Durch die Hölle in den Himmel (German Edition)
wird lenken können.
„Ich weiß was ich will und ich weiß, was er dafür verlangt. So einfach ist das Geschäft. Aber diesmal gibt es keine Sondervorstellung. Wenn er will, dann halte ich einen Moment still und das war es dann. Geschäft ist Geschäft, mein lieber Hassan, du wirst schon sehen.“
Nadine war fest davon überzeugt, diesmal die Chefin im Ring zu sein.
Als aber die Haustür hinter ihr ins Schloss gefallen war, hatte sie schon wieder ein wenig von ihrer Selbstsicherheit eingebüßt. Das Bild von Hassans verschlagenem Gesicht erschien ihr unangenehm vor Augen und mit jedem weiteren Schritt in seine Richtung, wurde es klarer und unangenehmer.
„Ein letztes Mal werde ich ihn ja wohl noch ertragen, dann habe ich endgültig meine Ruhe vor ihm. Ich mache einfach die Augen zu und denke an die Zeit danach.“
Sie versuchte sich abzulenken, indem sie Pläne für die Zukunft schmieden wollte, aber immer wieder drängte sich Hassan in den Vordergrund. Sie versuchte es entspannter zu sehen.
„Ich werde es schon überstehen. Was ist schon dabei? Ich lege mich einfach aufs Bett und habe in spätestens einer halben Stunde alles hinter mir, dann gibt es nur noch Robert und mich. Dass ist alles, woran ich jetzt denken darf. Ich darf nichts anderes, als unsere gemeinsame Zukunft vor Augen haben, dann komme ich da durch.“
Ihre Schritte wurden wieder etwas sicherer. Die Sucht unterdrückte eisern die Bedenken, die beharrlich in ihrem Hinterkopf auf eine Chance lauerten.
Gelegentlich nahm sie einige der Passanten wahr, die ihren Weg kreuzten. Die Frauen und Mädchen waren alle dermaßen übertrieben tugendhaft gekleidet, dass sie sich beinahe nackt vorkam und sich für ihre Freizügigkeit zu schämen begann. Nadine senkte den Blick, um nicht erkannt zu werden, obwohl die Wahrscheinlichkeit sehr gering war, denn sie kannte hier niemanden außer Arne, Roberts Kollegen. Wichtiger war, dass ihr dadurch die empörten Blicke und das Kopfschütteln der religiös verklemmten, erspart blieben. Ihr war so unbehaglich, dass sie sich im Moment sogar nach Hassans Keller sehnte. Sie wollte fürs Erste nur schnell aus dem Blickfeld derer verschwinden, die sich so fanatisch schamhaft verhüllten. Nadine begriff allerdings nicht, warum die sich für das, was Gott nach seinem Ebenbild geschaffen hatte, schämten.
„In meinen Augen ist es nichts anderes als Gotteslästerung, wenn Gläubige ihren Körper nicht so akzeptieren, wie Gott ihn geschaffen hat. Anstatt dankbar zu sein, für dass, was Gott ihnen geschenkt hat, geißeln sie diesen, sozusagen göttlichen Körper, sowie er auch nur einen Hauch von Lust verspürt. Jene Lust, ohne die die Menschheit schon lange ausgestorben wäre. Sie ist vielleicht sogar das wichtigste in diesem Körper überhaupt. Wesentlich wichtiger jedenfalls, als das Geschwafel von Moral und Anstand.
Da ist es schon ganz etwas anderes, wenn jemand betrogen wird…“
Den Gedanken wollte sie nicht weiter verfolgen.
„Aber ich tu es ja für unsere gemeinsame Zukunft“ fand sie wieder ein Argument zu ihrer eigenen Entlastung.
Abhängige fanden immer einen Grund, ihren Konsum zu rechtfertigen.
Als sie in die Straße einbog, schaute sie noch einmal flüchtig auf, um sich zu vergewissern, dass sie auf den richtigen Hauseingang zuging. Sofort senkte sie wieder den Blick und ging zielstrebig auf den Eingang zu.
Sie sah derart geistesabwesend nach der richtigen Hausnummer, dass sie nichts anderes wahrnahm, als nur den Weg zu Hassans Keller. Sie erkannte nicht einmal Robert, der in nur etwa fünfzig Metern Entfernung, wie versteinert mitten in der Bewegung stehen blieb.
Mit leicht gesenktem Kopf ging sie über die Straße auf ihr Ziel zu.
Inzwischen kannte Nadine ja Hassans Klingelknopf. Sie läutete mit dem abgesprochenen Zeichen und wartete auf den Summer, der die Tür öffnete.
Es dauerte länger als erwartet. Sie war so verunsichert, dass sie sich nicht traute ein zweites Mal zu klingeln, aus Angst, dass abgesprochene Zeichen nicht einzuhalten. Ihre Befürchtung gesehen zu werden, ließ sie wieder unruhig werden. Erneut schaute sie links und rechts die Straße hinab, ohne wirklich etwas zu sehen. Obwohl sie darauf gewartet hatte, zuckte sie doch zusammen, als das Summen des Türöffners endlich ertönte. Schnell drückte sie die Tür auf und war heilfroh, dass sie, wie sie glaubte, unbemerkt in dem Kellergang verschwinden zu können.
Es war ihr tatsächlich gelungen,
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