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Dustlands - Die Entführung

Dustlands - Die Entführung

Titel: Dustlands - Die Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
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noch nie gehört, sag ich. Ich weiß nicht, wovon du sprichst. Woher weißt du von diesen Tonton?
    Deine Ma und dein Pa haben nicht immer am Silverlake gelebt, Saba. Und ich habe nicht immer hier in Crosscreek gelebt. Wir haben uns an einem Ort namens Hopetown kennengelernt.
    Davon hab ich auch noch nie gehört, sag ich.
    Das ist eine Stadt, sagt sie. Wenn du Glück hast und schnell wanderst, bist du in einer Woche da. Wenn du Glück hast. Du musst das Sandmeer überqueren, und das nimmt niemanden freundlich auf.
    Das Sandmeer?, frag ich. Pa hat uns Geschichten übers Sandmeer erzählt. Die Männer … die Tonton … sind da mit Lugh rüber. Ihre Hufabdrücke sind Richtung Norden vom Pfad abgebogen. Meinst du, sie haben ihn nach Hopetown gebracht?
    Könnt sein, sagt sie. In Hopetown wird der Abschaum der Erde angespült. Jeder Räuber, jeder Betrüger, jeder Halunke, der dich schon absticht, weil du ihn falsch anguckst … die alle landen irgendwann da. Hopetown wird von bösen Menschen regiert, die nur auf ihr eigenes Wohl aus sind. Und die haben Tonton, um den ganzen Abschaum in Schach zu halten. Sie beherrschen die Stadt mit Gewalt und mit dem sogenannten Chaal.
    Das sind die Blätter da, die Procter John immer gekaut hat, sag ich. Pa hat uns gesagt, da sollen wir die Finger von lassen.
    Da hat er recht gehabt, sagt sie. Chaal macht einen langsam. Es lässt einen denken, man wär wer weiß wie schlau, auch wenn man das gar nicht ist. Wenn man zu viel davon nimmt, wird man zappelig und überdreht, man dreht regelrecht durch. Allis und Willem und ich, wir sind nicht lange da gewesen. Wir haben begriffen, was das für ein Ort ist, und sind von da weg, haben uns da nicht reinziehen lassen. Wir sind so weit wie möglich weggegangen. Wir haben nie wieder was von Chaal oder Hopetown hören wollen.
    Aber warum haben die … Tonton Lugh geholt?, frag ich.
    Erzähl mir mehr von dem Tag, sagt sie.
    Sie haben nach ihm gesucht, sag ich. Einer von denen hat zu Procter John gesagt: Ist er das? Ist das der, der an Mittwinter geboren ist? Dann haben sie Lugh dasselbe gefragt, und ob er auch wirklich achtzehn wär. Procter John hat zu ihnen gesagt: Ich hab euch doch gesagt, er ist der Richtige. Also … haben sie von Lugh gewusst. Sie sind gekommen, um ihn zu holen.
    Mercy sagt nichts. Guckt bloß zum Nachthimmel hoch.
    Aber woher könnten die von ihm gewusst haben?, frag ich. Und was ist so wichtig daran, dass er an Mittwinter geboren ist? Wir sind Zwillinge. Warum haben sie mich nicht auch mitgenommen?
    Ich weiß es nicht, sagt sie. Aber lass uns mal drüber nachdenken.
    Wir verstummen. Irgendwann sagt sie: Vielleicht wollen sie kein Mädchen. Vielleicht wollen sie einen Jungen. Einen Jungen, der vor achtzehn Jahren an Mittwinter geboren ist.
    Aber warum?, frag ich. Und woher haben sie gewusst, wo sie ihn finden? Du hast es ja selbst gesagt: Der Silverlake ist mitten im Nirgendwo. Außer dir und uns ist da nie jemand gewesen, nur der Lumpensammler und Procter John. Hat Pa jedenfalls gesagt.
    Dein Vater hat gelogen, sagt Mercy.

    P a hat gelogen?, frag ich.
    Hm, das ist vielleicht ungerecht, sagt sie. Vielleicht ist lügen das falsche Wort. Vielleicht hat er bloß … nicht mehr dran gedacht.
    Okay, sag ich. Und weiter?
    Du weißt ja, ich bin dabei gewesen, als deine Ma dich und Lugh bekommen hat.
    Hm-hm, sag ich.
    Tja … da ist noch jemand gewesen.
    Noch jemand? Wer denn?
    Ein Mann, sagt sie. Ein Fremder. Er ist zwei Tage vor eurer Geburt am Silverlake angekommen. Hat nicht viel gesagt. Nicht wo er her ist oder wo er hinwill. Und er hat jedenfalls nichts besessen. Er ist halb verhungert gewesen und hat kaum noch ein Hemd am Leib gehabt. Hat gesagt, er heißt Trask, aber wer weiß, ob das stimmt? Willem hat ihm nicht getraut. Aber eigentlich hat er ganz harmlos gewirkt, deshalb haben sie ihm was zu essen gegeben und sogar ein paar von Willems alten Kleidern.
    Und der ist bei unserer Geburt da gewesen, sag ich.
    Nicht bei deiner, sagt sie. Da ist er schon wieder weg gewesen. Du bist zwei Stunden nach Lugh geboren, vergiss das nicht. Es ist schon komisch. Da ist Lugh, der brüllt und strampelt, damit wir auch ja merken, dass er jetzt auf der Welt ist. Das kräftigste Kind, das ich je gesehen hab. Und sofort wird Trask ganz aufgeregt und sagt immer wieder: Ein Junge, der an Mittwinter geboren ist, das ist was Seltenes, was Wunderbares. Immer wieder hat er das gesagt. Als wär es irgendwie wichtig. Und als ich ein bisschen

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