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Dustlands - Die Entführung

Dustlands - Die Entführung

Titel: Dustlands - Die Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
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immer gesagt, es steht alles in den Sternen, seit es die Welt gibt. Er hat gesagt, da oben steht die Lebensgeschichte von jedem Menschen.
    Deshalb haben Willem und ich uns ja zerstritten, sagt sie. Deshalb sind wir nicht alle zusammengeblieben, nachdem wir aus Hopetown weg sind. Er hat am Himmel nach Antworten gesucht. Ich such in dem, was ich vor mir hab, was um mich rum ist, was in mir ist.
    Lugh meint, das hat Pa sich alles nur eingebildet, sag ich.
    Und was glaubst du?, fragt sie.
    Saba glaubt immer, was Lugh ihr sagt, sagt Emmi.
    Das ist nicht wahr!, sag ich.
    Wohl!, sagt sie.
    Tja, sagt Mercy. Vielleicht wird es Zeit, dass du dir deine eigene Meinung bildest. Was mich angeht, sind Sterne einfach nur … Sterne.
    Sie legt den Kopf in den Nacken und guckt in den Himmel, so lange, dass es mir fast vorkommt, als ob sie da oben bei ihnen wär, als ob sie vergessen hätt, dass wir hier sind. Ich räusper mich. Sie zuckt zusammen. Lächelt uns an.
    Natürlich, sagt sie, kann es auch sein, dass ich mich irre.

    E s hat ewig gedauert, bis wir Emmi dazu gebracht hatten, dass sie sich in Mercys Bett legt. Dabei wär sie schon fast im Stehen eingeschlafen. Mercy hat sich auf die rote Bank gelegt, die Arme hinterm Kopf, und guckt in den Nachthimmel. Tracker hat sich ganz in der Nähe hingelegt.
    Ich sitz am Feuer. Stocher mit der Stiefelspitze in der Glut.
    Warum hat Pa uns nicht hierher gebracht?, frag ich. Ich sprech leise, damit Emmi nicht wach wird.
    Mercy sagt: Dann ist es also doch nicht gut gelaufen am Silverlake.
    Nein, sag ich. Und es ist immer schlimmer geworden.
    Ich hab ihn eingeladen hierherzukommen, sagt sie. Nachdem Allis gestorben war. Ich bin nicht der geselligste Mensch der Welt, aber ich würde nie jemanden in Not abweisen. Es wär Platz genug für euch alle gewesen. Wir wären schon miteinander ausgekommen. Aber davon hat er nichts hören wollen. Er hat gesagt, er will meine Hilfe nicht.
    Lugh meint, er hat wegen Ma nicht weggewollt.
    Mercy seufzt. Das stimmt zum Teil, sagt sie. Aber das ist nicht alles. Er hat gedacht, ihr wärt da sicher. Beide haben sie das gedacht.
    Sicher?, frag ich. Sicher wovor?
    Eine Weile sagt Mercy nichts, sie denkt nach.
    Du weißt nichts von der Welt, sagt sie dann. Die Welt ist ein rauer Ort. Gefährlich. Deine Ma und dein Pa haben das gewusst. Deshalb haben sie sich so abgelegen am Silverlake niedergelassen. Da kommen kaum Leute vorbei. Nachbarn gibt es keine. Genau wie hier in Crosscreek.
    Ich muss daran denken, wie versteckt Mercy hier lebt. Kein richtiger Weg führt hierher. Man weiß nicht, wo man abbiegen muss, wenn man nichts von dem Windspiel oben im Baum weiß.
    Versteckst du dich vor irgendjemand, Mercy?, frag ich.
    Ich würd nicht verstecken sagen, sagt sie. Eher aus dem Weg gehen.
    Ich runzel die Stirn. Wem aus dem Weg gehen? Hat Pa uns deshalb am Silverlake festgehalten? Damit wir aus dem Weg sind?
    Das hat er gewollt, sagt Mercy. Aber es hat nicht geklappt, oder?
    Irgendwas in ihrer Stimme, irgendwas an der Art, wie sie das sagt, lässt mich innerlich ganz still werden. Ich steh auf, die Fäuste geballt.
    Weißt du irgendwas?, frag ich. Über die, die Lugh geholt haben …
    Ich weiß nicht, sagt sie. Ich …
    Sag’s mir!
    Sie wirft einen Blick zur Hütte, wo Emmi schläft. Lass uns spazieren gehen, sagt sie.

    T racker will aufspringen. Mercy hebt die Hand. Bleib hier, Junge, sagt sie, und mit einem Seufzer legt er sich wieder hin.
    Ich geh hinter ihr her über die Brücke auf eine Wiese. Wir halten uns am Ufer und gehen talaufwärts. Der Mond leuchtet uns einen silbernen Pfad. Der Bach funkelt und murmelt über die Steine. Ich atme die frische, duftende Nachtluft tief ein.
    Erzähl mir, was an dem Tag passiert ist, sagt Mercy. Erzähl mir alles. Lass nichts aus, auch wenn du denkst, es ist nicht wichtig.
    Also tu ich das. Ich erzähl ihr, was an dem Tag passiert ist. Von da an, wo Lugh und ich beim Morgengrauen zur Müllkippe gegangen sind. Von Lugh, der Pa angeschrien hat, und dann vom Sandsturm und den vier Reitern, die mit Procter John aufgetaucht sind.
    Zu viert also, sagt sie. Was hatten sie an?
    Lange schwarze Gewänder, sag ich, mit … so schweren Lederwesten drüber und Lederbändern vom Handgelenk bis zum Ellbogen.
    Rüstung, sagt sie. Das klingt nach den Tonton.
    Den … was?, frag ich.
    Den Tonton, sagt sie. Das sind … tja … sie sind alles Mögliche – Kuriere, Spione, Spitzel, Leibwächter. Manchmal sogar Henker.
    Von so was hab ich

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