Dynamit im Kofferraum
liefen zu ihm, aber
offenkundig in friedlicher Absicht. Sie kannten ihn. Doch getätschelt wurden
sie nicht.
Der Mann stürzte herein.
Aha! Der Emrod, dachte Tim.
Der Krösus vom Lurchwannen-See
war nicht älter als 30, hatte hängende Schultern, an denen dünne Arme
baumelten, was durchaus zu der eingesunkenen Hühnerbrust paßte. Der Eierkopf
war oben völlig kahl, aber in Ohrenhöhe umgab ihn ein Kranz bräunlicher Haare.
Vor dem Streberleichen-Gesicht schaukelte eine große Hornbrille.
„Was ist los?“ rief er. „Was
machst du auf dem Wagen? Was geht hier vor? Wieso ist das Tor offen?“
Gott sei Dank! dachte Tim.
Emrod war also nicht mit dem Zagato unterwegs.
„Wir mußten uns in Sicherheit
bringen“, erklärte der TKKG-Häuptling, weil Ihr Nachbar die Hunde auf uns
gehetzt hat. Er hält uns für Einbrecher, irrtümlicherweise. Aber die Ketten
waren schon aufgebrochen, als wir kamen.“
„Was? Wie? Warum sprichst du
eigentlich in der Mehrzahl?“
„Ich spreche von mir und meinen
Freunden. Sie sitzen hinten im Fond, direkt unter mir, zu dritt.“
Emrod kam näher und rückte an
seiner Brille.
„Tatsächlich“, meinte er, „ein
Mädchen und zwei Jungs. Die Hunde gehören Herrn Meier. Hier achtet jeder auch
auf die Häuser der andern. Aber wieso seid ihr...“
Er stockte und starrte nach
rechts.
Gleich trifft ihn der Schlag,
dachte Tim und sagte rasch: „Erschrecken Sie nicht! Der Zagato ist weg. Das
bedeutet also: Die Einbrecher haben ihn gestohlen. Wir wußten nicht, ob Sie
vielleicht mit dem Wagen unterwegs sind. Eine nicht auszuschließende
Möglichkeit. Die aber zum Glück nicht zutrifft, denn wegen des Zagatos sind wir
hergekommen aus der Stadt.“ Emrod griff sich mit beiden Händen an den Kopf.
Hinter der Brille wurden seine Augen zu Ping-Pong-Bällen.
„Der... Wagen... der Zagato...
ein Vermögen habe ich für ihn... o nein!“
In diesem Moment erschien der
Hundehalter Meier auf der Bildfläche.
Emrod ging, nein — stolperte —
ihm entgegen. Sie redeten miteinander, leise. Tim konnte nichts verstehen. Sie
sahen her. Meier gestikulierte. Emrod schüttelte den Kopf. Der Nachbar zuckte
die Achseln und pfiff seinen Hunden. Emrod drückte ihm dankend die Hand. Hektor
und Satan trollten sich zu ihrem Herrchen. Emrod kam zurück.
„Die Polizei ist unterwegs“,
erklärte er. „Das — nur für den Fall, daß du lügst.“
„Ich sage die Wahrheit“, sagte
Tim und sprang vom Dach herunter. „Aber Ihr Nachbar ist ein sturer Kerl. Man
kann’s auch übertreiben.“
Tims Freunde stiegen aus. Die
TKKG-Bande stellte sich namentlich vor. Gaby fügte an, sie sei die Tochter von
Kommissar Glockner, der ja in der nahen Großstadt kein Unbekannter war — als
Ganovenjäger.
„Wir müssen jetzt unter zehn
Augen reden“, sagte Tim, „bevor die Polizei antanzt. Denn die heiße Sache,
wegen der wir hier sind, soll noch nicht ausposaunt werden. Einerseits — weil
es vielleicht nur ein Hirngespinst ist. Andererseits — weil wir unsere
Informantin schützen wollen, für die sonst persönlicher Nachteil entstehen
könnte. Deshalb müssen wir Sie vorher fragen, Herr Dr. Emrod: Werden Sie
Stillschweigen und die Sache zunächst mal unter uns fünfen lassen? Wenn ja —
und darauf geben Sie uns Ihr Wort — , lassen wir’s raus. Wenn nein — sagen wir
gar nichts, sondern verabschieden uns.“
Emrod wirkte aus der Nähe noch
milchbubihafter. Aber die Augen blickten wach und intelligent.
„Um was für eine
Fürchterlichkeit geht es denn? Mache ich mich strafbar, wenn ich sie
geheimhalte?“
„Absolut nicht. Gabys Vater
wird nachher sowieso alles erfahren. Aber nur er.“
„Also gut, ich verspreche es.“
Tim streckte die Hand aus.
Emrods Rechte fühlte sich an
wie ein zu heiß gebadeter Fisch.
„Möglicherweise“, berichtete
Tim, „enthält der Zagato eine brisante ( hochexplosive )
Sonderausstattung. Nämlich Dynamit im Kofferraum. Eine Höllenmaschine. Sie
verstehen? Die explodiert, wenn der Wagen Tempo 200 überschreitet. Vorhin haben
wir das erfahren. Und sind gleich hergekommen. Um Sie davor zu bewahren, daß
Sie sich in Staub verwandeln auf einer Rennstrecke wie der Autobahn.“
Emrod glotzte. Sein Mund stand
offen. Die schiefstehenden Zähne schienen zu zittern.
„Ist... das wahr?“
„Wissen wir nicht. Vielleicht
ja, vielleicht nein. Sagte ich bereits. Aber bei einer so mordsgefährlichen
Sache gehen wir immer auf Nummer Sicher. Nun ist die Situation noch
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