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E-Bike Tour de Suisse (German Edition)

E-Bike Tour de Suisse (German Edition)

Titel: E-Bike Tour de Suisse (German Edition)
Autoren: Eric Lesgrandes
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zum Unterstellen‘, denkt er. Als er das Velo erreicht hat, stellt er fest: Es ist die junge Frau, die ihn auf der Solarfähre mit „Bonjour“ begrüßt hat.
    Es wäre ungehörig, sie einfach ohne Gruß unter Ausnutzung der Kraft seines E-Bike Motors zu überholen und sich an ihr vorbei zu schleichen. Unhöflich will Martin zu einer so hübschen jungen Frau nun ganz gewiss nicht sein. Jetzt, auf dieser einsamen Strecke, wird er sie ansprechen. Er ruft ihr in seinem besten Französisch zu: „Est-ce que vous permettez que je vous pousse un peu?“ Schließlich hat er ja ein Semester in Paris studiert, da merkt man ihm seinen deutschen Akzent nicht sofort an und man versteht ihn auch gut, meint er zumindest.
    Sie stoppt, und auch Martin hält an. Sie ist offensichtlich unangenehm überrascht und antwortet mit lauter und erregter Stimme. „Qu'avez-vous dit?!“ Sie steigt von ihrem Velo ab und schaut ihn verärgert von oben bis unten an. Sie geht ohne weitere Worte auf ihn zu und schlägt mit je einem kräftigen Schlag ganz gezielt zuerst auf seine linke, dann auf seine rechte Wange. Martin ist sprachlos und verwirrt. Er ist sich keiner Schuld bewusst. ‚Ist diese Frau nicht normal?‘, fragt er sich, ‚dass sie einem Mann gleich Ohrfeigen austeilt, der er es wagt, sie anzusprechen?‘.
    Martin fängt an zu stottern. So gut ist sein Französisch ja nun auch wieder nicht, dass er in dieser Sprache seiner Verwunderung und Verärgerung Ausdruck verleihen kann. Schließlich spricht er deutsch. „Was ist denn los? Was habe ich denn getan? Ich wollte Ihnen nur helfen, dass Sie schneller vorankommen. Ich habe ein E-Bike mit Elektromotor, da geht es leichter. Und vielleicht wissen Sie einen Platz, wo wir uns vor dem Gewitter unterstellen können?“
    „Ah, excusez, vous êtes allemand?“ Sie versteht ihn offensichtlich in der deutschen Sprache besser als in seinem nicht mehr ganz taufrischen Französisch. In dieser Gegend spricht jeder gebildete Mensch deutsch und französisch perfekt. „Excusez, ich wusste nicht, dass Sie Deutscher sind. Ich habe Sie missverstanden.“
    Nach einer kleinen Pause fährt sie fort. „Bitte verstehen Sie, was Sie gesagt haben ist sehr unanständig, wenn ein Franzose oder ein französisch sprechender Schweizer dies sagt. Aber Sie haben sich vermutlich missverständlich ausgedrückt oder ich habe Sie falsch verstanden.“
    „Wieso denn“, fragt er sie, „ist pousser denn ein unanständiges Wort? Ich dachte, das heißt auf Deutsch schieben oder stoßen. Stimmt das nicht? Und ist das unanständig?“ „Pas du tout“, antwortet sie ihm. „Ich habe baiser verstanden. Und das ist wirklich sehr unanständig.“
    „Was heißt denn ‚baiser‘?“, fragt Martin. „Ich kenne dieses Wort gar nicht. Was heißt das auf Deutsch?“.
    „Il n'est pas nécessaire de connaître ce mot. Wenn Sie dieses Wort nicht kennen, macht das gar nichts, es ist besser, man kennt dieses Wort nicht. Ich entschuldige mich in aller Form für meine Überreaktion und bitte um Verzeihung.“ Sie zögert etwas und wartet auf seine Antwort.
    Schließlich wiederholt sie ihre Entschuldigung. „Je m’excuse. C’est d’accord?“
    „Na klar nehme ich die Entschuldigung an“, antwortet er, „aber nur unter zwei Bedingungen.“
    „Quelles sont ces conditions? Und die wären?“, fragt sie kritisch zweifelnd.
    „Erstens sollten wir uns als sportliche Velofahrer duzen, und zweitens will ich wissen, was baiser eigentlich heißt.“
    „D‘accord“, sagt sie und schaut ihn dabei grinsend an. „Das mit dem Duzen ist OK, ich heiße Emmanuelle, und du?“
    „Ich bin Martin“, antwortet er. Martin zögert, um ihr Gelegenheit zum Weiterreden zu geben. Als sie nichts sagt, fährt er fort. „Und was heißt nun baiser?“
    „Il semble qu'on va avoir un orage. Wäre es nicht besser, wenn wir uns beim Weiterfahren unterhalten?“, fragt sie ihn statt einer Antwort. „Das Gewitter wird nicht mehr lange auf sich warten lassen.“
    „Einverstanden“, antwortet Martin darauf.
    Sie steigen auf ihre Velos und fahren nebeneinander her, so dass sie miteinander reden können. Emmanuelle erzählt ihm, dass sie nach Biel fährt, um dort über die Nacht in die Bundesfeier, den Schweizer Nationalfeiertag hinein zu feiern.
    Es blitzt und donnert. Kräftige Regentropfen fallen herab.
    Martin drängt zur Eile. „Wir müssen ganz schnell einen Platz zum Unterstellen suchen. Es wird nicht mehr lange dauern, bis es Katzen und Hunde auf
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