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Dustlands - Die Entführung

Dustlands - Die Entführung

Titel: Dustlands - Die Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
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vorhab und woraus nichts wird. Nur damit ich Bescheid weiß. Dann kann ich mir das nämlich demnächst sparen.
    Ich runzel die Stirn. Da, du tust es schon wieder, du bist aalglatt, sag ich. Was du vorhast, Jack, ist … ist … du versuchst ständig, mich wie einen Trottel dastehen zu lassen!
    Ach, das hab ich also vor?
    Du weißt verdammt gut, dass es so ist!
    Dann entschuldige ich mich, sagt er. Aufrichtig.
    Er lächelt. Ein freundliches Lächeln. Nicht großspurig oder eingebildet. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.
    Tja …, sag ich, na, dann. Pass bloß auf, dass du es nicht noch mal tust.
    Versprochen, sagt er. Das nächste Mal, wenn du wie ein Trottel dastehst, bist du selbst dran schuld. Er zwinkert mir zu und nimmt die Satteltaschen. Jemand sollte sich ums Feuer kümmern, sagt er.
    Ich bleib noch einen Augenblick stehen. Er hat mich schon wieder ausgetrickst, der Mistkerl.
    Aber ein kleines Lächeln stiehlt sich auf mein Gesicht.

    N acht, Saba, sagt Emmi. Nacht, Jack.
    Sie dreht sich auf die Seite, weg von mir, und ist im Nu fest eingeschlafen. Nero hat sich zum Schlafen auf einen Baum ganz in der Nähe gesetzt.
    Ich starr in den Himmel. Er ist hoch und hell, und Wolken jagen am Mond vorbei. Ich zieh meine Decke eng um mich und lieg steif wie ein Brett da. Ich muss die ganze Zeit daran denken, dass Jack gleich neben mir liegt. Seine Wärme, seine Atemgeräusche, das leichte Heben und Senken von seiner Brust, das ich aus dem Augenwinkel seh.
    Irgendwas raschelt. Ich guck zu Jack und seh, er hat sich auf einen Ellbogen gestützt und guckt mich an. Das sterbende Feuer färbt seine Wangenknochen rot, wirft Schatten auf seine Augen. Ich guck weg.
    Er streckt den Arm aus und berührt den Herzstein in meiner Halsmulde. Reißt hastig die Hand weg.
    Der ist ja heiß, sagt er.
    Ich weiß, sag ich. Ich nehm ihn ab und schieb ihn in mein Bettzeug.
    Albernes Ding, sag ich. Weiß gar nicht, warum ich es trag.
    Nach einer Weile sagt er: Erzähl mir von deinem Bruder.
    Wir sind Zwillinge, sag ich.
    Ah, sagt er. Ich hab mir schon gedacht, er muss was Besonderes für dich sein, wenn du so viel durchmachst, um ihn zu finden. Wie ist er so?
    Ich denk nach. Es ist immer dasselbe, wenn jemand mich nach Lugh fragt. Mercy, Helen, Maev … sogar Emmi. Ich will über ihn reden, aber gleichzeitig auch wieder nicht. Hab das Gefühl, wenn ich über ihn rede, verrat ich jedes Mal ein bisschen was über ihn, was ich lieber für mich behalten würd.
    Unsere Ma ist bei Emmis Geburt gestorben, sag ich. Und danach ist Pa … na ja, er ist nicht mehr derselbe gewesen. Als ob ihm nichts mehr wichtig gewesen wär. Weder wir noch … sonst irgendwas … nicht so richtig. Wenn Lugh nicht gewesen wär, wenn er nicht Essen auf den Tisch gebracht und sich um das Dach über unsern Köpfen gekümmert hätt, ich glaub, dann wären wir schon alle tot. Lugh und ich sind erst neun Jahre alt gewesen, als Ma gestorben ist, genau wie Emmi jetzt. Er hat also keine Angst, irgendwas anzugehen, hat er nie gehabt.
    Aber wie ist er so?, fragt Jack.
    Er ist … na ja, er ist witzig, sag ich, und irgendwie … er ist echt klug. Wahrscheinlich hat er immer aufgepasst, wenn Pa was gesagt hat. Nicht wie ich. Er weiß … alles. Er kann alles in Ordnung bringen, er kennt das Land und die Tiere und … mich. Er ist der einzige Mensch auf der Welt, der mich wirklich kennt.
    DeMalo. Dunkle Augen, fast schwarz, gucken in meine.
    Gucken tief in mich rein. Finden meine finstersten Gedanken, meine schlimmsten Ängste.
    Das klingt zu gut, um wahr zu sein, sagt Jack.
    Seine Stimme scheint von ganz weit weg zu kommen.
    Was hast du gesagt?, frag ich.
    Ich hab gesagt, dass Lugh zu gut klingt, um wahr zu sein.
    Du hast kein Recht, das zu sagen. Du weißt nichts über ihn.
    Ich sag das ganz schnell. Weil ich nicht daran denken will, wie sehr Lugh sich im letzten Jahr oder so verändert hat. Wie er am letzten Tag gewesen ist. Wie er gesagt hat, er könnte es kaum erwarten, vom Silverlake wegzugehen. Und was für ein Gesicht er gemacht hat, als er Pa einen alten Trottel genannt hat, der in einer Traumwelt lebt. Ich find es grässlich, dass das die letzten Worte zwischen den beiden gewesen sind.
    Hey, sagt Jack. Tut mir leid, das war dumm von mir, das hätte ich nicht sagen sollen. Tut mir leid. Also, wenn ihr Zwillinge seid, dann sieht er wohl aus wie du, oder?
    Ich dreh mich auf die Seite und guck ihn an.
    Nein, sag ich. Er ist wunderschön. Wie meine Ma gewesen

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