Durch die Hintertür
Einfluss.«
»Das habe ich schon mitbekommen. Die Polizei vor Ort scheint sehr erpicht darauf zu sein, seinen Wünschen nachzukommen.«
»Ganz genau.«
»Und jetzt soll ein Unschuldiger an den Galgen.«
»Mr. Meeks.«
»Ja. Er ist auf der Wache in Drekeham und wird dort nicht gerade mit Samthandschuhen angefasst.«
West starrte finster auf den Boden seines leeren Bierkruges.
»Hören Sie, ich kann das nicht zulassen, nicht, wenn ich etwas weiß, dass die Sache geraderücken kann. Mir kann man eh nicht mehr helfen, und mir ist mittlerweile auch egal, was aus mir wird. Aber das hier ist nicht richtig.«
»Erzählen Sie mir alles.«
Er atmete tief durch; dieses Gespräch fiel ihm offensichtlich alles andere als leicht. »Letztes Jahr war Sir James in einen Finanzskandal verwickelt. Es hieß, dass er von einem Geschäftspartner Bestechungsgelder angenommen hatte, um vor dem Parlament Fragen zu stellen und damit einen Gesetzesentwurf zu diskreditieren, der ihren Handel außerhalb des Empires eingeschränkt hätte. Sir James beharrt darauf, dass nichts an der Sache dran ist, aber etwas blieb doch an ihm haften – er musste ziemlich vielen Leuten ziemlich viel Geld bezahlen, damit diese schmutzige Angelegenheit unter den Teppich gekehrt wurde.«
»Wie viel Geld?«
»Ich kenne keine Zahlen, aber es war genug, um Sir James’ persönliches Vermögen arg zu strapazieren. Ganz offen gesagt, ist die Familie pleite.«
»Aber seine Geschäftsfreunde …«
»Oh nein. Ratten verlassen das sinkende Schiff. Sie mussten natürlich zu ihm auf Distanz gehen. Er steckt also ganz schön in der Bredouille. Keine Rücklagen. Finanziell am Ende.«
»Und darum ist Rex’ Vermählung so wichtig.«
»Lady Diana bringt nicht nur eine gewaltige Mitgift mit, sondern auch Verbindungen. Die Hunts sind die Aufsteiger unter den britischen Fabrikanten. Wenn Sir James sich mit ihnen verbündet, kann er seinen Gegnern ins Gesicht lachen. Er wäre dann erneut ein gemachter Mann. Also darf Rex’ Vermählung nichts im Wege stehen.«
»Aber was hat das mit dem Tod von Reg Walworth zu tun?«
»Das ist genau das, was ich nicht begreife. Das ergibt einfach keinen Sinn. Mr. Walworth – nun, er stand eine Weile auf der Gehaltsliste; ich glaube, er arbeitete für eine Baufirma, die Sir James’ Londoner Apartment ausbaute – dort wohnt er während der Parlamentssitzungen. Er behielt ihn eine Weile bei sich, um die Arbeiten fertigzustellen. Meines Wissens brachte er ihn nach Drekeham Hall, um mit ihm über die Restaurierung des Bibliotheksflügels zu sprechen.«
»Und was hatte er mit Meeks zu tun?«
»Mit Meeks? Überhaupt nichts.«
»Ich dachte, Meeks hätte ihn eingeladen.«
»Nein, das ist völliger Unsinn. Woher haben Sie das denn?«
»Natürlich von Leonard.«
»Der verfluchte Leonard!« Wests Gesicht wurde rot vor Zorn. »Diese Schlange!«
»Wie ich sehe, ist er nicht gerade ein Freund von Ihnen.«
»Seit ich hier bin, macht er mir das Leben mit seinen Andeutungen und abfälligen Bemerkungen zur Hölle, dieser Scheißkerl. Wenn ich seinen dürren Hals doch nur in die Hände kriegen würde …«
»Kommen Sie, lassen Sie uns ein wenig spazieren.« Ich machte mir Sorgen, dass die anderen Gäste anfingen, Wests Wutausbrüche zu bemerken. Ich brachte die Krüge an die Theke zurück, und wir schlenderten wieder in Richtung des Hauses.
»Aber wieso wollen sie Meeks aus dem Weg haben?«, fragte ich und versuchte, die Teile dieses irrsinnigen Mosaiks zusammenzusetzen. »Und wie kam Reg Walworth zu Tode? Das eine scheint mit dem anderen überhaupt nichts zu tun zu haben.«
»Was weiß ich«, sagte West, der rasch wieder seine trübselige ›offizielle‹ Seite zeigte, je näher wir dem Haus kamen. »Aber es gibt eine Verbindung. Es muss sie geben. Sir James’ finanzielle Schwierigkeiten, Rex’ Vermählung mit Diana, der Tod von Mr. Walworth und die Verhaftung von Meeks.«
»Und Rex’ Geschäftsreise nach London? Was ist damit?«
»Ich habe keine Ahnung. Rex’ ›Geschäfte‹ sind mir ein Rätsel. Er fährt häufig für ein paar Tage in die Hauptstadt und erledigt dort wohl Dinge für seinen Vater. Aber dieser Zeitpunkt stört mich. Als hätte er sich aus einem bestimmten Grund aus dem Staub gemacht.«
Wir erreichten die Pforten von Drekeham Hall; West war wieder bedrückt und still. Mir war klar, dass ich vielleicht keine weitere Chance bekommen würde, mit ihm zu sprechen.
»Vince – ich will Ihnen helfen.«
»Das ist sehr
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