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Durst - Roman

Durst - Roman

Titel: Durst - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Limmat-Verlag <Zürich>
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durch den Feierabendverkehr dem Sonnenplatz.
    Vor dem «Thomy’s» war ein Angestellter damit beschäftigt, die Sonnenschirme aus ihrer Verankerung zu lösen, bevor der Wind sie umriss.
    Ich trat durch die elektrische Schiebetür.
    Der Eingangsbereich war vom Hauptteil durch ein Holzgestell getrennt, auf dem sich Bierdosen stapelten, je zu sechst in Plastikfolien verpackt. In der Nische zur Linken eine Tiefkühltruhe und auf verschiedenen Ablagen und drehbaren Ständern eine üppige Auswahl an süsser und salziger Industriekost. An der Wand hinter der Theke wurden die warmen Speisen auf Leuchttafeln angepriesen – Hamburger und Pommes frites und Tiefkühlpizzen.
    Ich erkannte Silvan, der an der Bar sass, und setzte mich zu ihm. Eine schöne Südamerikanerin nahm mit einem Augenaufschlag meine Bestellung entgegen.
    «Du kommst zu spät.»
    Ich beobachtete die klare, gelbliche Flüssigkeit, die aus dem Zapfhahn über die Glasinnenseite zur Stange anwuchs. Die Frau stellte mir das Bier hin und wandte sich noch in derselben Bewegung ab.
    Ich stiess mit Silvan an und sah mich im Speiseraum um. Die der Strasse zugewandte Seite war verglast, sodass man von der Bar aus auf den Vorplatz und den Verkehrskreisel blicken konnte. Die rechtwinklig anschliessende Wand war mit nostalgischen Blechschildern dekoriert, welche für verschiedene amerikanische Produkte warben. Aus den Lautsprecherboxen, deren Standorte nicht ausfindig zu machen waren, rieselten die Hits der lokalen Radiostation. In seltsamer Synchronisation dazu flimmerten stumm die neusten Videoclips über den Bildschirm des Fernsehers, der mit einer kühnen Hängevorrichtung an der Decke angebracht war. An den Holztischen sassen Schweizer Alkis und einige gelangweilt dreinschauende Jugos.
    «Sag nicht, du bist zum ersten Mal im ‹Thomy’s›?»
    «Ich wusste nicht, dass sie hier Bier ausschenken …»
    Ein älterer Mann in beiger Jacke, offensichtlich ein Rentner, rang mit dem gleichgültig ratternden Spielautomaten. Im Hinterzimmer bei den Toiletten wurde Billard gespielt.
    «Wo ist nun also dein Faruk?»
    Silvan trank Bier und sog an seiner Zigarette, als wäre es die letzte für tausend Jahre. «Hinten, beim Billardspielen.»
    «Worauf warten wir dann?»
    «Es ist gerade noch einer bei ihm.»
    Ich hängte mir eine Zigarette in den Mundwinkel. Silvan gab mir Feuer.
    Draussen hatte es zu regnen begonnen. Die Scheinwerfer der Fahrzeuge auf dem Kreisel zündeten ins Lokal.
    Silvan war nicht gerade gesprächig. Auch ich hatte ihm nichts Neues zu berichten. Daher schwiegen wir und tranken Bier.
    Nach einer Weile kam ein ausgezehrter junger Mann aus dem Hinterzimmer und hetzte an uns vorbei zum Ausgang. Silvan stiess mich mit dem Ellbogen an.
    «Jetzt sind wir dran.»
    Faruk war ein grosser, kräftiger Kerl, mit dem man nicht unbedingt einen Streit anfangen mochte. Ich schätzte ihn auf Mitte dreissig, vielleicht war er auch jünger. Sein kantiges, verbraucht wirkendes Gesicht hätte man als schön in einem männlichen Sinn bezeichnen können, wäre es nicht ganz so düster gewesen. Sein schwarzes, mit Gel aus der Stirn gekämmtes Haar sass ihm wie eine Panzerung auf dem Kopf. Er trug verwaschene Bluejeans und einen schwarzen, theatralisch anmutenden Ledermantel. Bei ihm war ein nicht eben gemütlicher aussehender Bursche Anfang zwanzig, dessen T -Shirt über den Armen und der Brust spannte, als wäre es mit Ballonen gestopft. Irgendwie wirkten diese Muskeln nicht echt. Aber ich wollte das nicht wirklich überprüfen. Sie spielten Billard und blickten kurz auf, als wir den Raum betraten.
    «Hast du Kohle?»
    Faruk stiess mit dem Queue den weissen Spielball gegen die rote volle Kugel, die an die Bande schlug und mit der gelben halben zusammenprallte.
    «Es geht nicht um mich. Ich hab hier jemanden mitgebracht.»
    «Hat er Kohle?»
    Silvan sah mich an. Ich nickte.
    «Er hat.»
    «Gut.»
    Faruk ging um den Tisch herum, brachte seinen Stock in Stellung und attackierte den Spielball. Dieser kam bei der blauen Halben zu stehen, nachdem er über zwei Banden die Richtung geändert hatte.
    «Wie viel?» Er sah mir fest ins Auge.
    «Sagen wir für fünzig Franken.»
    Er wandte sich verärgert an Silvan: «Was ist das für ein Arschfigger?!»
    Silvan beeilte sich zu erklären, Faruk verkaufe nicht unter einem Gramm.
    «Also gut – ein Gramm.»
    Ich wusste nicht, ob mich Faruk gehört hatte. Er hatte sich wieder auf den Tisch gestützt und fixierte die weisse Kugel. Er fuhr mit

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