Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)
keine mehr gab, zumindest nicht in dieser Gegend.
Am oberen Rand einer der Karten stand »Zulassungsstelle für Kraftfahrzeuge«, auf einer anderen »Stony Ridge College« über meinem Foto. Ich wusste zwar, was diese Orte bedeuteten, aber nicht, was sie jeweils mit mir zu tun hatten. Ich wusste, was ein Auto war und dass diese Karte bewies, dass ich eines fahren konnte, aber ich konnte mich nicht daran erinnern, ob ich ein Auto hatte oder wie es war oder sich anfühlte, damit zu fahren. Und ich wusste, was ein College war, konnte mich aber nicht daran erinnern, jemals in einem gewesen zu sein, geschweige denn, was ich dort gemacht hatte. Da ich all diese seltsamen Dinge wusste und all diese merkwürdigen Ideen hatte, vermutete ich jedoch, dass ich möglicherweise Professor gewesen war. Das fand ich zwar irgendwie nett, nahm aber an, dass es nicht mehr allzu viele davon gab – genauso wenig wie Präsidenten.
Im Gegensatz zu den anderen Karten oder dem Geld gaben mir die Karten mit meinem Foto allerdings kein unbehagliches Gefühl. Tatsächlich mochte ich sie sogar, und so steckte ich sie in die Tasche meiner neuen Hose, nachdem ich sie angezogen hatte. Es war mir ein bisschen unangenehm, mich dort im Freien auszuziehen, aber nachdem Milton und Will gegangen waren, kam ich mir eigentlich nicht mehr beobachtet vor, obwohl einige der anderen, die nicht sprechen konnten, ganz in meiner Nähe um mich herumschlurften. Die anderen Kleider, die ich mir ausgesucht hatte, waren natürlich nicht neu, sondern nur alte Klamotten, die in große Plastiksäcke verpackt worden waren. Dadurch waren sie aber trocken und sauber geblieben und nicht vollkommen starr von verkrustetem, festgetrocknetem Blut – wie diejenigen, die ich nun endlich loswerden konnte. Außerdem rochen diese Kleider wunderbar nach Waschpulver, und ich musste zugeben, dass alles an mir und an den anderen Menschen um mich herum ziemlich faulig roch. Unsere Kleidung war vertrocknet, staubig und abgenutzt – wie tote Blätter. Nicht wie die nassen, glitschigen Blätter, die man in Pfützen oder unter anderen Blättern findet, sondern wie verdorrtes, brüchiges Laub, das nahe daran ist, zu Staub zu zerfallen und kaum noch an richtige Blätter erinnert. Ich war froh, neue Kleider zu haben.
Sie saßen ziemlich locker an mir, aber ich fand, dass sie ganz gut aussahen. Das Flanellhemd und die Hose fühlten sich ein wenig kratzig an, aber trotzdem gemütlich wie eine raue Wolldecke. Es dauerte ewig, bis ich mit den Knöpfen fertig war – nicht nur bei den Klamotten, die ich auszog, sondern vor allem bei den neuen, da ich keinen der Knöpfe beim Zuknöpfen abreißen wollte. Ich war furchtbar frustriert, als ich ungefähr halb fertig war und erkannte, dass ich mehr Knöpfe als passende Löcher übrig hatte, sodass ich das Hemd noch einmal aufknöpfen, zurechtzupfen und von vorne anfangen musste. Als aber die Sonne unterging – was ziemlich spät der Fall war, da der Sommer bereits vor der Tür stand –, war ich mit allem fertig und hatte sogar ein Paar bequeme Schuhe an.
Fast wäre ich zu einem Spaziergang aufgebrochen, um mit meinen neuen Kleidern anzugeben, aber ich war noch immer nicht sonderlich gut im Gehen. Außerdem war ringsum keine Menschenseele, die sich auch nur im Geringsten für mein Aussehen interessiert hätte, sodass mir eine solche Anstrengung wenig sinnvoll erschien.
Ich zog einen der Stühle vor den Lagerraum und setzte mich darauf. Es war ein alter Gartenstuhl, mit gewebter grün-weißer Lehne und Sitzfläche und einem Aluminiumrahmen. Der Rahmen war ein wenig verbogen und ein paar der Nylonschnüre waren zerrissen, aber der Stuhl war trotzdem noch ganz brauchbar. Nach den Entdeckungen des Tages schien mir dies die perfekte Nacht zu sein, um im Freien zu sitzen und von all den Dingen zu träumen, die ich in den kommenden Tagen finden und von denen ich etwas lernen würde. Ich betrachtete die violette Abenddämmerung, während das Licht der Sonne allmählich verblasste und die Sterne sich zeigten. Ich fragte mich, ob ich jemals erfahren würde, was für ein Professor ich eigentlich war. Aber vielleicht war ich ja auch der Hausmeister des Colleges, ein Wachmann oder Koch in der Mensa gewesen. Da niemand da war, der hätte sehen können, was mit meinem Lächeln nicht stimmte – was auch immer das sein mochte –, lächelte ich bei diesem Gedanken ungeniert, da er mir wirklich äußerst amüsant erschien.
Ich faltete meine Hände in meinem
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