Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dustlands - Die Entführung

Dustlands - Die Entführung

Titel: Dustlands - Die Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
Vom Netzwerk:
noch nie im Leben so viele Menschen gesehen. Ich weiß gar nicht, wo ich zuerst hingucken soll.
    Emmi steht neben mir. Die Pinchs gucken gerade nicht hin. Ich heb meine gefesselten Hände hoch, und sie schlüpft drunter durch. Sie legt die Arme um mich und drückt mich feste. Die Pinchs lassen sie so schwer arbeiten, dass sie noch magerer geworden ist, als sie sowieso schon gewesen ist.
    Das ist es, sag ich. Hopetown.
    Was passiert jetzt?, flüstert sie.
    Ich weiß nicht, sag ich. Wir werden’s wohl bald rausfinden. Egal was passiert, halt die Augen auf nach Lugh.
    Genau in dem Augenblick hör ich ein vertrautes Krächzen. Ich guck nach oben. Ein großer schwarzer Vogel kreist hoch über uns. Die Flügelspannweite würd ich überall erkennen.
    Nero!, sag ich.
    Er kommt runtergestürzt und saust über unsere Köpfe, dann steigt er wieder auf. Mein Herz geht mit ihm. Tränen schießen mir in die Augen.
    Er muss uns die ganze Zeit hinterhergeflogen sein, sag ich.
    Ich hab gewusst, dass er uns nicht im Stich lässt!, sagt Em. Ich hab’s ja gewusst!
    Geh jetzt lieber, sag ich. Schnell, bevor sie dich sieht.
    Gerade als ich die Hände wieder übern Kopf hebe und Em drunter durchschlüpft, dreht Miz Pinch sich um. Sie zieht eine Grimasse.
    Was ist da los? Ihr kennt die Regeln!
    Sie packt Emmi. Hebt den Arm, um ihr eine mit dem Handrücken zu verpassen. Aber da ruft Pinch ihr was zu.
    Miz Pinch! Die Kutsche ist hier, meine Liebe!
    Ihre Hand bleibt in der Luft hängen. Sie guckt sich um.
    Ein räudiges Kamel bleibt neben dem Wüstenschwan stehen. Es ist mit einem Geschirr vor einen rostigen Wagen gespannt. So wie das Kamel aus der Wäsche guckt, ist es stinksauer. Es rollt mit den Augen und schnappt mit seinen langen gelben Zähnen nach den Beinen von dem kleinen Jungen, der auf seinem Höcker sitzt.
    Miz Pinch dreht sich wieder um. Um dich kümmer ich mich später, zischt sie Em zu. Jetzt hab ich was Wichtigeres zu tun.
    Na los, Missus. Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit, sagt der Kameljunge. Wo soll’s hingehen?
    Miz Pinch zerrt an meinen Ketten. Ich stolper vor.
    Bring uns zum Käfigmeister, sagt sie.

    A uf platten Reifen rumpeln wir langsam durch Hopetown. Ich guck aus den Fenstern. Es ist alles so voll mit Leuten, dass wir kaum vorankommen. Sie drücken sich an die Kutsche und gucken zu uns rein. Der Kameljunge beugt sich runter und schlägt mit der Peitsche nach ihnen, um den Weg frei zu machen.
    Ich such nach goldenen Haaren, die zu einem langen Zopf geflochten sind. Nach Augen, so blau wie der Sommerhimmel.
    Bist du hier irgendwo, Lugh?
    Da. Ein Männerrücken. Breite Schultern, goldene Haare – kurz, aber in der Zwischenzeit hätten sie ihm ja die Haare schneiden können. Hat die richtige Größe. Mein Herz setzt aus. Jeder Muskel in meinem Körper spannt sich an.
    Dreh dich um. Dreh dich um, o bitte, dreh dich um, damit ich dich sehen kann.
    Er tut es. Es ist nicht Lugh.
    Da beugt sich ein Mann zum Fenster rein. Packt mich am Arm und versucht, mich rauszuziehen, mit Ketten und allem.
    Ich denk gar nicht erst nach. Ich dreh mich um, strampel, stütz mich im Wagen ab, such mir einen guten Halt für meine Füße.
    Aufhören! Rooster Pinch schlägt dem Mann mit seinem zerfetzten Regenschirm auf den Kopf. Gib sie frei!
    Saba!, ruft Emmi.
    Die rote Hitze steigt in mir auf. Ich beiß ihn in seine dreckige Hand. Er schreit auf, lässt aber nicht los. Ich beiß fester zu. Tiefer. Ich beiß, bis ich sein Blut schmeck. Er schreit gellend und lässt los. Bleibt zurück. Wird von der Menge verschluckt.
    So ist es recht!, schreit Pinch. Lauf nur, du Schurke! Du Feigling! Hah! Niemand legt sich mit Rooster Pinch an!
    Saba, sagt Emmi. Bist du okay?
    Ich spuck aus dem Fenster. Spuck seinen Geschmack aus, seinen Geruch, wie er sich angefühlt hat.
    Dann lehn ich mich zurück. Wisch mir den Mund mit den gefesselten Händen ab.
    Mir geht’s gut, sag ich.
    Ich guck rüber zu Miz Pinch.
    Sie hat keinen Finger gerührt. Hat bloß dagesessen und mich angestarrt.
    Und im Gesicht hat sie so ein kleines zufriedenes Lächeln.

    D er Kameljunge hält mit der Kutsche vor einem langen niedrigen Steinhaus am Rand von Hopetown. Es ist ein richtiges Haus, nicht so eine Hütte aus Abwrackerschrott wie die anderen.
    Du nimmst das Kind, und denk dran, du hältst die Klappe, sagt Miz Pinch zu Rooster, als wir aus dem Wagen klettern. Ich kümmer mich um den Käfigmeister.
    Sie packt die Kette an meinen Händen und zerrt mich hinter sich her. Pinch

Weitere Kostenlose Bücher