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Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Titel: Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
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Leuten. Wie bunte Vögel, die der Wind vom Kurs ab und hierhergeblasen hat. Nero hüpft der Pfeifenraucherin auf die Schulter und pickt an ihren Rüschen.
    »Ist das zu glauben, Meg?«, fragt sie. »Er hält mich für eine Krähe.«
    »Vergiss den Vogel, Lilith. Wenn meine Augen mich nicht täuschen, stattet der Todesengel uns einen Besuch ab.« Meg legt ihr Banjax zur Seite. Sie stolziert zu uns rüber, mustert mich von oben bis unten und sagt: »Du wärst ein Knüller in unserem Geschäft, Engel.« Sie kommt so nah an mich ran, dass ich sie riechen kann. Schweiß und Süßgras. »Ein echter Knüller. Gemein … herrlich … ein bisschen schmuddelig. Ich hab dich mal kämpfen sehen. Ich träum immer noch davon.« Sie beugt sich vor, streift mit ihren roten Lippen meinen Mund. »Ich hab schon immer mal eine Frau küssen wollen, auf die ein Kopfgeld ausgesetzt ist.«
    »Ein Kopfgeld«, sag ich.
    Lilith nimmt die Pfeife aus dem Mund. »Hast du das nicht gewusst? O doch, der Wegbereiter will dich unbedingt haben. Wer dem Todesengel ein Haar auf dem Kopf krümmt, bekommt seinen eigenen abgehackt, und für den, der dich lebend nach Resurrection bringt, gibt’s eine Parzelle gutes New-Eden-Land.«
    »Der Wegbereiter«, sag ich. »Was ist Resurrection?«
    »Sein Bau. Drüben in New Eden.«
    »Da will ich nicht hin«, sag ich.
    »Ich würde dich ja selbst verschnüren und abliefern für so eine Belohnung«, sagt sie. »Aber Huren sind in New Eden nicht mehr erlaubt. Da gibt’s nur Enthaltsamkeit, Pflicht und überhaupt keinen Spaß. Stimmt doch, Meg? Kein Platz für solche wie uns.«
    »Saba!« Lugh kommt mit großen Schritten auf mich zu. »Du solltest nicht mit … mit denen da reden.«
    Meg pfeift. Fächelt sich mit der Hand Luft zu. Lilith kneift die Augen zusammen. »Reden ist nicht das, was ich mit dir tun will, Süßer.«
    Lugh wird rot. Solche Frauen hat er in seinem Leben noch nie gesehen. Er versucht, sie nicht anzugucken, aber er kann nicht anders.
    »Eine Kostprobe von einer reifen Frucht, das brauchst du«, sagt Lilith. »Lass dir von Tante Lil zeigen, was es damit auf sich hat. Eine Stunde. Gratis. Vergnügen pur.« Sie streckt die Hand aus. Streicht ihm mit einem Finger innen am Oberschenkel hoch.
    »Rühr mich nicht an!« Lugh dreht sich weg und trifft dabei ihre Hand. So heftig und so plötzlich, dass sie vom Schemel fällt, mitten rein in ihren ganzen Kram. Töpfe und Dosen und ein Spiegel krachen zu Boden. Nero flattert und kreischt.
    Lugh stürmt davon. Tommo packt ihn am Ärmel, aber er reißt sich los. Tommo will ihm folgen, aber Lugh schubst ihn weg.
    »Lass mich in Ruh, verdammt nochmal!«, brüllt er. »Du gehörst nicht zur Familie, Tommo! Hau ab!«
    Er läuft zum Fluss. Tommo steht einen Augenblick da. Entsetzt. Erschüttert. Dann macht er auf dem Absatz kehrt und geht schnell in die andere Richtung. Sein Gang ist irgendwie ruckartig, er hält sich an seinem Schmerz fest.
    »Tommo!« Em stürzt hinter ihm her.
    Unwillkürlich wollen meine Füße Lugh hinterher. Aber sie sind schwer. Langsam. Als ob sie durch Sand waten. Auriel legt mir die Hand auf den Arm und hält mich auf. »Lugh braucht mich«, sag ich.
    »Du hast keine Kraft mehr übrig«, sagt sie.
    »Ich hab keine Kraft mehr übrig«, wiederhol ich ihre Worte benommen, wie blöde.
    »Genau.«
    »Tut mir leid«, sag ich zu Lilith. »Mein Bruder ist –«
    Meg hilft ihr hoch. Lilith schüttelt den Kopf. »Ach, mir geht’s gut, Schätzchen«, sagt sie. »Aber deinem Bruder da ganz offensichtlich nicht. An deiner Stelle würde ich ihn im Auge behalten.«
    »Bitte, Herrin, würdest du kommen?« Ein Mann steht neben Auriel und zupft sie am Ärmel. Klein und drahtig ist er, das Gesicht ausgemergelt von schweren Sorgen. »Es ist meine Frau«, sagt er.
    »Wenn sie krank ist«, sagt Auriel, »dann musst du die Krankenbetreuer –«
    »Nicht krank«, sagt er. »Es ist … ihr Kopf ist nicht in Ordnung, Bitte, Herrin, vielleicht hört sie auf dich.«
    Er legt die Hände aneinander und hält sie Auriel hin. Bittet um Hilfe.
    »Na gut«, sagt sie.
    Wir gehen hinter ihm her. Er huscht zwischen den Zelten durch und redet die ganze Zeit. »Siehst du, sie haben unsere Älteste geholt, unsere Nell. Sie ist doch erst zehn. Als sie uns von unserm Land vertrieben und es den Verwesern gegeben haben, haben sie Nell im Gefängniswagen weggebracht. Sie haben sie mitgenommen.«
    Zehn Jahre. Emmis Alter.
    »Die Tonton«, sagt Auriel.
    »Ruth gibt mir die

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