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Durch die Hintertür

Durch die Hintertür

Titel: Durch die Hintertür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lear
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Finsteres aus. Er war der Bruder von Sir James, der jüngste der adligen Brut und ein passionierter Störenfried. Er wirkte doppelt so alt, wie er tatsächlich war; trotz seiner 35 Jahre war sein Gesicht von seinen Erfahrungen zerfurcht, und seine Augen gaben dem Wort ›wissend‹ eine ganz neue Bedeutung. Er war außergewöhnlich schlank – man hätte dürr sagen können, hätte er nicht eine Selbstsicherheit und Feinheit ausgestrahlt, die ihn für Männer und Frauen gleichermaßen sonderbar attraktiv machte. Er trug die Haare länger, als es damals üblich war, aus der Stirn zurückgekämmt und mit Locken im Nacken. Seine Kleidung war elegant, beinahe zu elegant, denn sein Schneider betonte durch den Schnitt noch Leonards geschlechtslose Silhouette und kam der Farbenfreude seines Kunden mit einem Futter aus scharlachrot gemusterter Seide entgegen. Hinzu kamen noch zwei vorzüglich manikürte, mit Ringen geschmückte Hände und eine Wolke berauschenden Dufts, so war dieser Leonard Eagle – vampirgleich, wunderschön, ein wenig zu feminin. Man tuschelte, dass Leonard seinem älteren Bruder peinlich war, ihm schamlos auf der Tasche lag und sich seinen Einfluss zunutze machte, wenn er in Schwierigkeiten geriet. Sein Neffe Rex, Boy Morgan und der Rest der eher ›robust gebauten‹ Männer der Familie taten ihn als einen fürchterlichen Ästheten und Verschwender ab. Ich verspürte Faszination und Abscheu zugleich.
    Leonard Eagle glitt lautlos auf weichen Lederschuhen dahin, nahm mit sanfter Hand meinen Ellbogen und führte mich ans obere Ende der Treppe – die entgegengesetzte Richtung zu jener, die die Polizisten eingeschlagen hatten.
    »Eine schreckliche Geschichte, es tut uns so leid«, flüsterte er. Sein voller roter Mund kam meinem Ohr dabei etwas zu nahe. »Wir hoffen sehr, dass unsere Gäste sich nicht allzu heftig aufregen.« Ich versuchte, mich von ihm loszumachen, doch er war überraschend stark. »Mama schlug vor, dass ich Ihnen den Garten und die Pferde zeige.«
    »Nun, wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich …«
    »Für Lady Caroline ist all das eine ungeheure Belastung.«
    »Ja …«
    Was sollte ich tun? Ich konnte Mutter Eagle ja nicht noch weitere Strapazen zumuten. Und so gestattete ich Leonard, mich nach unten zu geleiten – zuvor bemerkte ich in dem Gang, durch den die Polizisten marschiert waren, einen offenen Wandschrank, ganz wie der, in dem ich gerade erst Boy Morgans Saft gekostet hatte. Und aus diesem offenen Schrank ergoss sich eine merkwürdige Mischung aus Stiefeln, Zeitungen und Tennisbällen, ganz so, als wäre etwas mit aller Hast herausgezogen worden.
    Etwas – oder jemand.
    Ich sah noch über die Schulter und versuchte, weitere Hinweise zu erkennen, als Leonard Eagle meine Aufmerksamkeit mit nur wenigen Worten voll in Anspruch nahm.
    »Sie scheinen sich sehr gut mit Boy Morgan zu verstehen.«
    Ich lasse mich in der Regel nicht leicht aus der Fassung bringen und blieb trotz der Andeutung in seinem Tonfall gelassen. Hatte uns etwa doch jemand beobachtet?
    »Ja«, antwortete ich übertrieben offen. »Morgan ist ein toller Kerl. Er ist mir ein großartiger Kamerad in Cambridge.«
    »Das glaube ich gern …« Seine Stimme troff vor Anzüglichkeit, aber ich hatte nicht vor, darauf einzugehen. »Ich hatte in Cambridge auch großartige Kameraden …« Es fiel mir leicht, den begriffsstutzigen Yankee zu spielen, schließlich hatte Leonard keinerlei Anlass, meine wahre Natur zu erahnen. (Leonard war Gerüchten zufolge mit seinen ›großartigen Kameraden‹ derart indiskret umgegangen, dass er von der Universität geflogen war.) Für den beiläufigen Betrachter wirkte ich von Kopf bis Fuß wie ein sportlicher Student – eine Attitüde, die mir weitaus mehr Schwänze sicherte als weibisches Getue. Ich fragte mich, wie Leonard es wohl anstellte, denn er strahlte die katzenhafte Zufriedenheit eines Mannes aus, der regelmäßig gevögelt wird.
    Er brachte mich schnell die Treppe hinunter und durch die Halle in den kleinen Empfangsraum, der in den Garten führte. Ich hatte den starken Eindruck, dass man mich aus dem Weg haben wollte.
    Wir blieben in diesem eleganten kleinen Raum mit den bemalten Wandvertäfelungen und den türkischen Teppichen, wo es trotz der Hitze kühl und schattig war, einen Augenblick stehen. »Aber«, fuhr Leonard fort, »meinen Sie denn auch, dass Boy Morgan der Richtige für meine Nichte ist?«
    Nicht, wenn ich irgendwas dagegen tun kann , dachte ich; ich hatte

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