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Dystopia

Dystopia

Titel: Dystopia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lee
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Seite auf den Grund gehen zu wollen. Die Mitarbeiter des Ritz, überlegte Travis, hatten in ihrem Haus über die Jahre mit Sicherheit schon die verrücktesten Sachen gesehen und erlebt. Aber es bestand wirklich kein Grund, das jetzt noch irgendwie zu toppen.
    Bethany hinter ihm erriet offenbar, was ihm gerade durch den Kopf ging. «Ich habe die Iris so positioniert, dass sie von außen nicht zu erreichen ist.»
    Er richtete sich wieder im Zimmer auf und sah sie an. «Die Iris?»
    Sie deutete auf die Öffnung und zuckte die Achseln. «Ich habe ihr einen Namen gegeben.»
    «Und wieso Iris?»
    «Sehen Sie hin, was passiert, wenn man sie schließt.»
    Travis trat von der Öffnung weg, während Bethany zu dem Zylinder ging. Als sie ihn vorhin in der Suite abgeschaltet hatte, war er nicht dabei gewesen, weil er bereits unterwegs gewesen war.
    Bethany drückte auf den AUS -Knopf, und die runde Öffnung zog sich zusammen wie früher das Bild auf einem alten Fernsehgerät. Oder auch wie eine Iris, die auf einmal hellem Licht ausgesetzt ist. Sie schnurrte zu einem winzigen Punkt zusammen und war dann verschwunden.
    Bethany zuckte abermals die Achseln. «Iris.»
    «Okay.»
    Sie schaltete den Zylinder wieder an.
    «Haben Sie auch den dritten Knopf mal ausprobiert?», fragte Travis.
    «Ja.»
    «Und, was bewirkt er?»
    «Ungefähr das, womit man rechnen konnte.»
    Er nickte. Nachdem sie der Funktionsweise der Entität auf den Grund gegangen waren, hatte er vermutet, dass der dritte Knopf mit der Bezeichnung AUS ( TRENNEN / VERZÖGERN –93  SEK .) dafür sorgte, dass die Öffnung bei ausgeschaltetem Zylinder noch 93 Sekunden lang geöffnet blieb – getrennt von dem Lichtstrahl, durch den sie erzeugt worden war.
    Bethany drückte auf den Knopf.
    Etwa fünf Sekunden lang wurde der Lichtstrahl merklich heller und intensiver. Travis meinte zu verstehen, warum: um die Öffnung, die Iris, mit einem Schwall zusätzlicher Energie zu speisen. Ausreichend Energie, um sie 93 Sekunden lang aufrechtzuerhalten. Dann erlosch das Licht, und die Iris blieb aus eigener Kraft geöffnet.
    «Schauen Sie.» Bethany legte die Hand um den Zylinder und bewegte ihn nach links und rechts. Die Iris verharrte an Ort und Stelle, ohne sich mitzubewegen.
    «Wozu mag das gut sein?», sagte Travis. «Welchem Zweck sollte es dienen, die Schließung der Iris um anderthalb Minuten zu verzögern?»
    Bethany zog die Augenbrauen in die Höhe und schüttelte den Kopf. Auch sie hatte keine Ahnung.
    Travis dachte nur kurz darüber nach. So interessant diese Funktion auch war, eine Situation, in der sie Wert darauf legen könnten, die Iris erst mit Verzögerung zu schließen, konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen. Schon eher konnte er sich alle möglichen Lagen vorstellen, in denen es darauf ankam, die Iris schnellstmöglich zu schließen, was mit dem AUS -Knopf ja problemlos zu erledigen war.
    Er ging zu dem Seesack hinüber, öffnete ihn und machte sich daran, die Flinte zusammenzusetzen.
     
    «Sie müssen nicht mitkommen», sagte Travis.
    Einige Minuten waren verstrichen. Er hatte die fertig zusammengesetzte und geladene Remington auf den Rücken geschnallt und stand an der Iris, die Hände um das robuste Seil gelegt, das mit einem Ende am Fuß eines Drehhockers an der Zimmerbar vertäut war. Der Sockel bestand aus massivem Stahl und war, wie Travis nach einer kurzen Belastungsprobe befunden hatte, mehr als genug stabil. Das Seil zog sich von dort aus quer durchs Zimmer und baumelte über den Rand der Iris drei Stockwerke hinab in die Tiefe, bis hinunter zu den korrodierten Trümmern der eingestürzten Hotelecke. Ebenjener Drehhocker lag jetzt wahrscheinlich irgendwo dort unten, vollkommen verrostet mittlerweile.
    Bethany lehnte neben ihm und blickte zwischen den Bäumen umher. Der Wald ringsum war erfüllt von Vogelgezwitscher. Spatzen. Rotschulterstärlinge. Es klang wie in jedem beliebigen Waldgebiet irgendwo im heutigen Amerika.
    «Zwei Schützen sind besser als einer», sagte sie.
    «Können Sie denn schießen?»
    Sie nickte. «Auf Anordnung meines früheren Arbeitgebers musste ich immer eine Pistole mit mir führen und regelmäßig meine Schießkünste üben. Aus Sicherheitsgründen, weil ich natürlich über viel hochgeheimes Wissen verfügte.»
    «Sind Sie auch schon mal ein Seil hochgeklettert?»
    «Ja, im Sportunterricht an der Junior High. Sonderlich gut war ich nicht, zugegeben, was aber vielleicht an der mangelnden Motivation

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