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Dylan & Gray

Dylan & Gray

Titel: Dylan & Gray Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Kacvinsky
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ernst. Bei den Boutiquen hat man das Gefühl, dass man erst auf einer Gästeliste stehen muss, bevor man sie betreten darf.«
    »Tja, willkommen in Phoenix«, meint er. Sein störrischer Blick sagt unmissverständlich, dass ich mir den verkehrten Einheimischen ausgesucht habe, wenn ich auf Entertainment aus bin. Ich schaue genauso störrisch zurück, denn da bin ich ganz anderer Meinung. Mein Gefühl sagt mir, dass seine Abenteuerlust nur verschüttet ist und sich wieder ausgraben lässt.
    »Hör mal zu, Dylan, ich unternehme nicht gerade viel. Ich bin der falsche Typ für so was.«
    Ich lächele ihn an. »Du bist genau richtig«, sage ich und springe aus dem Wagen, bevor er widersprechen kann. »Also dann, bis morgen.«
    Mit langen Schritten marschiere ich auf die gigantische Haustür aus polierter Eiche zu, die vergeblich versucht, mich einzuschüchtern … ebenso wie die gestutzten Buchsbäume und der dicke, grüne Rasenteppich inmitten der trockenen Wüstenhitze. Ich weiß, dass ich mit meiner ausgeleierten Jeans und der Sturmfrisur nicht zu diesem sterilen Plastikpalast passe. Aber das will ich auch gar nicht. Wenn man sich anpasst, macht man sich nur unsichtbar. Um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen, muss man sich ab und zu trauen, aus dem Rahmen zu fallen.

E rste Hürden
    Gray
    Am nächsten Nachmittag komme ich aus dem Eingang des Unigebäudes und da sehe ich sie bereits. Sie sitzt auf einer Bank des Campushofes und hat ihren Fotoapparat griffbereit an der Kordel um den Hals hängen, als sei sie eine Klatschreporterin, die nur darauf wartet, die VIP -Studenten des Mesa Community College abzulichten. Außerdem trägt sie die schon bekannten schwarzen Adidasschuhe, aber heute in Kombination mit einer grünen kurzen Outdoorhose und grauen Strümpfen, die sie bis zu den Knien hochgezogen hat. Als sie mich entdeckt, springt sie auf und kommt in meine Richtung geflitzt. Ich bin noch nicht einmal beim Fußweg angelangt, da steht sie schon vor mir. Müde blinzele ich ihr entgegen, als sie mich aus meinem Unterrichtskoma reißt wie ein morgendlicher Wecker. Ich bin nicht gerade begeistert.
    »Normale Menschen lassen es bei dieser Hitze etwas langsamer angehen«, stelle ich fest.
    »Hast du schon Pläne für heute?«, fragt sie mit einem wilden Funkeln in den Augen. Bevor mir eine Ausrede einfällt, nickt sie und sagt: »Ja, das habe ich mir schon gedacht.«
    Sie nimmt meine Hand und schwingt sie beim Gehen hin und her, als seien wir allerbeste Kindergartenfreunde. Während sie mich zu ihrem Auto zieht, lässt sie mich wissen, dass sie den Job des Freizeitplaners übernommen hat, da mir der nötige Enthusiasmus fehlt. Für heute steht eine Wanderung auf dem Programm. Ich reiße meine Hand los und frage sie, ob sie verrückt geworden sei.
    »Wir haben ungefähr hundert Grad im Schatten«, sage ich. »Schon mal was von Hitzschlag gehört?« Mit einem Lächeln meint sie, dass ich mir keine Sorgen zu machen brauche, weil sie Sonnenmilch dabei hat. Offenbar ist es sinnlos, an ihren gesunden Menschenverstand zu appellieren. Genauso gut könnte ich Chinesisch reden.
    Sie öffnet die Autotür ihrer rostigen Blechkiste.
    »Sei mal ein bisschen abenteuerlustig«, sagt sie. »Wenn du immer erst auf perfekte Bedingungen wartest, erlebst du nie etwas. Schau dir den Himmel an, Gray. Ist er nicht wahnsinnig schön? Perfekt, genau so wie er ist, und das wäre dir beinah entgangen.«
    Mit schmalen Augen starre ich auf den nackten blauen Himmel, der sich ohne den Hauch einer Wolke endlos über uns erstreckt wie ein tiefblauer Abgrund.
    »Außerdem haben wir nur vierzig Grad«, fügt sie hinzu. Widerwillig steige ich ein und setze mich in die Bruthitze ihres Wagens. Wir verlassen den Parkplatz und die Kupplung quietscht gefährlich. Das schwarze Leder der Gangschaltung ist abgerieben und das Auto rattert beim Beschleunigen auf dem Highway so widerspenstig, als würde uns gleich der Motor um die Ohren fliegen.
    »Gürkchen fährt nicht gerne über neunzig«, erklärt Dylan. Ich schaue sie mit erhobenen Augenbrauen an. Daraufhin bekomme ich zu hören, dass Gürkchen außerdem für Oldies schwärmt, am liebsten von Fords überholt wird und beim Bremsen glücklicher ist als beim Beschleunigen. Dylan drückt leicht den Fuß auf das Bremspedal und sofort beginnt der Motor zu schnurren. »Siehst du?«, fragt sie mit wissendem Lächeln.
    Ich stoße einen langen Seufzer aus und kann nicht glauben, dass wir uns über den Musikgeschmack

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