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Durst - Roman

Durst - Roman

Titel: Durst - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Limmat-Verlag <Zürich>
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vielleicht helfen kann.»
    «Geben Sie ihm ja kein Geld! Er investiert es ja doch nur in dieses Teufelszeug. Zudem – wenn er welches braucht, kann er sich immer noch an mich wenden. Mein Mann würde es nicht ertragen, dass er Geld von anderen annimmt.»
    «Sie können sich auf mich verlassen», versicherte ich.
    Nach einer kurzen Pause sagte sie: «Er ist bei dieser Frau – Sie wissen schon.»
    Silvan stand seit längerer Zeit in einem seltsamen Verhältnis zu einer um fast zwanzig Jahre älteren Frau. Ich hatte Beatrice ein paar Mal gesehen, als wir in ihrer Bude abhingen. So viel ich wusste, konsumierte sie keine Drogen. Vermutlich soff sie einfach.
    Ich vergewisserte mich, dass sie immer noch am selben Ort wohnte, und redete Silvans Mutter noch eine Weile gut zu, bevor ich mich bedankte und auflegte.
    Ich musste es während zweier Tage mehrmals versuchen, bis ich Silvan am Telefon hatte. Er klang gar nicht mal schlecht.
    «Können wir uns treffen?»
    «Na klar, wo brennts denn?»
    «Ich muss dich um einen Gefallen bitten.»
    «Ein Gefallen – klingt gut.»
    «Eine Auskunft, wenn du es genau wissen willst.»
    «Bist wieder was Schräges am Schreiben?»
    Wir verabredeten uns für den späteren Nachmittag.
    Nach der Matura hatten wir uns noch eine Zeit lang regelmässig getroffen, wir kifften oder spielten Schach oder machten beides zugleich. Aber unsere Ansichten und Interessen gingen allmählich auseinander. Die Treffen wurden seltener, schliesslich blieben sie ganz aus. Trotzdem freute ich mich, Silvan mal wieder zu sehen. Irgendwie fühlte ich mich mit ihm verbunden – und wenn auch nur durch die Erinnerung an die nachträglich verklärte Schulzeit.
    Ich sah ihn schon von weitem, wie er leicht gebückt auf der Kanalmauer auf- und abging. Während Jahren war die künstliche Landzunge, die sich zwischen die Emme und den Kanalausfluss zwängte, unser Treffpunkt gewesen. Silvan grinste, als er mich zum Wasser herunterkommen sah.
    «Schicke Hosen, hast wieder mal einen Förderpreis gewonnen?»
    Silvan hatte Bier mitgebracht. Wir setzten uns auf die Betonbank und stiessen an.
    Die Emme führte wenig Wasser. In den letzten Tagen war es trocken geblieben. Trotzdem verursachte die Strömung des stark regulierten Flusses, der hier über mehrere Stufen auf das Niveau der Kanalmündung gesetzt wurde, einigen Lärm. Genug jedenfalls, um das Getöse der riesigen Elektromagneten, die in der nahen Schrotthalle unaufhörlich Eisenteile in Güterwaggons fallen liessen, und den Verkehrslärm vom jenseitigen Ufer zu übertönen.
    «Du siehst aber auch nicht schlecht aus», sagte ich.
    «Danke. Ja, es geht mir ziemlich gut. Bin zur Zeit weg von den harten Drogen … Bis auf Ausnahmen jedenfalls.»
    «Ich hab mit deiner Mutter telefoniert. Weil ich dich nicht erreichen konnte. Sie macht sich Sorgen …»
    «Das tut sie, seit ich auf der Welt bin.»
    Silvan hatte eine Guge gedreht. Wir rauchten und schwelgten in Erinnerungen. Wir kletterten über die Felsblöcke, die zur Stützung der Kanalmauer aufgeschichtet worden waren, und liessen Steine ins Wasser plumpsen.
    Später sassen wir bei einem weiteren Bier auf der erodierten Betonbank.
    «Sagt dir der Name Slavkovi ć was?»
    «Der geköpfte Jugo? Na klar, ist doch zur Zeit in aller Munde.»
    «Ich meine sonst – hast du Sachen über ihn gehört, bevor er umgebracht wurde?»
    «Was für Sachen?»
    «Stell dich nicht so dumm. Drogen, ich will wissen, ob er mit Drogen zu tun hatte.»
    Silvan überlegte. «Irgendwie ist mir der Name bekannt vorgekommen … Ich glaube, Faruk hat ihn einmal erwähnt. Er hat ihn verflucht, glaube ich – er sei ein elender Abzocker oder so.»
    «Wer ist Faruk?»
    «Ein Kosovo-Albaner. Bei dem bezieh ich meinen Stoff.»
    «Kannst du mich mit diesem Faruk bekannt machen?»
    «Wozu?»
    «Ich will Stoff kaufen», eröffnete ich.
    «Spinnst du? Du hast doch kein Geld!»
    Ich grinste.
    «Du willst mich verarschen. Hat doch sicher was mit deiner Schreiberei zu tun.»
    «Du hast es erfasst. Ich will einen Dealer beschreiben. Dazu muss ich einen kennenlernen. – Also, arrangierst du für mich ein Treffen mit diesem Faruk?»
    Der Himmel rumorte wie ein riesiger Verdauungsapparat. Aus den dunklen Wolken, die den Pilatus einhüllten, zuckten Blitze. Ich war spät dran und kämpfte gegen den Wind an, der die Gerliswilstrasse hinauffegte. Noch war kein einziger Tropfen gefallen; aber das war nur eine Frage der Zeit. Ich kam von der Sprengi her und näherte mich

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