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Dylan & Gray

Dylan & Gray

Titel: Dylan & Gray Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Kacvinsky
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gekrochen, als hätte ich einen Riesenpickel auf ihrer Stirn entdeckt oder gefragt, wie viel Kalorien sie denn heute schon gefuttert hat. Das war der Moment, in dem ich endgültig den Respekt vor ihr verloren habe.
    Ich will damit nicht behaupten, dass ich besser bin als Amber. Wirklich nicht. Aber ich weiß, dass es dort draußen ein Mädchen gibt, das besser für mich ist.
    Ich lege ihr vorsichtig die Hand auf den Arm. »Jetzt hör mir mal zu … «
    »Gray!«
    Mit einem Seufzer drehe ich mich wieder zu Miles um.
    »Was?«
    Er arbeitet sich durch die Menge zu mir vor, wirft mir seinen Arm um die Schulter und hält mir das schnurlose Telefon entgegen. Anscheinend ist er ziemlich besoffen, denn er stützt sich auf mich und brüllt in voller Lautstärke, obwohl er nur zehn Zentimeter von meinem Ohr entfernt ist.
    »Hey Mann, die redet total irres Zeug! Ich habe gefragt, wer sie ist, und sie wollte, dass ich ihren Namen rate. Als ich die Antwort nicht wusste, hat sie irgendwas über Nixen und Nymphen erzählt. Echt freakig, sag ich dir.«
    »Hä?« Das klingt nicht nach meiner Mom. Dann plötzlich geht mir ein Licht auf. Ich reiße Miles den Hörer aus der Hand und mein Herz schlägt wie verrückt. Als ich noch einen Blick auf Amber werfe, ist sie kurz vorm Explodieren.
    »Wir reden gleich, okay?«, sage ich. »Gib mir nur ein paar Minuten.«
    »Du bist so ein Arschloch«, kreischt sie und schlägt nach mir, aber ich habe mich schon halb abgewandt und weiche ihrem Gefuchtel aus. Mit dem Hörer in der Hand renne ich die Treppe hoch. Bei dem Gedanken, wen ich endlich in der Leitung habe, schießt mein Adrenalinspiegel in unbekannte Höhen. Ich erreiche mein Zimmer, schließe die Tür fest hinter mir und gehe hinaus auf die Feuertreppe. Kühle Herbstluft hüllt mich ein. Ein leichter Nebel wabert zwischen den Häusern hindurch und erinnert an Weihrauchschwaden. Ich drücke den Hörer ans Ohr.
    »Hallo?«, sage ich. Sie ist es tatsächlich.
    Dylan
    Ich höre seine Stimme, mein Puls beschleunigt sich, und alle Erinnerungen sind plötzlich wieder da. Vielleicht hätte ich doch nicht anrufen sollen. Wenn man der Versuchung nachgibt, die Vergangenheit wiederzubeleben, muss man immer befürchten, dass sie sich auch in die Zukunft einmischt.
    »Hi«, sage ich.
    »Dylan?«, fragt er, obwohl er weiß, dass ich es bin. Ich habe den Verdacht, dass er nur meinen Namen aussprechen will.
    »Du solltest deinen armen WG -Kumpel über mich aufklären. Ich habe ihn wohl ein bisschen erschreckt.«
    »So reagiert er immer auf Frauen.«
    »Ich störe dich bei einer Party, oder?«, frage ich.
    »Du störst mich bei gar nichts«, erwidert er und kommt gleich auf den Punkt. »Warum hast du nicht früher angerufen?«
    Ich erstarre. Ganz so schnell hatte ich diese Frage nicht erwartet. Überhaupt kein Small Talk?
    »Ich dachte, wir könnten vielleicht erst das Eis brechen, indem wir über das Wetter in unseren Ecken von Amerika reden«, sage ich. »Oder vielleicht über Roller Derby als nächste olympische Disziplin?«
    Auf der anderen Seite der Leitung höre ich ein genervtes Schnauben. Okay, anscheinend nicht.
    »Ich halte nichts von Small Talk«, sagt er und ich nicke zustimmend. Damit hat er völlig recht. Das ist eine der Eigenschaften, die ich an Gray so mag. Wenn man sich erst einmal durch die Eisschicht gebohrt hat, ist er ein stilles Wasser mit ungeahnten Tiefen.
    »War das alles für dich nur ein Flirt?«, fragt er.
    »Du kommst wirklich gleich zur Sache.«
    »Für mich war es mehr als ein Flirt. Dieser ganze Sommer … Ich habe das total ernst gemeint. Aber ich habe auch keine Lust, das Warten unnötig in die Länge zu ziehen. Also, was geht in deinem Kopf vor?«
    Ich kann die Anspannung in seiner Stimme hören, eine Mischung aus Ärger, Schmerz und sehr viel Frustration. Mir ist klar, dass er wieder Schlafprobleme hat und ich habe ein schlechtes Gewissen. Ich komme mir vor, als hätte ich ihm ein paar notdürftige Schwimmzüge beigebracht, nur um ihn dann untergehen zu lassen.
    »Ich weiß«, antworte ich, obwohl ich selbst nicht sicher bin, was ich damit sagen will. Ich kann mich kaum noch erinnern, wie ich das Gespräch geplant hatte oder warum ich überhaupt angerufen habe. Alles vermischt sich zu einem wirren Durcheinander. Inzwischen ist so viel Zeit verstrichen. Ich hatte mir eingebildet, der Anruf würde leicht werden. Wir könnten uns gegenseitig die Highlights unseres Lebens erzählen, ohne allzu sehr in die Tiefe zu gehen …

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