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Durch Zeit und Raum

Durch Zeit und Raum

Titel: Durch Zeit und Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine L'Engle
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der Felsen rückten nicht vom Fleck; hier fühlte Chuck sich geborgen. Auf dem Felsen war er in Sicherheit.
    Über den Schleier sprach er zu keinem.
    Immer häufiger machte er Fehler, wenn er die Waren mit dem Preis bezeichnete. Duthbert Mortmain führte das darauf zurück, daß der Junge seit dem bösen Sturz verblödet war.
    Das Baby kam. Es war ein Junge. Mutter arbeitete nicht mehr im Laden. Paddy O’Keefe hatte in der Schule versagt und half jetzt aus. Chuck folgte gehorsam Paddys Anweisungen und brauchte nur noch den vorbereiteten Preisstempel auf die Waren zu drücken. Einmal hörte er, wie Paddy sagte: »Der Blödian hält mich bloß von der Arbeit ab. Warum steckt ihr ihn nicht in die Klapsmühle?«
    Mortmain brummte etwas von Rücksichtnahme auf Chucks Mutter.
    »Haben Sie denn keine Angst, daß er dem Baby was antut?« fragte Paddy.
    Von da an ging ihm Chuck nach Möglichkeit aus dem Weg, verbrachte die warmen Tage draußen beim Felsen und verkroch sich an den kalten auf den Dachboden. Auch zu Beezie kam er nur noch an den Abenden und am Sonntagnachmittag.
    »Chuck, was ist mit deinen Augen?«
    »Nichts.«
    »Du siehst nicht gut.«
    »Doch.«
    »Ma…«
    »Kein Wort zu ihr!«
    »Aber du mußt zum Arzt.«
    »Nein. Sie suchen nur einen Vorwand, mich loszuwerden. Du hast sie bestimmt schon reden gehört, Paddy und Duthbert. Sie wollen mich in eine Anstalt bringen. Zu meinem eigenen Besten, hat Mortmain Ma gegenüber behauptet. Er sagt, ich bin ein Idiot und könnte dem Baby wehtun.«
    Beezie brach in Tränen aus und umschlang ihren Bruder mit den Armen. »Du? Nie!«
    »Natürlich nicht. Aber wenn Ma sich überreden läßt, dann nur damit.«
    »Und du bist auch kein Idiot!«
    Seine Wangen waren naß von ihren Tränen. »Sobald du ihnen verrätst, daß meine Augen nachlassen, stecken sie mich ins Irrenhaus, angeblich, um mir und dem Baby zu helfen. Da gehe ich ihnen lieber aus dem Weg.«
    »Ich werde dir helfen, Chuck!« versprach Beezie. »Ehrlich! Ich werde dir helfen.«
    »Ich muß nur noch bleiben, bis ich weiß, daß Matthew Zillah nach Vespugia schickt. Er spart bereits für die Reise.«
    »Ach, Chuck!« stöhnte Beezie. »Paß auf, daß sie dich nicht so reden hören.«
    Je dichter und dunkler der Schleier wurde, um so heller zeigten sich die Visionen. An schönen Tagen lag Chuck vom Morgen bis zum Abend auf dem Felsen, schaute in den Himmel und sah Bilder – Bilder, die schöner waren als alles, was ihm seine sehenden Augen gezeigt hatten. Er versank in den Bildern, ging darin auf, griff sogar in ihr Geschehen ein.
    Manchmal erzählte er Beezie am Abend von dem, was er erlebt hatte. Und um sie nicht zu ängstigen, behauptete er, alles nur geträumt zu haben.
    »Heute bin ich im Traum auf einem Einhorn geritten. Es war ganz aus Mondlicht – und so groß, daß ich auf einen Baum steigen mußte, um auf seinen Rücken zu klettern. Und dann flogen wir zwischen den Leuchtkäfern dahin und haben zu zweit gesungen.«
    »Das war ein schöner Traum. Erzähl weiter.«
    »Ich habe auch geträumt, daß das Tal von einem See überflutet war. Und ich saß auf einem wunderschönen Fisch; der sah ein wenig aus wie ein Delphin und trug mich über das Wasser.«
    »Pa sagte einmal, das Tal sei tatsächlich früher ein See gewesen. In der Vorzeit. Und die Geologen haben gar nicht weit von hier im Urgestein Fossilien von Fischen gefunden. Vielleicht hast du dich im Traum daran erinnert.«
    »Großmutter hat uns vom See erzählt. An dem Tag, als wir aus den Löwenzahnsamen die Uhrzeit ablesen wollten.«
    »Ach, Chuck, ist es nicht seltsam, wie genau du dich an manche Einzelheiten erinnerst?«
    »Und ich habe von einem Feuer aus Blumen und Girlanden geträumt. Von brennenden Rosen.« Er faßte nach ihrer Hand. »Ich kann nämlich durch alle Zeiten gehen!«
    »Oh, Chuck!«
    »Ich kann es, Beezie!«
    »Bitte, hör auf. Bitte!«
    »Natürlich nur im Traum!« beruhigte er sie.
    »Dann ist es ja gut. Aber sag Ma nichts davon!«
    »Ich rede darüber nur mit dir. Und mit Großmutter.«
    »Chuck! Chuck!«
    Der Weg zum Felsen war ihm so vertraut, daß er ihn im Dunkeln leichter fand als am hellen Tag. Denn nachts konnte er überhaupt nichts sehen; untertags aber stach ihm hin und wieder plötzlich ein Sonnenstrahl in die Augen, brach schmerzhaft durch den Schleier und ließ ihn die Richtung verlieren.
    Zeit. Zeit. Es blieb nicht mehr viel Zeit.
    Zeit. Zeit zerrann wie Wasser.
    Er stand an Matthews Bett. »Du darfst nicht länger

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