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Dynamit im Kofferraum

Dynamit im Kofferraum

Titel: Dynamit im Kofferraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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und wo die Bremse.“
    Priske stöhnte.
    Wratzka war nur 159 cm groß,
behauptete aber, er sei einssiebenundsechzig. Übersehen konnte man ihn nicht —
trotz seiner Kurzwüchsigkeit. Sein runder Schädel mit den Augenwülsten
erinnerte an einen Gorilla. Der Hals war fast dicker als der Kopf und muskulös
wie ein Fußballspieler-Oberschenkel. Wratzkas Brust und Schultern paßten in
keine Jacke.
    Der Möbeltransporter rollte
durch eine Senke.
    Wratzka hatte sich das Fahrzeug
geborgt — von seinem Freund Siddel, dem Umzugs-Spezialisten. Dessen Adresse
stand weißschriftig auf den Türen. Aber Wratzka hatte diese Aufschrift mit
Folie überklebt und auch die Nummernschilder ausgetauscht — gegen geklaute.
Geklaut von einem Leichenwagen, als der vor dem Westfriedhof parkte.
    Von der Anhöhe kam ihnen ein
Motorradfahrer entgegen, vermummt in schwarzes Leder, astronautisch behelmt.
    „Da kommt Siegbert“, sagte
Priske.
    Wratzka hielt.
    Siegbert Schnödel, dritter
Ganove im Bund, stoppte auf Priskes Seite, nahm den Helm ab und grinste zum
Fenster hoch.
    „Da bin ich“, erklärte Schnödel
mit seiner quakigen Stimme.
    Er war weizenblond, hatte
schwarze Brauen und babyblaue Augen. Von weitem sah er aus wie ein Sonnyboy.
Aus der Nähe fielen zuerst die gedunsenen Züge ins Auge, die breitgeklopfte
Nase, das Narbengeflecht um die Augen. Schnödel war Berufsboxer gewesen und
hatte jetzt ein Gesicht wie ein Mülleimer. Schnödel boxte nicht mehr. Die
Leichtgewicht-Klasse zog keine Zuschauer an. Außerdem hatte er von 29 Kämpfen
27 verloren. Auch im wirklichen Leben war er eine Lusche. Aber er war
rücksichtslos und ohne Gewissen, weshalb Priske ihn beschäftigte bei diesem
Coup und — in Planung — bei weiteren.
    „Und?“ fragte der Hausdetektiv.
    „Habe alles überprüft. Wir
haben freie Hand. Alle Anwohner sind weg, Emrod ist nicht zu Hause, kein Jogger
zu sehen, kein Mountain-Biker, kein Wanderer. Wir sind völlig allein.“
    „Gib weiterhin acht!“ sagte
Priske und schloß das Fenster. Schnödel fuhr um den Transporter herum und
zurück zum See.
    Wratzka folgte.
    Über Felder und Wiesen strich
ein kühler Wind. Am Waldrand hockten Krähen und Dohlen. Die Ahornbäume hatten
sich bunt gefärbt.
    Aber die Ganoven hatten kein
Auge für die Schönheit der Natur.
    Priske war nervös. Dauernd
stieß Wratzka ihn an mit seiner überbreiten Schulter. Dieser klotzige Gnom! Er
saß auf zwei Kissen, weil er sonst nicht übers Lenkrad hätte sehen können.
Dadurch verlängerte sich der Weg zu den Pedalen. Zum Bremsen oder Kuppeln stand
Wratzka jedesmal auf.
    In der Mulde vor ihnen lag der
Lurchwannen-See.
    Der Wind kräuselte die Wellen.
Die untergehende Sonne pinselte eine Kupfer-Patina auf das Wasser.
    Priske sah Schnödel. Der war
weit voraus, fuhr jetzt an den drei Grundstücken vorbei und weiter zur Bucht
Brachsenhöhle.
    Der Bullterrier! dachte Priske.
Gleich haben wir ihn.
    Schließlich fuhren sie auf der
schmalen Privatstraße am See und hielten vor Emrods Anwesen.
    Schnödel wartete schon, hatte
das Tor geöffnet und bewegte die Arme wie ein Verkehrspolizist.
    Die Einfahrt war breit, der
Vorplatz des Hangars groß.
    Wratzka lenkte den
Möbeltransporter rückwärts hinein.
    Für einen, der keinen
Führerschein hat, machte er seine Sache gut und natürlich im Stehen.
    Dann schwieg der Motor, und die
beiden stiegen aus.
    Schnödel hatte das Tor zum Hangar
untersucht.
    „Drei Stahlketten“, sagte er
und trat gegen eine. „Emrod denkt wohl, seine Oldtimer reißen aus — hahahaha.“
    Keiner der andern lachte.
    Wratzka griff hinter den
Fahrersitz, wobei er natürlich hinaufsteigen mußte, und holte einen
Bolzenschneider hervor, der fast so lang war wie er selbst.
    „Geh mal aus dem Weg,
Siegbert!“
    Wratzka setzte sein Werkzeug an
und durchtrennte eine Stahlkette wie eine Papiergirlande.
    Klirrend fielen die
Kettenglieder zu Boden. Dann waren die anderen Ketten an der Reihe.
    Priske rieb sich die Hände. Er
schwitzte. Der Zagato! Zwei Millionen, mindestens, würde Neppler über den Tisch
schieben — in bar, selbstverständlich. Irre!
    Schnödel öffnete das Tor; und
aus dem metallisch riechenden Halbdunkel des Hangars starrten die millionenschweren,
Uralt-Blechkutschen mit Scheinwerfern wie Augen, einfach oder doppelt.
    Die Ganoven starrten zurück.

     „Das reinste Oldtimer-Museum“,
meinte Wratzka.
    „Warum nehmen wir nur einen?“
fragte Schnödel und lachte. „Passen zwei in den Möbelwagen?“
    Da standen:

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