Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dystopia

Dystopia

Titel: Dystopia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lee
Vom Netzwerk:
Bewusstsein verlor.

40
    Er kam zu sich. Dämmerte wieder weg. Riss sich mit aller Macht zusammen, um halbwegs bei Bewusstsein zu bleiben. Sein Kopf tat höllisch weh.
    Er lag auf einer dünnen, kratzigen Auslegeware. Darunter rumpelte irgendetwas. Der Nebel in seinem Kopf lichtete sich ein wenig, und ihm wurde klar, dass das Rumpeln von einer sich drehenden Radachse stammte.
    Er schlug die Augen auf. Er lag auf dem Boden eines Geländewagens, gefesselt. Dort, wo sich sonst die Rückbank befand, die entfernt worden war, um eine Ladefläche zu schaffen. Der Wagen befand sich noch in der Stadt. An dem Fenster über ihm glitten die Fassaden hoher Gebäude vorbei, aus Stahl und Beton und Backstein.
    Auf den Sitzen vor ihm hörte er Finn und mindestens zwei Männer miteinander reden. Dann hörte er das Rauschen eines Funkgeräts, und gleich darauf erteilte Finn jemandem in einem anderen Fahrzeug – vielleicht auch mehreren Leuten in mehreren Fahrzeugen – die Anweisung, die I-495 zu nehmen. Eine Minute später schob sich das Dach eines Tunnels ins Blickfeld, und die Stadt war nicht mehr zu sehen. Das Summen der Reifen auf dem Asphalt hallte vernehmlich in dem abgeschlossenen Raum wider.
    Travis horchte angestrengt. Fügte aus den Bruchstücken, die er von dem Gespräch zwischen Finn und den anderen mitbekam, zusammen, was sich zugetragen hatte. Sie hatten ihn in bewusstlosem Zustand durch die Ruine von Garners Wohnhaus nach unten geschleppt und ihn noch zwei Straßenzüge weiter getragen, bis zu einer Stelle, wo sie gefahrlos durch die Iris in die Gegenwart zurückkehren konnten – in einer Privatgarage. Paige und Bethany hatten sie nicht erwischt. Als Finn und seine Leute unten im Erdgeschoss des Gebäudes ankamen, waren die beiden längst verschwunden.
    Die Kolonne von Geländewagen fuhr lange Zeit auf der Autobahn dahin. Travis gab es irgendwann auf, noch den Überblick behalten zu wollen.
    Finn tätigte einen Anruf. Sein Handy war zwar nicht auf Lautsprecher gestellt, aber über das Motorgeräusch hinweg konnte Travis hören, wie es viermal klingelte, ehe sich eine Mailbox meldete.
    «Audra, ich bin’s», sagte Finn. «Hier ist fürs Erste alles bereinigt, so weit wie möglich zumindest. Ich müsste in etwa acht Stunden vor Ort sein. Ich melde mich noch mal vom Flugzeug aus.»
    Er beendete das Telefonat.
    Travis sann über das soeben Gehörte nach. Audra. Sie lebte also noch. Was eigentlich gar nicht so verwunderlich war. Nach der Erkenntnis, die ihm vor nicht allzu langer Zeit in Garners Wohnung gekommen war, hätte er das beinahe schon erraten können.
    Einige Minuten später fuhr die Fahrzeugkolonne von der Autobahn ab. Nachdem sie eine Weile dahingefahren und auch ein paarmal abgebogen waren, machten sie schließlich halt. Eine der vorderen Türen des Wagens, in dem Travis sich befand, wurde geöffnet und wieder geschlossen. Der Fahrer ließ den Motor laufen. Schritte kamen um das Fahrzeug herum, und dann wurde die Heckklappe geöffnet. Travis hörte das Heulen von Flugzeugtriebwerken, die ganz in der Nähe gerade gestartet wurden.
    Finn beugte sich herein und starrte auf ihn hinab. Er hatte den noch übrig gebliebenen Zylinder unter den Arm geklemmt. Im Schein der Innenbeleuchtung war zu erkennen, dass dem Mann irgendetwas zu schaffen machte.
    «Was Ihnen in etwa einer Stunde zustoßen wird», sagte Finn, «verabscheue ich mehr als alles andere auf der Welt. Ich wollte wirklich, es ließe sich vermeiden. Aber das geht leider nicht, nicht diesmal. Es steht zu viel auf dem Spiel. Ich muss erfahren, was genau Sie alles wissen und mit wem sonst Sie noch gesprochen haben. Also kooperieren Sie bitte mit den Leuten, die Sie verhören werden. Diese Männer wissen sofort, ob Sie lügen oder die Wahrheit sagen. Und auf die Weise ist es auch schneller vorbei.»
    Finn blickte Travis ein Weilchen schweigend an.
    «Es tut mir leid», sagte er schließlich. Es klang durchaus aufrichtig. Dann schloss er die Heckklappe wieder, schlug zweimal mit der Faust aufs Dach und ging davon.
    Durch die Seitenfenster sah Travis Autoscheinwerfer aufleuchten, als zwei andere Fahrzeuge rückwärts aus Parkbuchten ganz in der Nähe setzten und vorausfuhren. Der Wagen, in dem er sich befand, fuhr ebenfalls los und folgte ihnen. Wenige Minuten später befanden sie sich erneut auf der Autobahn.

41
    Fünfzig Sekunden, ehe die Wagenkolonne von den ersten Schüssen getroffen wurde, dachte Travis an Paige und Bethany. Schon seit einer Stunde

Weitere Kostenlose Bücher