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Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Titel: Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Paffenroth
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Repertoire, aber ich akzeptierte es trotz seines ungewöhnlichen Klanges – so wie sie mein falsch aussehendes Lächeln akzeptierte –, weil ich wusste, welche Gefühle darin steckten. Wir blieben dort sitzen, während Will ein Stück stromaufwärts das gesamte Gras und die Stöcke zu einem Haufen aufschichtete. Er ließ sich daneben nieder und fuhr mit einem langen Messer über ein dunkles Stück Stein. Ich erschrak, als die Funken flogen, und als das Gras und der Zunder Feuer fingen und in leuchtend orangenen Flammen erstrahlten, spürte ich die Hitze und roch den Rauch, und mir fiel plötzlich wieder ein, wie sehr ich mich vor Feuer fürchtete. Neben mir kreischte Lucy kurz auf und ergriff meinen Arm.
    Will streckte die Hände in einer beruhigenden Geste von sich. »Hey, hey, ihr zwei. Schon okay. Es ist ganz weit weg, und ich passe auf, dass es nicht größer wird. Bleibt einfach ganz ruhig sitzen und genießt das Wasser.« Lucy und ich beruhigten uns wieder und nickten. Will holte einen großen Metallbecher aus seiner Jackentasche, tauchte ihn in den Fluss und stellte ihn dann an den Rand des Feuers. Mit einem größeren Zweig schob er etwas Glut unter den Becher. Während er wartete, dass das Wasser kochte, zog er seine Stiefel aus und hielt seine Füße in den Fluss. Ich bewegte meine Füße, um Lucy ein bisschen mit Wasser zu bespritzen. Sie ließ ihr seltsames Lachen erklingen, und Will stimmte ein.
    Dann holte er den Becher aus dem Feuer, indem er ein Stück Stoff als Topflappen benutzte, pustete auf das Wasser, bis es kalt genug war, und nahm einen Schluck. Es dauerte ein paar Minuten, bis er alles ausgetrunken hatte, da er, wie bei einer Tasse Tee, nur daran nippen konnte. Schließlich tauchte er den Becher erneut in den Fluss, kam durch das Wasser zu uns herüber und bot ihn mir an. »Ich schätze, ich hab noch nie einen von euch trinken sehen, aber möchtet ihr es mal versuchen?«
    Ich nahm den Becher. Er fühlte sich angenehm in meiner Hand an – kalt und glatt und irgendwie beruhigend. Es war ein großer Messbecher mit einem geschwungenen Metallband als Henkel. An der Seite war eine Skala mit kleinen Markierungen in das Metall geprägt, und ich fuhr mit dem Finger darüber, um sie wie Brailleschrift zu erfühlen. Ich hob den Becher an und ließ etwas Wasser in meinen Mund fließen. Es fühlte sich ganz anders an als damals, als ich versucht hatte, dieses schreckliche Ding zu essen, vollkommen anders. Es fühlte sich an, als sei ein Teil von mir in jenem Moment ein klein wenig lebendiger, so als sei er zuvor irgendwie defekt oder verletzt gewesen und sei nun geheilt. Ich wünschte mir, das Gefühl würde sich in meinem gesamten Körper ausbreiten, aber das tat es nicht. Ich schaffte es noch nicht einmal, das Wasser zu schlucken – das meiste ergoss sich über mein Kinn.
    »Versuch’s noch mal«, forderte Will mich überraschend geduldig auf. Ich hatte befürchtet, er würde über mich lachen. »Aber mach dieses Mal den Mund zu, wenn du zu schlucken versuchst.«
    Ich folgte seinem Rat und schaffte es tatsächlich, ein wenig Wasser zu schlucken. Das Gefühl war zwar nicht so intensiv wie in meinem Mund, aber es fühlte sich definitiv so an, als sei ein Teil in meinem Inneren nun vollständiger oder weniger zerbrochen als zuvor, auch wenn dieses Gefühl nur sehr schwach war und schnell wieder verflog. Ich reichte Lucy den Becher. Dank ihrer besseren Körperbeherrschung und Koordination waren ihre Versuche viel erfolgreicher als meine. Sie sah überrascht und freudig erregt aus und lächelte Will an, als sie ihm den Becher zurückgab.
    Wir blieben noch eine Weile sitzen, bevor Will das Feuer austrat und wir unsere Schuhe wieder anzogen. Langsam machten wir uns auf den Nachhauseweg.
    »Ich hoffe, es hat euch Spaß gemacht«, sagte Will, nachdem er die anderen ans andere Ende des Geländes gelockt hatte und wir durch das Tor schlurften. Er sah glücklicher aus als vorher, so als habe auch er den Ausflug sehr genossen. Das freute mich.
    Er verschloss das Tor. »Ihr zwei scheint mir schon in Ordnung zu sein – wie richtige Leute. Sogar besser als einige richtige Leute.«
    Es verwirrte mich jedes Mal, wenn er so von uns sprach, aber allmählich gewöhnte ich mich daran.
    »Ich hab noch was für dich.« Er zog eine bunte Hochglanzbroschüre hervor und steckte sie durch eine winzige Lücke im Zaun. Ich nahm sie und las das Cover: »Stony Ridge College – Wo Wissen und Charakter gemeinsam wachsen.« Ich

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