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Durch Zeit und Raum

Durch Zeit und Raum

Titel: Durch Zeit und Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine L'Engle
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Schlaf zumute.«
    »Und ich könnte immer noch weiterdösen. – Gaudior, es tut mir leid.«
    »Was denn?«
    »Daß ich dich überredet habe, uns nach Patagonien zu bringen. Dem allein ist es zuzuschreiben, daß uns die Echthroi beinahe getötet hätten.«
    »Entschuldigung angenommen«, sagte Gaudior rasch. »Was hast du aus deinem Fehler gelernt?«
    »Daß wir jedesmal in Schwierigkeiten geraten, wenn ich versuche, selbst in den Lauf der Dinge einzugreifen. Andererseits: Wer sagt uns, wie es jetzt weitergehen soll? In welches Wann oder Wo müssen wir reisen? Ich weiß es einfach nicht…«
    Gaudior wandte sein mächtiges Haupt nach dem Jungen um‹ »Wie wäre es, wenn du zunächst versuchen würdest, alle diese Knoten zu lösen?«
    Charles Wallace strich mit den Fingern über die Leine. »Sie sind von Wasser, Wind und Sonne wie zusammengeschweißt. Die bekomme ich nie wieder auf!«
    Gaudior wand sich unter den Fesseln. »Ich fürchte, die Leine ist außerdem geschrumpft. Sie schneidet ein. Ich fühle mich äußerst unbehaglich.«
    Charles Wallace versuchte sein Glück beim äußersten Knoten, gab aber rasch auf. »So geht das nicht. Wir müssen etwas finden, mit dem ich die Leine kappen kann.«
    Gaudior trottete langsam am Strand auf und ab. Hier und da lagen Muscheln herum, aber ihre Schalen waren nicht scharfkantig genug. Sonst gab es hier nur morsches Treibholz, durchscheinende Quallen und Tangklumpen, aber weder zerbrochene Flaschen und leere Blechbüchsen noch andere Spuren menschlicher Zivilisation. Sonst ärgerte sich Charles Wallace immer über achtlos weggeworfenen Abfall und die Verschmutzung der Landschaft, aber diesmal wäre ihm eine zersplitterte Bierflasche höchst willkommen gewesen.
    Gaudior suchte einen Weg ins Landesinnere und begann am Rand der Eisklippe auf einen Sandhang zu klettern, der von Schmelzwasserbächen gefährlich schlüpfrig war. »Ist das nicht verrückt? Nach allem, was wir durchgemacht haben, ende ich jetzt als Zentaur und muß dich bis zum jüngsten Tag auf dem Rücken herumschleppen.« Er stolperte und stelzte verbissen weiter, bis sie die Anhöhe erreicht hatten und die breite Eisschulter unter ihnen lag.
    »Dort! Schau!« rief Charles Wallace. Aus dem Boden ragte ein Büschel silbriger Pflanzen mit Blattlanzen, die großen, gezackten Dornen glichen. »Kannst du versuchen, einen dieser Stacheln herunterzubeißen? Damit ließe sich die Leine durchsäbeln.«
    Gaudior platschte durch Schmelzwasserpfützen, neigte das Haupt und knabberte eines der größten Blätter so dicht über dem Boden durch, wie sich das mit dem breiten Gebiß bewerkstelligen ließ. Er klemmte das Blatt zwischen die Zähne und bog den Hals so weit wie möglich zurück. Charles Wallace reckte und streckte sich, bis ihn die Fesseln tief in die Haut schnitten und ihm den Atem abschnürten. Aber er bekam das Stachelblatt zu fassen. Es war steinhart und scharfkantig.
    »Schmeckt scheußlich«, stellte Gaudior fest und stülpte angewidert die Lippen auf. »Jetzt aber Vorsicht! Ein Einhornfell ist nicht so unempfindlich wie es aussieht.«
    »So halte doch still!«
    »Es kitzelt.« Gaudior warf den Kopf von einer Seite zur anderen und wurde krampfartig von wieherndem Gelächter geschüttelt. »Mach schneller!«
    »Wenn ich mich beeile, verletze ich dich womöglich. Es dauert ohnedies nicht mehr lang.« Vorsichtig und mit äußerster Konzentration rieb Charles Wallace mit dem Blattrand über die Leine, bis sie endlich riß. »Jetzt die zweite. Das Schlimmste hast du überstanden.«
    Aber auch als die zweite Leine durchtrennt war, hielten die Fesseln. Dafür war die Blattkante stumpf und rissig geworden. »Beißt du mir noch eines ab?«
    Gaudior tat es und schnitt eine Grimasse. »Ich verstehe nicht, warum etwas so unappetitlich schmecken muß. Nun gut, ich ernähre mich eben auch nur vom Licht der Sterne und des Mondes.«
    Endlich waren das Einhorn und der Junge von den Fesseln befreit, und Charles Wallace ließ sich zu Boden gleiten – gerade noch rechtzeitig, ehe Gaudior ein ums andere Mal niesen mußte, wobei ihm das restliche Meerwasser aus dem Maul und den Nüstern troff. Als Charles Wallace das Einhorn betrachtete, stockte ihm der Atem: an beiden Flanken hatten die Leinen tiefe Striemen in die Haut geschnitten, die sich böse glänzend vom silbernen Fell abhoben. Der ganze Unterbauch war an der Stelle, an der sich das Flechtwerk der Hängematte gerieben hatte, eine einzige Wunde, aus der Blut tropfte. Auch das

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