Durch die Hölle in den Himmel (German Edition)
hundert pro, Freunde“, bestand Marco auf sein insiderwissen, „so ne geile Braut habt ihr noch nicht gesehen, da könnt ihr nur von träumen. Er lief mir neulich im Treppenhaus mit ihr über den Weg. Wohnen ja beide über mir. Keine Ahnung, wie der Robert an die rangekommen ist.“
„Na, wenn das wirklich so ist, muss der natürlich jede Menge Kohle haben, sonst hält so eine Braut dem Schlaffke nicht mal ihren Arsch hin,“ warf der erste Säufer ein.
„Klar, war schon immer so, mit Kohle krallen sich die blödesten Typen, die geilsten Bräute.“
„Ja, und dann arbeiten sie fleißig daran, dass erst deine Kohle verschwindet, und dann sie selbst.“
Robert hatte in seinem katastrophalen Zustand nicht daran gedacht, rechtzeitig auf die andere Straßenseite zu wechseln. Grundsätzlich vermied er direkt am Kiosk vorbeizugehen.
„Ich hab ja nichts gegen die armen Schweine“, dachte er, „wenn sie nur die anderen Menschen in Ruhe lassen würden“.
Er beeilte sich auf die andere Straßenseite zu kommen.
Egal auf welcher Ebene man sich befindet, man trifft überall auf Menschen, die nach unten treten. Selbst auf der untersten Sprosse der sozialen Leiter wird noch nach unten getreten. Selbst der letzte Penner möchte noch auf jemandem rumtrampeln. Und wenn es ihm bei einem Menschen nicht gelingt, schafft er sich einen Hund an, den er dann schikaniert.
Diese Typen haben nichts Besseres zu tun, als den ganzen Tag hier am Kiosk rumzuhängen und sich die Birne vollzusaufen.
Hier stinkt es so erbärmlich, dass man kein Prophet sein muss, um herauszufinden, wo und wie sie das bereits getrunkene Bier entsorgen. Im Umkreis von mindestens zehn Metern war es problemlos am Geruch zu erkennen.
Im Moment gab es für Robert aber doch viel Wichtigeres, als sich über diese Saufköpfe aufzuregen. Auf der anderen Straßenseite angelangt, regte er sich schnell wieder ab, ohne auch nur im Geringsten auf ihre hirnlosen Sprüche eingegangen zu sein.
Dieser Marco, der sich auch zu Wort gemeldet hatte, lebt in der Wohnung unter ihm. Der hatte ja mal einen ziemlich guten Job.
Vor ein paar Jahren hatten sie die Firma, in der er beschäftigt war, geschlossen und wegen der angeblich zu hohen Lohnkosten in eines dieser Billiglohnländer nach Osteuropa verlegt. Tschechien, Bulgarien oder so ähnlich. Sie hatten ihm zwar angeboten mitzugehen, was aber aus verständlichen Gründen für ihn nicht in Frage kam.
Immer wieder hat er versucht, einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Er bekam Absage nach Absage. Irgendwann gab er dann vollkommen entnervt auf. Da er schon auf die Vierzig zu ging, hatte er sowieso keine faire Chance mehr auf dem Arbeitsmarkt. Das war dann der Abstieg. Somit begab er sich bei der Agentur für Arbeit in die Warteschleife und harrte dort aus, bis er am Ende der Fahnenstange angelangt war. Dann dauerte es nicht mehr lange, wie bei vielen anderen auch, bis er anfing zu saufen.
Dafür hatte Robert sogar ein wenig Verständnis, aber nicht für die Rüpeleien gegen ihre Mitmenschen. Sollen sie doch lieber mal denen, die für ihre Misere mitverantwortlich sind, die Zähne zeigen - solange sie noch welche haben, die es sich zu zeigen lohnt.
Stattdessen wird weiterhin nur von oben nach unten getreten, obwohl schon so viele unten angekommen sind, dass sie ruhig mal versuchen könnten, vereint und zuversichtlich nach oben zu treten. Nein, nur das nicht. Lieber wird weiterhin der Wurm getreten, der sich ohnehin schon krümmt.
„Es sei ihnen gegönnt,“ dachte Robert, „viel Freude werden die ja in ihrem Leben nicht mehr haben. Dann sollen sie doch ruhig auf meine Kosten ihren bescheidenen Spaß haben.“
Die kurze Ablenkung hatte ihm im Grunde sogar ganz gut getan, doch jetzt bohrte sich die Absicht seines Weges wieder schmerzhaft in sein Bewusstsein. Damit stürzte seine Stimmung zurück in ein tiefes, dunkles Loch. Selbst der Gedanke an Nadine half ihm inzwischen nicht mehr, aus der seelischen Krise heraus.
„In ein paar Minuten bin ich am Ziel und bin mir jetzt nicht mehr sicher, ob ich nicht besser wieder umkehren sollte.“
Eine grässliche Unschlüssigkeit fiel über ihn her und attackierte seine Absichten von allen Seiten.
Trotz größter Anstrengung gelang es ihm momentan nicht, wieder Ordnung in seine Planung zu bekommen.
„Erst wenn ich nirgends mehr Licht in den Fenstern sehe, kann ich sicher sein, dass niemand mehr in der Firma ist. Dann gehe ich direkt in die
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