Dying for You - Gefangen Im Albtraum
gab es für sie überhaupt noch eine Zukunft? Würden sie sie umbringen, wenn sie einen Fluchtversuch wagen und scheitern würde? Nein, sicher nicht. Die Männer wollten ja das Lösegeld kassieren und reich werden. Und wenn sie nicht übermorgen mit Deke Bronson sprechen würde, um zu beweisen, dass sie – Cara Bedell – wohlauf war, würde Grayson Perkins keine Zahlung anweisen. Fürs Erste war sie also in Sicherheit.
Es gab zwei Möglichkeiten, die kommenden achtundvierzig Stunden zu überleben: Entweder, es würde ihr gelingen, ihren Aufpassern zu entkommen und ins nächste Dorf zu fliehen. Oder der Agent, den Sawyer losgeschickt hatte, um sie zu retten – und sie wusste, dass er jemanden losgeschickt hatte –, würde sie rechtzeitig finden.
Vor sehr langer Zeit hätte es Sawyer sich nicht nehmen lassen, sie persönlich zu befreien. Damals wäre er selbst nach Ameca geflogen und hätte sie aufgespürt. Aber das war der alte Sawyer. Der Sawyer, der sie nicht hasste.
Sie fragte sich, ob sie heute alles noch einmal genauso machen würde oder doch vielleicht anders. Hinterher war man bekanntlich immer klüger. Aber gemessen an den Umständen, was hätte sie schon anders machen können? Sie hatte keine Kontrolle darüber gehabt, was Brenden für sie empfand und sie für Sawyer. Das Herz will, was das Herz begehrt. Liebe war nun mal nicht rational zu begründen. Wie viel einfacher wäre es für sie alle drei gewesen, wenn sie in Brenden verliebt gewesen wäre anstatt in Sawyer. Oder wenn Brenden nicht in sie verliebt gewesen wäre.
Brenden Lee McNamara war ein wunderbarer Mensch gewesen. Er sah wie sein Bruder gut aus, doch er hatte weichere Züge als Sawyer. Brenden war immer der hübsche Junge, Sawyer eher der markante Typ gewesen. Als Teenager hatte Brenden beinahe etwas Engelhaftes gehabt, mit seinen dunklen Locken und den ausdrucksstarken braunen Augen. Sie sah ihn immer noch vor sich, wie er sie anlächelte, mit ihr scherzte, sie zum Lachen brachte. Sie hörte noch den Klang seiner Stimme, die höher war als Sawyers Bariton, und welche wohltuende Wirkung alles, was er sagte, auf sie gehabt hatte.
Bis auf das letzte Mal, als sie seine Stimme gehört hatte ...
Verdammt sollst du sein! Ihr beide sollt verdammt sein! Wie konntet ihr mir das nur antun ?
Brendens letzte Worte hallten in ihr wider, und sein Bild, wie er sie mit einer Mischung aus Liebe und Wut und Verletzung anstarrte, verfolgte sie bis heute. Auch nach neun Jahren noch.
Oh Brenden, es tut mir leid! So leid.
Lucie setzte sich im Bett auf und schlang ihre Arme um sich. Die Geräusche des nächtlichen Dschungels drangen gedämpft in ihr Zimmer, sie hörte den Wind durch die Bäume rauschen und das Dröhnen des batteriebetriebenen Radios aus dem Nachbarzimmer.
Wenn sie das hier überlebte, wusste sie, was sie tun würde. Sie würde ihr neues Leben feiern, indem sie die Vergangenheit hinter sich ließ. Neun Jahre lang rannte sie nun einem unerreichbaren Ziel hinterher – welche Verschwendung! Ihr Herz und ihr Leben hatte sie dem Wunsch geopfert, Sawyer möge ihr endlich verzeihen. Dadurch hatte sie fast alles verloren, inklusive das bisschen Stolz, das ihr noch geblieben war.
Doch ihre Kündigung bei Dundee war ein erster Schritt gewesen, das Erste, was sie in ihrer kranken Beziehung zu Sawyer in den letzten neun Jahren richtig gemacht hatte. Warum hatte sie die Wahrheit bloß nicht früher akzeptieren können? Ihr hätte klar sein müssen, dass Sawyer ihr nie verzeihen würde, weil er sich selbst nicht verzeihen konnte. Sie hätte schon vor langer Zeit ein neues Leben beginnen können! Dann wäre sie vielleicht nie in Ameca gewesen und hätte nicht so bereitwillig ihr Leben für Cara Bedell aufs Spiel gesetzt. Sie wäre vielleicht längst verheiratet und hätte Kinder.
Wem willst du damit etwas vormachen, Lucie? Es gibt nur einen Mann auf dieser Welt für dich, und das weißt du ganz genau: Sawyer McNamara. Wie unfair wärst du jedem anderen Mann gegenüber, weil du ihn nicht aus vollem Herzen lieben könntest!
Warum tat sie sich das an? Wozu war das gut? Sie sollte ihre Energie lieber auf einen Fluchtplan konzentrieren. Und das würde sie jetzt auch tun.
Zum Teufel mit Sawyer McNamara!
Daisy hob nach dem zweiten Klingeln ab, ohne aufs Display zu achten. Während sie auf einen Anruf von Sawyer oder Geoff wartete, hatten sich jetzt schon mehrfach Leute verwählt und waren bei ihr gelandet. Geoff hatte sich bisher jeden Abend gemeldet,
Weitere Kostenlose Bücher