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Dustlands - Die Entführung

Dustlands - Die Entführung

Titel: Dustlands - Die Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
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Süden, sagt Emmi und zeigt dahin, wo wir hergekommen sind.
    Jack hält sich das Ding, das er aus der Satteltasche gezogen hat, an die Augen. Es ist aus schwarzem Plastik. Er guckt durchs schmale Ende, und jetzt sehe ich am anderen, breiteren Ende zwei runde Glasscheiben. Er dreht an einem Knopf in der Mitte.
    Was zum Teufel ist das?, frag ich.
    Das ist ein Weitgucker, sagt Jack. Damit kann man Sachen sehen, die weit weg sind.
    Abwrackertechnokram!, sag ich.
    Aber in diesem Fall mächtig nützlich, sagt er. Hab ich aus Hopetown mitgebracht. Erstaunlich, was die Leute so rumliegen lassen. Die Dinger sind ziemlich selten, und wenn man doch mal eins findet, dann normalerweise nicht an einem Stück. Er guckt lange durch und sucht damit den ganzen Horizont ab.
    Ich seh nichts, was da nicht hingehört, Em, sagt er. Hier, Saba, willst du auch mal durchgucken?
    Er gibt mir das Ding, und ich halt es mir an die Augen. Plötzlich steht gleich vor mir das Wäldchen, durch das wir vor einer halben Stunde gekommen sind. Ich kann jedes Blatt an jedem Zweig, an jedem Baum sehen.
    Boah! Ich grins Jack breit an. Das ist ja ein Ding!
    Er guckt mich mit so einem komischen Gesichtsausdruck an. Das ist das erste Mal, dass ich dich lächeln seh, sagt er.
    Ich guck ihn böse an. Wie meinst du das?, frag ich. Ich lächel andauernd.
    Nein, tust du nicht, meldet sich Emmi. Früher schon, als Lugh noch dagewesen ist. Aber seit er weg ist, bist du immer gemein und sauer und fies und –
    Okay, sag ich, das reicht.
    Ich hab nur sagen wollen –
    Tja, lass es einfach!
    Ich guck noch mal durch den Weitgucker und such die Gegend ab, so weit ich gucken kann.
    Da ist nichts, sag ich schließlich. Da folgt uns keiner. Wenn du dir das nächste Mal was einbildest, Emmi, tu uns den Gefallen und behalt’s für dich.
    Sie kneift die Lippen zusammen, lässt Joy umdrehen und drängelt sich an mir vorbei, das Kinn in die Luft gereckt.
    Jack macht den Mund auf, um was zu sagen, aber ich droh ihm mit dem Zeigefinger.
    Denk nicht mal dran, sag ich. Sie ist meine Schwester, und ich red mit ihr, wie ich will.
    Er lässt Ajax kehrtmachen und reitet an mir vorbei.
    Sie ist neun Jahre alt, sagt er. Sei nicht so streng zu ihr.
    Nero krächzt mich an. Als ob er wiederholt, was Jack gerade gesagt hat. Ich starr auf Jacks Rücken. Komisch. Genau so was hat Lugh auch gesagt an dem letzten Tag, als wir das Dach repariert haben.
    Sie ist erst neun, Saba. Versuch doch zur Abwechslung mal, nett zu ihr zu sein.
    Lugh. Jack. Emmi. Ich runzel die Stirn. Krieg Kopfschmerzen davon.
    Ich denk ein andermal weiter drüber nach.

    I ch wach auf. Jacks Hand liegt auf meinem Arm. Ich bin wohl dran mit Wachehalten. Er hat die erste Hälfte der Nacht übernommen. Ich bin bis zur Morgendämmerung dran. Ich bin gleich hellwach und setz mich auf. Seine Augen glänzen im Dunkeln.
    Du hast ja das Feuer ausgehen lassen, flüster ich.
    Nein, ich hab’s ausgemacht, flüstert er zurück.
    Warum hast du das –
    Emmi hat recht gehabt, sagt er.
    Was?
    Da ist Licht auf dem Bergrücken.
    Mein Herz fängt an, wie wild zu klopfen. Ich rutsch unterm Bettzeug vor. Zeig’s mir, sag ich.
    Heute Nacht kampieren wir auf einem Hügel am Fuß von einem Lichtmast. Eine ganze Reihe von diesen Lichtmasten zieht sich über eine weite Hochebene bis zu den Ruinen von einer großen Abwrackerstadt, etwa neun Meilen nördlich von hier. In der Ferne sind die rostigen Eisenskelette von sehr hohen Häusern zu sehen. Wolkenkratzer haben sie die früher genannt.
    Jack klettert am Lichtmast hoch und ich hinterher. Wir klettern so weit hoch, dass wir einen guten Überblick haben. Dann gibt er mir den Weitgucker.
    Da, sagt er. Er zeigt nach Süden, dahin, wo wir hergekommen sind.
    Ich gucke durch den Weitgucker. Ein schwaches Licht. Es flackert auf dem Bergrücken, über den wir heute Morgen gekommen sind … nein, das ist schon gestern Morgen gewesen.
    Ein Lagerfeuer, sag ich.
    Sie haben es kurz nach Mitternacht angezündet, sagt er. Ich hab’s beobachtet, und es hat sich bis jetzt nicht bewegt.
    Dann übernachten sie wohl da, sag ich.
    Vielleicht, sagt er.
    Wir können ja nicht die einzigen Leute sein, die hier durchkommen, sag ich. Bestimmt ist alles in Ordnung.
    Aber da geht das Licht aus. Dann taucht ein anderes auf. Und das bewegt sich. Es wackelt über den Bergrücken und dann bergab. Auf uns zu.
    Für mich sieht das nicht in Ordnung aus, sagt Jack.
    Lass uns Emmi wecken, und dann nichts wie weg hier, sag

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