Durst: Thriller (German Edition)
Luft abgekühlt hatte, und so ging sie einen Schritt schneller.
Eineinhalb Stunden später stand sie vor einem Gebäude aus drei gewaltigen Stahlbeton-Glas-Kuben an der Avenida Estados Unidos. Eine silberne Tafel mit der Aufschrift TOLEDO & SCHWARTZ bestätigte ihr, dass sie an der richtigen Adresse war. Sie war so nervös wie vor einer Prüfung, ein Gefühl, das Sarah Clarice hasste.
32
Als Cássia Toledo den Namen Sarah Clarice Young hörte, verlangsamte sie den Schritt und setzte ein möglichst ungekünsteltes Lächeln auf. Am Empfang stand eine große Frau mit einer gewaltigen Masse honigfarbenen Haars, langen Beinen in engen, schwarzen Jeans, einem weichen lavendelfarbenen Rollkragenpullover und schwarzen, an den Knöcheln geschnürten Schuhen. Über der Schulter trug sie eine beige Leinentasche von der brasilianischen Rohkostgesellschaft. Die schmale, rechteckige Brille entbehrte nicht einer gewissen Eleganz. Cássia spürte plötzlich eine starke Anspannung.
Die beiden Frauen schüttelten einander die Hand und musterten sich einen Moment.
» Matheus ist noch nicht da, aber komm doch schon einmal mit. Wir können in meinem Büro warten. « Cássia schritt voran und betrat einen langen Gang, von dem etliche Türen abgingen. Ihr Büro war elegant und ohne jeden Schnickschnack eingerichtet: Möbel im englischen Stil, heller Marmorboden, Faltgardinen, angenehmer Duft.
» Arbeiten hier viele Anwälte? « , fragte Sarah Clarice, einfach um irgendetwas zu sagen.
» Ungefähr zwanzig « , antwortete Cássia. » Nicht so viele also. Darf ich dir etwas anbieten? Kaffee, Ananassaft mit Minze… «
» Nein danke. Vielleicht ein Wasser, wenn’s geht. «
» Sicher. « Cássia drückte auf einen Knopf. » Marília, könntest du uns bitte einen Krug Wasser und ein paar Gläser bringen? Danke. «
Sarah Clarice bemerkte, dass Cássia angespannt war. Und äußerst elegant in ihrem knallroten Max-Mara-Kostüm. Auf dem Weg durch die Kanzlei waren ihnen ein paar Angestellte und Anwältinnen begegnet, die in ihren grauen Kostümen, weißen Blusen und schwarzen Schuhen wie perfekte Karrierefrauen aussahen. Cássia hingegen wirkte in diesem Ambiente wie eine grellbunte Frucht.
An der Tür tauchte ein Mann um die vierzig auf. Er hatte einen dichten grauen Bart und einen vorgewölbten Bauch. » Störe ich? «
» Billy, komm rein. « Cássia erhob sich. » Sarah Clarice, das ist William Cosimato, ein Kollege aus der Kanzlei, der uns vielleicht weiterhelfen kann. «
Sarah Clarice stand nicht auf, sondern streckte ihm nur die Hand entgegen. » Angenehm. «
» Das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite. Sarah…? «
» Sarah Clarice Young. «
Billy schaute ihr in die Augen, und sie hielt seinem Blick stand.
» Da bin ich, Entschuldigung. « Matheus stand in der Tür, sichtlich außer Puste.
» Matty! « Cássia ging zu ihm und küsste ihn auf den Mund, was von William Cosimato mit einem abfälligen Blick quittiert wurde.
» Guten Tag, Professor Braga. «
» Hallo, allesamt « , antwortete Matheus. » Entschuldigt bitte, ich habe den falschen Bus genommen und mich total verirrt. « Er warf einen schnellen Blick zu Sarah Clarice hinüber. Cássia sah es, merkte aber auch, dass die Frau den Blick nicht erwiderte, sondern William anlächelte, der seine Augen nicht von ihr ließ.
In diesem Moment kam Marília mit dem Wasser herein, und alle bedienten sich.
Cássia erklärte, worum es ging, und fasste zusammen, was sie über die jüngsten Entwicklungen wusste. Viel war das nicht.
» Wenn ich es recht verstehe, seid ihr also Zeugen des Mordes an diesem alten Professor, Ernesto Baduel. «
Matheus und Sarah Clarice nickten. Cosimato pfiff durch die Zähne.
» Und ihr habt die Sache nicht angezeigt? «
» Nein « , antwortete Matheus und ließ durchblicken, dass er keine Lust hatte, tiefer in die Thematik einzusteigen. Cássia wechselte schnell das Thema und erzählte nun, was sie über Nelson, die Wasseranalysen und den Einbruch in der Uni wusste.
» Nun « , sagte William. » Das scheint ja wohl alles kein Zufall zu sein. «
Jetzt ergriff Sarah Clarice das Wort. » Es gibt da noch etwas, von dem ich nicht weiß, ob Matheus es dir erzählt hat « , sagte sie zu Cássia. » Als Baduel schon angeschossen war, hat er noch gesagt, dass wir in São Paulo mit einem gewissen Augusto Miller sprechen sollen. «
» Das hat er mir erzählt « , sagte Cássia und schaute Matheus an. » Deshalb habe ich Billy auch gebeten, zu uns zu
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