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Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Titel: Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Paffenroth
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Fahrradausflug erzählt hatte, legten auch wir mit dem Wagen ziemlich schnell eine relativ große Strecke zurück und erreichten den äußersten Rand unseres Territoriums innerhalb einer Zeit, in der Mom und ich mit den Rädern nur eine viel kürzere Strecke geschafft hatten. Wir gelangten schließlich an eine Gruppe von Bäumen am Straßenrand, unter der zwei weitere Fahrzeuge parkten und mehrere Leute standen oder saßen. Dad lenkte den Wagen neben sie und stellte den Motor ab.
    Wir stiegen aus, während Milton in seiner weißen »Festtags«-Robe auf uns zukam. Es hatte mich seit jeher erstaunt, wie viel Energie er trotz seines Alters und des Lebens, das er führte, noch besaß – immerhin war er die meiste Zeit draußen unter den Toten und ernährte sich allein von der Natur. Unter den anderen erkannte ich zwei Wachteams, die den äußeren Zaun patrouillierten. So weit außerhalb der Stadt und wenn zu erwarten war, dass wir uns auch nach Einbruch der Dunkelheit noch dort aufhalten würden, trafen wir stets zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen. Außerdem hatten sich zwei Familien zu uns gesellt, deren Kinder im nächsten Jahr ihr Gelübde ablegen sollten – eine dieser Familien waren Max und seine Eltern.
    Milton lächelte mich an und legte eine Hand auf meine linke Schulter. »Herzlich willkommen, Zoey. Bitte entspann dich, so gut du kannst.« Dann wandte er sich den anderen Familien zu, um sie mit einzuschließen. »Das gilt auch für euch andere Kinder. Nichts hier soll euch Angst machen oder aus der Fassung bringen. Es soll euch nur etwas über die Welt beibringen, in der wir leben, über die Verantwortung, die wir darin tragen, und darüber, wie wir sie ehrfurchtsvoll erfüllen können – denn von all unseren Gefühlen ist die Ehrfurcht in unserer Welt das angemessenste und notwendigste. Und nun kommt bitte alle mit mir.«
    Wir folgten Milton geschlossen ein Stück in den Wald, meine Mom und ich an der Spitze der Gruppe direkt hinter ihm. Mein Dad hatte seine MP5-Maschinenpistole aus dem Wagen mitgenommen: Eine kleine, hässliche, rücksichtslose Waffe, mit der ich zwar noch nie trainiert hatte, aber wie bei jeder anderen Waffe auch kannte ich ihren Nutzen und ihre Fähigkeiten. In ihrem Fall lagen sie darin, dass sie innerhalb kürzester Zeit eine Menge Kugeln auf nahe Ziele abfeuern konnte. Dad warf sie sich über die Schulter. Die anderen Männer waren mit Maschinenpistolen oder Sturmgewehren ganz ähnlich bewaffnet – genau mit der Art von Waffen eben, die man sich wünschte, wenn man sich einer großen Gruppe von Toten gegenübersah.
    Man hatte mir die einzelnen Schritte der Zeremonie ausführlich erklärt, und als Vorbereitung hatte ich im Jahr zuvor außerdem eine besucht. Ich spürte einen eiskalten Stich in der Herzgegend, als das Stöhnen zu unserer Rechten begann, aber ich ließ mir kein einziges Zucken und keinen ihrer Schritte entgehen. Gleiches galt für meine Mom, sofern ich das beurteilen konnte, als ich sie aus dem Augenwinkel beobachtete.
    Das Stöhnen schwoll nicht an, während wir weitergingen, sondern blieb stets in derselben Lautstärke, sodass es eine eher gedämpfte, leise Geräuschkulisse bot. Nach und nach gab die Kälte mein Herz wieder frei, und ich fühlte allmählich genau das, was Milton beschrieben hatte: Ehrfurcht, nicht Furcht. Ich setzte meine Schritte langsam und bewusst und spürte dabei, dass, wenn überhaupt irgendetwas aufgrund seiner Kraft und Allgegenwärtigkeit Ehrfurcht verdient hatte, dies der Tod war, und er war es auch, der an diesem warmen Sommerabend nach uns rief – kontinuierlich und unablässig, aber dabei weder böswillig noch liebevoll, sondern nur mit vollkommener, geduldiger Unausweichlichkeit.
    Wir hielten auf einer kleinen Lichtung an, auf der sich ein großer, flacher Stein befand, der etwa die Größe eines kleinen, niedrigen Tisches hatte. Ein paar der Männer verteilten Fackeln und zündeten sie an. Die Abenddämmerung legte sich um uns. Mit jeder Minute, die verging, schlossen sich die Bäume scheinbar immer enger und enger um die Lichtung, auf der wir standen. Ich setzte mich auf den Felsen, und meine Mom stellte sich, den Blick in Richtung des Stöhnens, hinter mich. Anfangs glaubte ich beinahe, dort Umrisse zu erkennen, die sich bewegten, aber schon wenige Augenblicke später herrschte zwischen den Bäumen nur noch Dunkelheit, ganz gleich, wie sehr ich meine Augen auch anstrengte.
    Dann stellte sich Milton vor mich und richtete kurz das Wort an

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