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Durch Mark und Bein: 4. Fall mit Tempe Brennan

Durch Mark und Bein: 4. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Durch Mark und Bein: 4. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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bei diesen Unfallermittlungen mussten wir erst noch sprechen. Da ein Polizeibeamter aus Quebec in der Maschine gesessen hatte, hatten die kanadischen Behörden darum gebeten, Ryan an dieser Ermittlung teilnehmen zu lassen. Ich wusste nur, dass man dieser Bitte stattgegeben hatte.
    Ich verdrängte die Gedanken an Ryan und die Kojoten und leerte den Inhalt der Tüte auf meinen Schreibtisch. In den letzten Tagen hatte ich so viele abgetrennte Gliedmaßen und andere Fortsätze bearbeitet, dass der Fuß nicht mehr makaber wirkte. Und tatsächlich war die Häufigkeit von Verletzungen und Durchtrennungen an Unterschenkeln und Fußknöcheln so hoch, dass sie in der Konferenz an diesem Morgen besprochen worden war. Die Pathologen und Anthropologen waren übereinstimmend der Meinung, dass das Verletzungsmuster beunruhigend war.
    Die rein äußerliche Betrachtung eines Fußes zeigt einem nur wenig. Dieser hier hatte verdickte, gelbe Fußnägel, einen großen entzündeten Fußballen und eine seitliche Verlagerung des großen Zehs, was auf einen älteren Erwachsenen hindeutete. Die Größe ließ auf einen weiblichen Erwachsenen schließen. Obwohl die Haut die Farbe von Toast hatte, wusste ich, dass das wenig zu sagen hatte, weil schon eine kurzfristige Aussetzung Fleisch bleichen oder dunkler machen kann.
    Ich klemmte die Röntgenbilder an einen Lichtkasten. Im Gegensatz zu vielen Aufnahmen, die ich gesehen hatte, zeigten diese keine in den Fuß eingebetteten Fremdkörper. Ich vermerkte das auf einem Formular im Katastrophenopfer-Paket.
    Die Rindenschicht der Knochen war dünn, und an vielen Zehengelenken konnte ich Verformungen sehen.
    Okay. Die Dame war alt. Arthritis und Knochenschwund passten zu dem entzündeten Fußballen.
    Doch nun entdeckte ich meine erste Überraschung. Das Röntgenbild zeigte winzige weiße Wölkchen in der Umgebung der Zehenknochen und ausgestanzte Defekte an den Rändern der ersten und zweiten Gelenke zwischen Mittelfuß- und Zehenknochen. Ich erkannte die Symptome sofort.
    Gicht ist die Folge eines unzureichenden Harnsäurestoffwechsels, der zur Ablagerung von Harnsäurekristallen vor allem in Händen und Füßen führt. An den Gelenken bilden sich Knötchen, und in chronischen Fällen verschleißt sich der darunter liegende Knochen. Der Zustand ist nicht lebensbedrohlich, aber bei den Betroffenen kommt es immer wieder zu Schmerzanfällen und Schwellungen. Gicht ist relativ häufig, wobei neunzig Prozent aller Fälle bei Männern auftreten.
    Warum sah ich sie dann bei einer Frau?
    Ich kehrte zum Tisch zurück, griff zu einem Skalpell und sah meine zweite Überraschung.
    Obwohl Kühlung zu Austrocknung und Schrumpfung fuhren kann, sah der Fuß anders aus als die Überreste, die ich bis dahin untersucht hatte. Auch in den verkohlten Leichen, die ich analysiert hatte, war das tiefer liegende Gewebe noch fest und rot gewesen. Doch das Fleisch in diesem Fuß war breiig und entfärbt, als hätte etwas die Verwesung beschleunigt. Ich machte mir eine Notiz und nahm mir vor, dazu andere Meinungen einzuholen.
    Mit Hilfe meines Skalpells schob ich Muskeln und Sehnen so weit zur Seite, dass ich meinen Greifzirkel direkt an dem größten Knochen, dem Fersenbein, anlegen konnte. Ich maß seine Länge und Breite, dann die Länge eines Mittelfußknochens und schrieb die Maße auf ein Formular im Katastrophenopfer-Paket sowie auf eine Seite in einem Spiralblock.
    Dann zog ich meine Handschuhe aus, wusch mich und ging mit dem Notizblock zu meinem Laptop im Pausenraum. Ich rief ein Programm mit dem Namen Fordisc 2.0 auf, gab die Daten ein und bat um eine Klassifikation anhand der beiden Fersenbeinmaße.
    Das Programm ordnete den Fuß als männlichen Schwarzen ein, obwohl Typologie und nachfolgende Wahrscheinlichkeiten andeuteten, dass das Ergebnis bedeutungslos war. Ich versuchte einen Männlich-Weiblich-Vergleich unabhängig von der Rasse, und wieder ordnete das Programm den Fuß als männlich ein.
    Okay. Vielleicht war der Kerl ja klein gewesen. Atypische Größe könnte die Schwäche der rassischen Klassifikation erklären.
    Ich holte das Paket und ging in die Identifikationsabteilung, wo auf Tischen ein Dutzend Computer standen und Kabelbündel sich über den Boden schlängelten. An jedem Terminal arbeitete ein Archivierungsspezialist und gab die Daten ein, die vom Unterstützungszentrum für Angehörige kamen, und die Informationen, die die forensischen Spezialisten lieferten, darunter Fingerabdrücke,

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