Durch Himmel und Hoelle
che beteiligt ist!«
»Ich werde auf jeden Fall ein gutes Wort für die Dorfbewohner einlegen«, versprach der Commander. »Ich kenne den Marquis von St. Fleur, er ist zwar ein ziemlich wilder Geselle, aber ich weiß, daß er ein Ehrenmann ist - er hat sicher nicht die leiseste Ahnung, was hier vor sich geht.«
»O Sir, ich muß Euch warnen. Es arbeiten ein paar recht dubiose Gestalten für Blackmore, denen ich nicht ohne Waffe in die Quere kommen möchte. Sie sind wahrscheinlich aus London, von hier je- denfalls nicht, und ich hab' selten einen bösartigeren Haufen gese- hen«, sagte David. »Es könnte ziemlich übel werden, wenn es zum Kampf kommt.«
»Ich habe meine Männer. Wir werden kurzen Prozeß mit diesem Pöbel machen. Jetzt muß ich aber aufbrechen. Das Boot wird schon auf mich warten«, sagte er und schaute sich noch einmal in der we- nig einladenden Hütte um. »Tut mir leid, daß Ihr hier Quartier be- ziehen müßt. Hättet Ihr denn nicht im Dorf ein anständiges Haus finden können?«
»Nein, ich fürchte nicht. Ihr wißt ja, wie mißtrauisch die Leute Fremden gegenüber sind. Ich bin in einem Dorf im Norden geboren und aufgewachsen. Ich wurde immer als Außenseiter betrachtet, weil meine Eltern nicht aus dem Distrikt stammten. Hier würde ich auffallen wie ein Stalljunge bei Almack's. Ich hab' schon schlechter gewohnt, Sir, und diese Unbequemlichkeit ertrage ich gern, wenn ich das Rattennest ausheben kann.«
»Guter Junge. Ich vertraue ganz auf Euch. Sollte etwas Unvorge- sehenes passieren, signalisiert mir. Seid auf der H u t , ich brauche ja die Wichtigkeit dieser Angelegenheit nicht noch einmal zu beto- nen.«
Der Commander knöpfte sich seinen Kragen zu und winkte dem jungen Mann, der in diesen ungastlichen Wänden bleiben mußte, noch einmal kurz zu.
Ja, jetzt nimmt die Geschichte ihren trüben Lauf.
George Villiers
11. KAPITEL
Das kleine Dorf St. Fleur kauerte in der Mündung der Bucht. Die schiefergedeckten Dächer hoben sich kaum von den roten Klippen ab.
Elysia ritt mit Ariel den steinigen Pfad am Gipfel der Klippe ent- lang und beobachtete, wie ein Boot aufs Meer hinausfuhr. Die Män- ner hofften auf einen großen Fang, damit sie ihre Familien über den langen, harten Winter ernähren konnten. Rauchfäden aus zahllosen Kaminen schlängelten sich in den blauen Himmel. Das erste Mal war der Himmel klar, frei von Gewitterwolken und Regen, und die frische Brise kündigte Frost an. Elysia atmete die perlende Luft tief ein und schnupperte den würzigen Duft der hohen Kiefern und den zarten Geruch der Holzfeuer, die im Dorf brannten.
»Ich muß schon sagen, dieser Teil des Landes hat wirklich den passenden Namen - Land's End. Es kommt einem vor wie das Ende der Welt«, sagte Charles Lackton, der sich verwundert umsah. »Es ist so desolat! Warum kommt überhaupt irgend jemand auf die Idee, hier zu leben?« Er schüttelte fassungslos den Kopf.
»Ich glaube, in den letzten fünfhundert Jahren hat sich hier auch kein Fremder angesiedelt, abgesehen vom Squire. Diese Dorfbe-
wohner können wahrscheinlich ihre Ahnen zurückverfolgen bis zu den frühesten Siedlern, die sogenannten Kelten - oder zumindest bis zu den Normannen«, erklärte die belesene Elysia dem blaß er- staunten Charles.
»Aber woher wißt Ihr denn das alles?«
»Ich bin eine Intellektuelle«, gestand sie voller Bedauern, aber ihre Augen blinzelten fröhlich, als sie sein schockiertes Gesicht sah. »Habt Ihr das nicht gewußt?« Elysia kam sich vor, als würde sie ein furchtbares Verbrechen bekennen, aber sie dachte gar nicht daran, Dummheit vorzutäuschen.
»Aber das kann doch nicht sein! Ihr seid doch viel zu schön, um intelligent zu sein«, rief Charles verwirrt.
»Ich nehme an, ich soll wohl nur ein hübsches Gesicht, aber einen leeren Kopf haben und die Spreu nicht vom Weizen unterscheiden können?«
»Na ja, ich bin auch nicht klug. Ich weiß nur, was ich wissen muß. Wäre nicht gut, wenn ich mehr wüßte. Ich denke, ich weiß gerade genug, um mich Tag für Tag durchzuschlagen«, überlegte Charles.
»Möchtet Ihr nichts über Geschichte und Literatur wissen? Schaut Ihr denn nie in ein Buch?« fragte Elysia ungläubig.
Charles machte ein nachdenkliches Gesicht. »Nein, ich glaube nicht. Das letzte Mal hab' ich in Eton ein Buch angeschaut. Tut mir nicht gut. Ich bin nicht der Typ, der den Damen Gedichte zitiert wie einige, die ich kenne. Und was hat es schon für einen Sinn, etwas über Leute zu erfahren, die
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