H. –
Die „Pille danach“ hat dafür gesorgt, dass wir keine unliebsame Überraschung erleben.
- Ich bin ein Idiot, Helena. Aber das würde ich dir gerne persönlich sagen. Bist du Zuhause? –
- Wo sollte ich sonst sein? Komm einfach rüber, wenn du Feierabend hast. –
Selbstverständlich weiß ich, dass er noch im Shop ist, obwohl es schon auf Mitternacht zugeht. Er hat keinen Kunden mehr und Markus und Sam sind längst bei ihren Frauen. Natürlich habe ich ihn in den letzten Tagen beobachtet. Was soll ich auch sonst machen, wenn ich ohne ihn fast gar nicht schlafe?
Nur fünf Minuten später klingelt es schon an der Tür.
Er sieht mich nicht an und ich hasse es. Nur ein kleiner Zwischenfall hat es geschafft, einen massiven Keil zwischen uns zu treiben.
Als wäre er noch nie hier gewesen, sitzt er angespannt auf der Couch und knibbelt an seinen Fingern.
„Helena, ich ...“, setzt er an, sieht aber weiterhin nicht auf.
„Wenn du es noch nicht mal nötig hast, mich anzuschauen, dann kannst du gleich wieder gehen“,
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