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Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Titel: Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Paffenroth
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Eisenstange vom Boden aufhob, nahm ich an, dass sie den Mann angreifen wollte, wie schon zuvor den Mann im Wald. Ich hatte jedoch Angst und wollte nicht, dass sie es tat. Ich fand, dass es in diesem Fall nicht richtig war – wir hatten schließlich überhaupt keine Ahnung, ob dieser Mann irgendetwas falsch gemacht hatte, auch wenn Will entschieden der Ansicht war, dass die Leute in der Stadt zu den Männern gehörten, die am Tag zuvor die Frau und die beiden Mädchen angegriffen hatten. Ich streckte meinen rechten Arm aus, die Waffe noch immer in der Hand, um Lucy aufzuhalten. Sie sah mich an und knurrte, blieb aber stehen. In Augenblicken wie diesem sah ihr Mund stets furchtbar grässlich und unmenschlich aus – allein ihr Auge gab mir ein wenig Zutrauen und Hoffnung.
    Der Mann auf dem Boden entfernte sich von uns, rückwärts und auf dem Rücken liegend, wie ein Krebs. Er wirkte erstaunt über Lucys und mein Verhalten. Ich vermute, er erwartete, dass wir uns auf ihn stürzen, ihn zerreißen und ihn beißen würden, wie die Menschen es so oft von uns erwarten, aber wir blieben einfach still stehen.
    Wir hörten mehrere Schüsse aus der Richtung, in die Will verschwunden war. Sie schienen dazu zu führen, dass der Mann auf dem Boden sich nun für ein gewalttätigeres Vorgehen entschied, denn er griff nach der Pistole, die sich in einem Halfter an seinem Fußgelenk befand. Lucy und ich konnten nicht schnell genug ausweichen oder in Deckung gehen, und erneut reagierte ich einfach, ohne nachzudenken. Ich richtete die Waffe auf ihn und drückte den Abzug.
    Ich hatte keine Ahnung, ob ich richtig zielte, aber ich war so dicht neben dem Mann, dass ich mir relativ sicher war, dass ich ihn irgendwo treffen würde. Das Gewehr machte ein schrecklich lautes Geräusch. Von all den Dingen, die ich erlebt habe, ist dieser ohrenbetäubende Knall, dessen Druckwelle mir ins Gesicht schlug, das Einzige, an das ich mich definitiv als Schmerz erinnere – und als Schuld, ebenso heftig und durchdringend wie der Knall oder die Gewehrkugel.
    Der Arm des Mannes explodierte oberhalb seines Ellbogens förmlich in einer Mischung aus blutigem Fleisch und Stoff, sodass er ein Heulen ausstieß. Er umfasste die Wunde mit seiner anderen Hand, die sofort mit dem Blut überströmt wurde, das zwischen seinen Fingern hervorquoll. Dann kippte er rückwärts auf den Asphalt.
    Er hatte die Waffe bereits mit seiner rechten Hand aus dem Halfter gezogen, schien sie jedoch mit seinem verletzten Arm nicht hochheben zu können. Ich trat zu ihm hinüber. Lucy stand neben mir, und wieder hielt ich sie mit meinem rechten Arm zurück, das Gewehr in der Hand. Ich schätze, der Anblick des Blutes weckte ihren unheiligen Appetit, aber das wollte ich nicht noch einmal mit ansehen. Sie wandte sich leicht von mir ab und knurrte, aber sie schien sich zu beherrschen oder zumindest zu tolerieren, dass ich sie zurückhielt. Ich machte einen weiteren Schritt und trat auf den verwundeten Arm des Mannes. Wieder wand er sich und heulte auf, und schließlich ließ er die Pistole fallen. Ich kickte die Waffe unter den Zementmischer und trat mit Lucy ein paar Schritte zurück.
    Ich wusste nicht, was mit Will geschehen war und hatte keine Ahnung, ob wir verschwinden sollten, wie er uns angewiesen hatte, oder versuchen, ihm irgendwie zu helfen. Ich befürchtete das Schlimmste, aber im Gegensatz zu Situationen, in denen ich im Eifer des Gefechts handeln musste, war ich nicht imstande, taktische Entscheidungen zu treffen, sobald ich die Möglichkeit hatte, alle Eventualitäten abzuwägen – ich war wie gelähmt.
    Der verwundete Mann beobachtete uns. Man konnte sehen, wie verängstigt er war, aber selbst in seinem offensichtlichen Schmerz erkannte ich vor allem seinen Schock und seine Verwunderung über Lucys und mein Verhalten. Er atmete schwer und schien nicht glauben zu können, dass wir vollkommen untätig dastanden.
    Wir hatten bereits ein paar Minuten in dieser merkwürdigen Situation verharrt, als Will glücklicherweise wieder zu uns gerannt kam. Auch er wirkte überrascht über das, was er sah, und blickte von dem verwundeten Mann zu der Waffe, zu mir, zu Lucy und wieder zu dem Mann zurück. Im Gegensatz zu mir blieb er jedoch nur einen Augenblick lang untätig stehen. Er hatte seine Waffe bereits gezogen und zielte damit auf den Mann. Ich packte Wills Arm. Er sah mich an und ich schüttelte den Kopf.
    Er schaute wieder zu dem Mann hinunter. »Na gut, lasst uns gehen.« Er

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