Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)
folgten mir in den Container und fingen an, Dinge herauszuziehen. Ich wollte sie davon abhalten, da sie die Sachen ganz offensichtlich weder zu schätzen wussten noch respektierten, sondern sie einfach nur durch die Gegend warfen. Ich wusste jedoch, dass sie dasselbe Recht auf diese Dinge hatten wie ich. Die Sachen gehörten keinem von uns, wir nahmen sie uns nur, und wenn das ihre Art war, sich daran zu freuen, dann musste ich sie gewähren lassen. Wenn ich die Sachen umräumen oder selbst etwas davon benutzen wollte, konnte ich ebenso gut warten, bis sie das Interesse verloren und wieder aus dem Raum verschwanden, und genau das taten sie auch alle, nachdem sie ihn ein paar Minuten lang durchwühlt hatten.
In dem Raum stand auch ein Sofa, und ich setzte mich darauf und untersuchte einige der Sachen, die aus den Kisten gefallen waren. Es waren die unterschiedlichsten kleinen Dinge dabei. Einige konnte ich identifizieren, andere kamen mir nur vage bekannt vor, und wieder andere waren mir ein Rätsel. Aber ich mochte sie alle und war froh, sie zu haben. Nun würde es hier doch nicht so schlimm sein, da ich mir all diese Gegenstände anschauen konnte und so viele Dinge hatte, über die ich etwas lernen und die ich studieren konnte. Mein Herz machte einen Satz, als mir der Gedanke kam, in einigen der Kisten könnten Bücher sein. Ich war in der Lage gewesen, die Schilder draußen zu lesen, sodass ich annahm, auch etwas Komplizierteres lesen zu können. Aber selbst, wenn es mir schwer fallen sollte – ich hätte auf jeden Fall etwas zu tun, wenn ich mit ihnen übte und versuchte, mich zu verbessern.
Es machte mich noch immer ein wenig traurig, dass ich hier eingesperrt war, aber während ich dort saß, durch ein Fotoalbum blätterte und mit der Hand über eine alte Patchworkdecke strich, musste ich mir eingestehen, dass ich, selbst wenn das Tor geöffnet gewesen wäre, nicht gewusst hätte, wohin ich hätte gehen sollen. Ich hatte keine Ahnung, was dort draußen eigentlich war. Dort konnten die verschiedensten Gefahren lauern – wilde Tiere, gewalttätige Menschen oder sogar Feuer. Mich schüttelte, als ich mich daran erinnerte, dass Will und Milton in der Nacht, als wir hierher gezogen waren, ein Feuer gemacht hatten. Es hatte mir fast so viel Angst gemacht, wie in Miltons Nähe zu sein. Während ich in sämtliche Kisten schaute, ging mir durch den Kopf, dass dieser Ort für eine Weile, vielleicht sogar eine lange Weile, ein wirklich schöner und sicherer Platz für mich sein konnte, an dem ich etwas über die Welt lernen konnte. Vielleicht würde ich später von hier fortgehen und andere Dinge sehen können, sobald ich mehr über Sicherheit gelernt hatte und wusste, wie man sich besser in der Welt bewegte – wenn sie mich denn ließen.
Ich blickte zur Seite, hinüber zu Milton und Will, versuchte jedoch, ihnen nicht zu zeigen, dass ich sie anschaute, sondern sie weiterhin in dem Glauben zu lassen, ich sei noch immer ganz auf die Dinge in dem Lagerraum konzentriert. Sie machten ihrerseits jedoch keinerlei Anstalten, zu verbergen, wie fasziniert sie jede meiner Bewegungen beobachteten.
»Wieso ist er anders als die anderen?«, fragte Will Milton leise. »Es ist, als ob er sich an Dinge aus der Zeit erinnert, als er noch normal war.«
Ich wusste nicht, was er damit meinte. Heute weiß ich zwar mehr, aber ich verstehe noch immer nicht alles, was passiert ist oder weshalb manche Menschen anders sind als andere. Ich erinnere mich nicht an genug, um es zu verstehen. Ich denke nach wie vor, dass ich normal bin, auch heute noch. Und dasselbe gilt für die anderen, die mit mir hier drin sind. Wir sind zwar anders als die Menschen, die sprechen können, aber wir unterscheiden uns auch alle untereinander, genauso wie sie sich alle voneinander unterscheiden. Ich mochte die Art nicht, wie sie mich ansahen und ständig davon sprachen, dass ich vollkommen anders sei oder dass irgendetwas mit uns nicht stimmte. Ich erinnerte mich daran, dass wir einige Menschen getötet und gegessen hatten, und vielleicht verdienten wir es tatsächlich, bestraft zu werden, aber da lag noch etwas anderes in der Art, wie sie über uns sprachen, und irgendetwas daran war einfach nicht richtig. Ich hatte das passende Wort vergessen, aber später las ich es in einem Buch – »Herablassung«. Es machte mich ein wenig wütend und ich fühlte mich dadurch beleidigt. Allerdings musste ich auch zugeben, dass die Frage, ob jemand sprechen konnte oder
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