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Dustlands - Die Entführung

Dustlands - Die Entführung

Titel: Dustlands - Die Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
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unterbricht sie die Arbeit.
    Komm mit, sagt sie. Sie nimmt mich am Arm und geht mit mir rüber zum Wasserfass. Das muss jetzt leider sein, sagt sie.
    Und taucht ohne Vorwarnung meinen Kopf ins Fass. Ich komm wieder hoch und schnapp nach Luft, und sie taucht mich noch mal unter.
    Das eiskalte Wasser ist wie ein Schlag ins Gesicht. Als ich wieder hochkomm, brüll ich: Was soll das, verdammt?
    Tut mir leid, sagt Epona. Ich hätt dich wohl vorwarnen sollen.
    Wenn das irgendjemand anders getan hätt, dann hätt ich jetzt die Fäuste ausgefahren. Aber Epona ist eine liebe Seele. Ich weiß, sie will mir nur helfen.
    Schon gut, sag ich. Danke. Ich … mir geht’s schon viel besser.
    Und zu meiner Überraschung stimmt das auch.
    Ich tauch den Kopf selber noch ein paar Mal unter, dann reib ich mir Schultern und Arme ab. Als ich gerade fertig bin, schleicht sich Tommo an mich ran. Ohne mir in die Augen zu gucken, gibt er mir ein grobes Tuch. Ich trockne mich ab.
    Als ich damit fertig bin, berühr ich ihn am Arm. Er guckt mich an. Er hat die schönsten Augen, die ich je gesehen hab – dunkelbraun, fast schwarz, mit langen dunklen Wimpern. Rehaugen. Eigentlich viel zu schön für einen Jungen.
    Ich lächel ihn an. Danke, sag ich. Er wird rot. Senkt den Kopf und huscht davon.
    Er hat keine Chance, wenn du ihn so anlächelst. Jacks Stimme, hinter mir. Ich zuck zusammen. Ich dreh mich um. Er steht näher bei mir, als ich gedacht habe. Mein blödes Herz setzt einen Schlag aus. Er lehnt an der Wand, die Hände in den Taschen. Heute sind seine Augen nicht mondscheinsilbrig. Heute sind sie dunkler, mehr wie Stein.
    Sehr witzig, sag ich. Umständlich falt ich das Tuch zusammen.
    Tommo ist ein einsamer Junge mit einem großen Herzen, sagt Jack. Such dir jemand anders, wenn du lächeln üben willst.
    Ich weiß nicht, was du hast.
    Dann will ich es mal ganz deutlich sagen, sagt er. Such dir jemand in deiner Größe, Saba.
    Was?, frag ich. Jemand wie dich, nehm ich an?
    Wir gucken uns lange an. Und dann guck ich auf seine Lippen, und aus irgendeinem Grund kann ich nicht mehr weggucken. Kann an nichts anderes denken als daran, wie sie sich angefühlt haben. Da sagt er: Nein. Nicht wie mich. Ich will dein Lächeln auch nicht.
    Es fühlt sich an wie ein Schlag ins Gesicht. Mir fällt keine Antwort ein.
    Er geht zu Ajax.
    Ich steh da und starr ins Leere.
    Wie immer, wenn Jack in der Nähe ist, strömt die Hitze vom Herzstein aus durch meinen ganzen Körper. Aber diesmal zitter ich dabei auch. Das kommt von der Kälte in seinen Augen.

    I ch hab gedacht, Ike würde das Gasthaus mit Brettern zunageln, damit es sicher ist, bis er mit Tommo zurückkommt. Aber er sagt, er hat nicht vor, zurückzukommen. Er macht nur die verwitterte alte Tür zu, damit es nicht reinregnet.
    Das ist alles?, frag ich. Du gehst einfach weg, einfach so?
    Ach, das steht nicht lange leer, sagt er. Irgendjemand kommt vorbei und übernimmt es. So ist es auch bei mir gewesen. Ich bin hier vorbeigekommen, hab nach einem Schlafplatz gesucht und bin ich drüber gestolpert. Hat ausgesehen, als hätte es seit Jahren leergestanden. Am nächsten Morgen bin ich auf die Idee gekommen, mal den Boden zu fegen, und schon hab ich ein Gasthaus geführt. Nein, ich bin lange genug hier gewesen. Jack und ich haben gestern Abend drüber geredet. Wenn wir deinen Bruder gefunden haben, ziehen wir weiter. Tommo nehmen wir mit.
    Er stupst mich in die Rippen. Um ehrlich zu sein, wartet da eine Dame auf mich. Die wunderbarste Frau, die je geatmet hat.
    Nicht zufällig … Molly Pratt?, frag ich.
    Er legt die Hände zusammen und guckt zum Himmel hoch.
    Lippen wie reife Kirschen und Kurven, dass ein Mann vor Freude weinen könnte. Ich will, dass sie Tommo kennenlernt. Wird Zeit, dass ich mich niederlasse. Und ich hab so das Gefühl, ich könnte ein guter Familienvater sein. Aber sag das bloß nicht Jack. Der macht mir sonst das Leben zur Hölle.
    Aber … was ist mit ihm?, frag ich.
    Jack? Familienvater? Ike johlt. Guter Witz!
    Nein, das hab ich nicht gemeint, ich –
    Hey, Jack!, ruft Ike. Was sagst du noch gleich immer?
    Zieh schnell weiter, wander mit leichtem Gepäck und sag ihnen nie deinen richtigen Namen, sagt Jack.
    So ist es recht! Ike zwinkert mir zu.
    Ich hab so ein komisches Gefühl. So ein Flattern im Bauch. Jack wird weg sein. Ich werd ihn nicht mehr sehen können. Bis jetzt hab ich da gar nicht drüber nachgedacht. Darüber, was wird, wenn wir Lugh gefunden haben.
    Ike!, ruft

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