Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dustlands - Die Entführung

Dustlands - Die Entführung

Titel: Dustlands - Die Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
Vom Netzwerk:
Stimme hallt von den Wänden der Schlucht wider.
    Ich geh ihr hinterher. Sie klettert über die Felsen runter bis zum Teich. Ich bin schon so lange nicht mehr schwimmen gewesen. Als kleine Kinder sind Lugh und ich ständig im Silverlake geschwommen. Bevor der See immer weiter ausgetrocknet und alles schiefgelaufen ist.
    Ich werd ein Mal kurz in dieses kühle Wasser eintauchen. Nur ein Mal. Hilft mir bestimmt, den Kopf freizubekommen. Dann kann ich wieder klar denken.
    Maev springt runter auf einen großen flachen Felsen neben dem Teich. Schnell zieht sie sich ihre Kleider aus und ist so nackig, wie sie auf die Welt gekommen ist. Goldene sommersprossige Haut, lange kräftige Beine, eine strubbelige kupferrote Mähne. Sie nimmt Anlauf, streckt Arme und Beine und springt ins Wasser, verschwindet unter der Oberfläche. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht kommt sie wieder hoch.
    Es ist herrlich!, ruft sie.
    Mir fällt auf, dass ich Maev noch nie lächeln gesehen hab. Sie sieht jung aus. Wie ein junges Mädchen.
    Heute Morgen hat sie mich ganz neu ausgestattet, vom Hemd bis zu den Stiefeln. Zuerst hab ich ihre Sachen nicht annehmen wollen. Aber sie hat gesagt, die Free Hawks sind eigentlich Straßenräuberinnen, und da kommt das ganze Zeug her. Da hätt ich natürlich sagen müssen, nein, danke. Ich weiß, dass Stehlen falsch ist. Aber meine eigenen Kleider sind nur noch verdreckte Lumpen. Und was richtig oder falsch ist, das seh ich nicht mehr so eng wie früher.
    Ich zieh die gestohlenen Kleider aus, falt sie zusammen und leg sie ordentlich auf den warmen Fels. Dann spring ich rein.
    Das Wasser ist so eisig, dass ich vor Schreck die Augen aufreiß und mein Herz kurz aussetzt. Ich komm wieder an die Oberfläche und keuch. Maev lacht sich kaputt.
    Du Ratte!, brüll ich. Das ist eiskalt.
    Wird dir guttun.
    Immer wieder tauch ich im glitzernden, sauberen Wasser unter, bis ich mir den Dreck von Hopetown abgewaschen hab. Ich rupf eine Hand voll Nadeln von einer tief runterhängenden Kiefer ab und reib mir damit über die Haut. Dann jagt Maev mich rund um den Teich, und wir bespritzen uns und tauchen uns gegenseitig unter.
    Nach einer Weile fällt mir auf, dass ich in den letzten Minuten gar nicht an Lugh gedacht hab. Kein einziges Mal.
    Sofort dreh ich um und schwimm zum Felsen zurück. Maev schwimmt mir hinterher. Ich zieh mich hoch und nehm meine Sachen.
    Was ist los? Maev klettert auch raus.
    Ich hab keine Zeit für so was, sag ich. Ich muss weiter, Lugh finden. Ich hab’s ihm versprochen.
    O nein, nicht das schon wieder! Sie nimmt mir meine Kleider weg. Was denn, hast du ihm auch versprochen, dass du dich nicht wäschst? Oder nicht isst? Oder nicht schläfst? Sei nicht albern.
    Gib mir die Kleider, sag ich.
    Sie hält sie außer Reichweite. Nein, sagt sie. Du hast dich gewaschen und bist geschwommen. Ist ja nicht so, als ob du tanzen und singen würdest. Jetzt setz dich hin und sei mal drei Minuten still, bis wir wieder trocken sind.
    Nein. Gib mir meine Kleider, Maev.
    Gottverdammter sturer Esel! Setz dich hin!, brüllt sie mich an. Sie packt meinen Arm und drückt mich runter. Ich bin so verdutzt, dass ich nicht mal versuch, wieder aufzustehen. Sie lässt die Kleider fallen und setzt sich neben mich. Aber mein Handgelenk lässt sie nicht los. So, sagt sie, jetzt sitzen wir hier ein Weilchen und sind einfach still.
    Maev –
    Schsch!
    Ich will nur –
    Sie hält sich einen Finger an die Lippen. Legt sich auf den Rücken, macht die Augen zu und hält das Gesicht in die Sonne. Ich leg mich neben sie und guck hoch zum Himmel. Nach einer Weile fühl ich mich warm und ein bisschen schläfrig. Meine Augenlider werden ganz schwer. Sie fallen mir zu.
    Ich versteh das nicht, sag ich.
    Was?
    Ich kann nicht glauben, dass du noch nie von Freedom Fields gehört hast. Das ist doch dein Gebiet hier. Du bist doch bestimmt schon überall in den Black Mountains gewesen.
    Nicht überall, sagt sie. Das Gebiet der Free Hawks endet einen Tagesritt nördlich von hier. Man behält nur, was man auch verteidigen kann, und wir sind nur vierzig.
    Aber ihr trefft doch Leute, sag ich. Du redest doch bestimmt mit denen, wenn du sie … na ja, du weißt schon … wenn du sie ausraubst.
    Wir halten dabei nicht unbedingt erst ein Schwätzchen, sagt sie.
    Trotzdem, sag ich, ich kann nicht glauben, dass ihr noch nie was davon gehört habt, nicht mal den kleinsten Hinweis.
    Glaub’s lieber, sagt sie. Weil ich nämlich wirklich noch nie was von Freedom

Weitere Kostenlose Bücher