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Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Titel: Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Paffenroth
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Marihuanablatt. Für mich war es das wunderbar skandalöseste Zimmer, das ich je gesehen hatte.
    Wir folgten Rachels lautem Stöhnen ins Schlafzimmer. Sie lag auf ihrem Bett, keuchend und schwitzend, und ihr Bauch war unglaublich riesig. Sie begrüßte uns nicht, sondern nickte uns nur kurz zu, während sie atmete und immer wieder Luft aus ihren aufgeblasenen Wangen presste. Sie warf den Kopf zurück, verzog das Gesicht zu einer Grimasse und stieß ein Heulen aus, das nach animalischen Qualen klang.
    Mom holte ein Handtuch aus ihrer Tasche und rollte es auf einer Truhe am Fußende des Bettes aus, sodass eine Reihe medizinischer Instrumente zum Vorschein kam. Sie zog ihre Gummihandschuhe an und reichte mir ebenfalls ein Paar, das ich überstreifte.
    »Ganz ruhig, Rachel«, sagte Mom, als sie Rachels Knie nach oben und nach hinten drückte und anschließend ihr langes Nachthemd bzw. T-Shirt bis zu ihrer Taille hochschob. Die Laken unter Rachel waren nass – ihre Fruchtblase war bereits geplatzt. Sie heulte erneut auf. Die Wehen kamen bereits sehr kurz nacheinander. Es würde bald vorbei sein.
    »Danke, dass du so schnell gekommen bist, Sarah«, konnte Rachel noch hervorpressen, bevor ihr Körper von einer weiteren Wehe erfasst wurde. »Ich weiß das zu schätzen.«
    »Natürlich. Du wusstest doch, dass ich komme.« Mom blickte Rachel in die Augen, während sie ihre Hand in sie einführte. »Du bist noch nicht weit genug geöffnet, also versuch, nicht zu pressen. Ich weiß, dass das schwer ist.«
    Rachel ließ eine weitere Wehe über sich ergehen. Auch dieses Mal hatte sie ihren Mund zwar geöffnet, blieb jedoch stumm, während sie versuchte, ihre unkooperativen Muskeln unter Kontrolle zu bekommen und dem Drang zu widerstehen, doch zu pressen. Sämtliche Medikamente, die dabei geholfen hätten, die Wehen einzuleiten oder zu hemmen, hatten längst ihr Verfallsdatum überschritten. Gleiches galt für Schmerzmittel. Manchmal bissen die Frauen auf irgendetwas, einen Gürtel oder ein zusammengerolltes Handtuch. Normalerweise warf Mom während jeder Schwangerschaft zweimal den Generator an, um einen Ultraschall zu machen, aber abgesehen davon gingen alle Geburten ohne große technische Einflussnahme ihren natürlichen Gang. Moms Aufgabe war es nun, Rachel weiter Mut zuzusprechen und darauf zu achten, wie weit der Muttermund geöffnet war.
    Miss Dresden begleitete fast jede Wehe mit einer Reihe von Flüchen, wobei sie die ganze Welt und sich selbst verfluchte, aber gemessen an den für Geburten üblichen Fluchstandards benahm sie sich ziemlich normal. Das Ganze ging noch eine Zeit lang so weiter, allerdings nicht annähernd so lange wie bei einigen schwierigeren Geburten, die ich bereits gesehen hatte. Nach weniger als einer Stunde war Rachels Muttermund komplett geöffnet, sodass sie pressen konnte. Mom holte das Baby und gab Rachel nebenbei Anweisungen, während ich mich bereit machte, es mit einem sauberen Handtuch in Empfang zu nehmen. Als das Köpfchen zu sehen war, erkannte ich jedoch, dass etwas nicht stimmte. Eine Schulter steckte fest, und das Baby war blassblau. Mom versuchte alles und sah mich eindringlich an. Eine Totgeburt war eine äußerst traumatische und gefährliche Angelegenheit, und ich war noch nie bei einer dabei gewesen – bis zu jenem Tag.
    »Was ist los?«, wollte Miss Dresden wissen, die unser verändertes Verhalten bemerkt hatte. »Stimmt was nicht?«
    Mom versuchte, die winzige Leiche aus ihrem Unterleib zu ziehen. »Dein Baby lebt nicht mehr, Rachel. Es tut mir so leid. Aber wir müssen jetzt schnell machen. Das weißt du. Press weiter. Zoey, mach dich bereit, die Nabelschnur durchzuschneiden.«
    Ich schnappte mir die Schere, die Mom mit den anderen Instrumenten mitgebracht hatte. Glänzender Edelstahl – ich hatte noch nie gern mit medizinischen Instrumenten hantiert und hätte dem öligen, schwarzen Glanz einer Waffe jederzeit den Vorzug gegeben. Sie schienen mir irgendwie menschlicher zu sein als diese glänzenden, makellosen Utensilien, die fremdartig und wie aus einer anderen Welt wirkten, so als seien sie einer Science-Fiction-Geschichte entnommen und auf unseren simplen, dreckigen, zerstörten Planeten geworfen worden.
    Miss Dresden stieß erneut ein Heulen aus, als sie presste, aber dieses Mal folgten ihm zwei kurze Schluchzer. Schließlich rutschte der winzige Körper aus ihr heraus. Mom hielt die Nabelschnur für mich hoch. Ich schnitt sie durch und war wieder einmal überrascht, wie

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