Durch die Hölle in den Himmel (German Edition)
Christen, die Kehle durchschnitt.
„Bis dieser Henry auftauchte, habe ich keinen Gedanken an solche Dinge verschwendet. Der hat mich irgendwie infiziert. Was heißt infiziert?
Der Mann ist ja im Recht.
All diese abscheulichen Morde und Folterungen müssten wenigstens als das angesehen werden, was sie tatsächlich sind, nämlich schwerste Verbrechen. Dann würde ein Bewusstsein für das Unrecht geweckt werden und die perversen Taten, zwar nicht total abgestellt, aber zumindest langsam eingedämmt werden.“
Seine Gedanken überschlugen sich nahezu. Darüber vergaß er sogar Nadine für einen Moment.
„Wenn Menschen nicht gewillt sind, sich an religiöse oder irdische Gesetze zu halten, werden sie niemals friedlich zusammenleben.
Was treibt einen Mann zu der Behauptung, er sei der Frau überlegen und hätte das Recht ihr zu sagen, was sie zu tun und zu lassen hat? Sind denn vor Gott nicht alle Menschen gleich?
Was heißt das schon? Gleich.
Soll etwa jeder Mensch aussehen wie der andere und einer wie der andere denken?
Das kann ich mir nicht gut vorstellen.
Trotz seiner quälenden Gedanken, dachte Robert daran, auf die Uhr zu sehen.
„Jetzt ist sie schon über zehn Minuten bei ihm. Bei mir dauerte es nie länger als drei oder vier Minuten. Aber trotzdem werde ich ihr noch ein wenig Zeit geben.“
Robert vertrat die Ansicht, Menschen, die andere unterdrücken, machen das aus Angst vor ihnen. Sie können nicht ertragen, einem Menschen auf Augenhöhe zu begegnen. Sie müssen unbedingt auf jemanden hinunterblicken, weil es ihnen an menschlicher Größe fehlt und an Selbstbewusstsein. Um selbst größer zu wirken, arbeiten sie nicht an sich, machen stattdessen lieber ihren Mitmenschen kleiner.
„Die Liebe zwischen Mann und Frau, ist vielleicht das Wundervollste, was den Menschen passieren kann. Warum ist es dennoch für viele Männer wichtiger, diese Gefühle zu verletzen, als darüber glücklich und dankbar zu sein?
Haben sie etwa Angst davor, dass neben ihnen ein gleichwertiger Partner bestehen könnte?
Selbstbewusst, mit einer eigenen Meinung.
Nein, dass lassen sie nicht zu. Da wird lieber verboten, missachtet, misshandelt, gefoltert, erschossen, erschlagen und aufgehängt.“
Bei diesen Gedanken bekam es Robert mit der Angst. Angst um Nadine und sich selbst. Die grausigen Bilder, die ihm durch den Kopf gingen, beunruhigten ihn mehr und mehr.
„Nadine ist diesem Schwein hilflos ausgeliefert. Polizei kann ich nicht rufen, schließlich ist sie ja freiwillig dort. Sie wird dann wegen der Drogen eingesperrt, und wird danach sicher nichts mehr von mir wissen wollen.“
Aus dem Hauseingang gegenüber kam eine Frau mit zwei Kindern. Durch das Kopftuch, das sie trug, war nicht zu übersehen, welcher Religion die drei angehörten. Sie gingen sehr geräuschvoll an ihm vorbei. Die beiden Kinder, Junge und Mädchen, hatten offensichtlich ein Streitobjekt. Der etwa achtjährige Junge wollte den Tretroller seiner etwas jüngeren Schwester haben. Als sie protestierte, bekam sie von ihrem Bruder, vor den Augen der Mutter, einen Kopfstoß auf die Nase.
Robert zuckte verschreckt zusammen.
Ihm war, als hätte der Schmerz ihn selbst getroffen.
Was ihn aber noch schlimmer traf, war die Reaktion der Mutter. Er verstand zwar kein Wort von dem, was sie sagte, aber dass sie laut und heftig auf das Mädchen einredete, bis sie ihm den Roller gab, anstatt sich den Jungen vorzuknöpfen, raubte ihm vor Wut beinahe die Sinne.
„Wie soll sich bei denen jemals etwas ändern, wenn sich schon die kleinen Jungs so aufführen dürfen?
Da ist der Weg zum Ehrenmord auch nicht mehr weit“, dachte Robert. „Anscheinend werden sie mit dieser Erziehung darauf vorbereitet. Leistet sich die Schwester als Teenager einen Fehltritt gegen ihre Religion, fällt es dem Bruder leichter, sie zu bestrafen oder gar im Namen der Ehre zu ermorden. Ihm wurde ja schon in frühester Kindheit gezeigt, dass die weiblichen Menschen wertlos sind.“
Erfüllt von Mitleid für das kleine Mädchen und voller Wut gegen die Mutter, schaute er den drei Fremden hinterher.
Plötzlich fiel ihm die Uhrzeit wieder ein.
„Nadine ist nun schon eine Viertelstunde da unten. Ich warte jetzt noch ein paar Minuten, dann gehe ich in den Keller hinunter. Wenn Hassan ihr etwas angetan hat, kann ihm sein Allah auch nicht mehr helfen, denn dann bringe ich ihn um.“
Darüber gab es für Robert in diesem Augenblick keinen
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