Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)
das nicht der Fall war. Trotzdem war ich überrascht, als er mich in den Magen trat. Es war einfach seltsam – nicht so obszön wie sein fetischistisches Spiel mit der Waffe. Außerdem wusste ich, dass er mich nicht so hart getreten hatte, wie er gekonnt hätte, also offensichtlich nicht die Absicht gehabt hatte, mich ernsthaft zu verletzen. Als ich jedoch zurücktaumelte, gekrümmt und nach Luft schnappend, wurde mir plötzlich klar, was dieser Tritt zu bedeuten hatte. Genau so traten manche Menschen einen Hund – sie benutzten beiläufige Gewalt, um jemandem, der kleiner oder schwächer war, zu zeigen, dass sie der Boss waren, dass sein Schmerz nur ihrer Belustigung diente und dass seine Bedürfnisse oder Gefühle so unwichtig und wertlos waren wie Luft oder Dreck.
Er beugte sich über mich – so nah, dass ich die blutige Gischt seiner Worte auf meiner Wange und meinem Ohr spüren und die Fäulnis seiner Zähne und des widerwärtigen, toten Dings riechen konnte, das er vor Kurzem gegessen hatte, was auch immer das gewesen sein mochte. »Ich glaube nicht, dass du alt genug bist, um zu verstehen, wie wahnsinnig steif ich deinetwegen schon bin, Schlampe, aber eins kannst du dir gleich mal merken: Das wird mich nicht davon abhalten, dein Gehirn über den ganzen Boden zu verteilen, wenn du nicht springst, wenn ich sage, dass du springen sollst. Und jetzt steh auf. Wir gehen.«
Als ich wieder auf den Beinen stand, stieß er mich aus der Tür, stellte sich dann hinter mich und schubste mich erneut, sodass ich in den heißen, trockenen Dreck vor unserer zerstörten Hütte fiel. Ich landete auf den Knien und kippte nach vorne, konnte mich aber mit der linken Hand abstützen. Ich blieb so und rang vor Wut und Beschämung nach Luft. Barts Schlag musste mir das Gesicht ein wenig aufgerissen haben, denn nun mischte sich das Blut mit meinem Schweiß und rann zu meiner Nasenspitze hinunter. Drei dicke Tropfen fielen in den Staub und färbten ihn in einem hässlichen, lieblosen Braun.
Kapitel 16
Will rannte die andere Straße hinunter und folgte den Reifenspuren, sodass Lucy und ich Mühe hatten, Schritt zu halten. Er gab uns eine Sekunde, um aufzuschließen. »Ich hab keine Zeit, euch zurück nach Hause zu bringen«, erklärte er. »Und ich will euch nicht alleine hier draußen lassen. Irgendjemand könnte euch sehen und erschießen. Es könnten euch sogar andere Zombies angreifen. Deshalb müsst ihr mit mir kommen. Und ihr müsst tun, was ich sage. Ich weiß nicht, was hier los ist, aber ich glaube, es ist nichts Gutes. Also folgt mir einfach und seid vorsichtig.«
Wir folgten weiter der Straße. Ein Stück entfernt erstreckte sich, so weit mein Auge reichte, ein Zaun von links nach rechts. Direkt vor uns war ein Teil des Zaunes entfernt worden. Dort waren die Reifenspuren ein einziges Durcheinander. Sie zweigten nach beiden Seiten ab und kreuzten den Pfad, der von dem Loch im Zaun wegführte, sowie die Straße, der wir gefolgt waren. Das Zaunstück selbst lag auf dem Boden, und die Stützstangen waren verbogen.
»Sieht so aus, als seien sie einfach mit einem großen Fahrzeug gegen den Zaun gerast und hätten ihn eingerissen«, sagte Will. »So als hätten sie ihn völlig grundlos zerstören wollen. Und dann sind sie zurückgekommen und weiter der Straße gefolgt.« Er sah uns an. »Das sind gute Menschen da drinnen. Und zu dieser Jahreszeit sind auch viele Kinder hier draußen. Sie sind alle bewaffnet und wachsam, aber die Farmen liegen ziemlich verstreut, und die Häuser stehen nicht sehr dicht beieinander. Außerdem rechnen sie nicht damit, dass Menschen sie angreifen, nur Zombies. Ich muss ihnen helfen. Könnt ihr versuchen, an mir dranzubleiben und mir zu helfen, falls ich euch brauche?«
Ich sah Lucy an, und wir nickten beide sofort. Will war so nett zu uns gewesen, dass ich mir, so erschreckend und unerwartet all dies auch war, überhaupt nicht vorstellen konnte, seine Bitte um Hilfe auszuschlagen, besonders nicht, wenn Menschen in Gefahr waren. Ich verstand zwar noch immer nicht, was hier möglicherweise vorging, aber wir folgten ihm trotzdem. Als die Straße und die Reifenspuren eine leichte Linkskurve machten, hielten wir geradeaus auf ein paar Bäume zu. Lucy und ich hatten Schwierigkeiten, sicher über all die Wurzeln und Zweige zu steigen. »Es ist nicht mehr weit«, flüsterte Will. »Seid leise.«
Links von uns hörte ich Stimmen, und wir bewegten uns ganz langsam weiter, bis wir den Waldrand erreicht
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