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E-Bike Tour de Suisse (German Edition)

E-Bike Tour de Suisse (German Edition)

Titel: E-Bike Tour de Suisse (German Edition)
Autoren: Eric Lesgrandes
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den Kopf. Wenn er ‚pousser‘ gesagt und sie ‚baiser‘ verstanden hat, so hat sie ihn vielleicht nur deshalb missverstanden, weil sie bei Tag und bei Nacht immer nur an ‚baiser‘ denkt. Offensichtlich scheint ihr da etwas zu fehlen. Ihr Verhalten ist schon sehr merkwürdig. Hat sie einen mit ‚baiser‘ zusammenhängenden Psycho-Komplex oder eine damit zusammenhängende große persönliche Enttäuschung hinter sich, die sie nun für sich alleine verarbeiten muss. Da hat er eine Idee, die er ihr unterbreitet. Vielleicht findet er damit die Lösung.
    Martin stellt Emmanuelle seine Idee vor. „Ich will eine Reisebeschreibung über die Tour de Suisse schreiben, die ich gerade abfahre. Aber nicht primär eine Beschreibung, wo ich überall war und wie schön das in der Schweiz ist. Das natürlich auch. Aber ich denke, davon gibt es viele zutreffende und gute Beschreibungen. Ich will neben der Beschreibung meiner Reiseroute über meine Tour de Suisse Geschichten erzählen von den Leuten die ich auf dieser Tour getroffen habe und ganz besonders von dem, was sie bewegt und was sie erlebt haben. Natürlich werde ich das so schreiben, dass in der Geschichte kein konkreter Bezug zu einer bestimmten Person mehr erkennbar ist. Das werde ich vorher alles anonymisieren.“
    „Ça paraît prometteur. Das klingt verheißungsvoll“, antwortet Emmanuelle. „Und wie willst du das anstellen, dass die Leute dir ihre Geschichten erzählen?“
    „Manche Leute erzählen mir ganz gerne ihre Geschichte“, lügt Martin sie an und tut so, als ob er schon jede Menge Geschichten gesammelt hätte. Er lügt überzeugend.
    „Weißt du, die meisten die ich anspreche sind ganz froh, mir erzählen zu dürfen, was sie bewegt. Ich bin dann wie ein Psychiater, und wir machen ein Psychiaterspiel zusammen. Das erleichtert ungemein, wenn man über das Problem, das einen aktuell bewegt, reden kann und darf. Wenn du mir deine Geschichte, die dich heute bewegt, erzählen möchtest, so hast du bei mir einen Wunsch frei. Anschließend sagst du mir, was du dir von mir wünschst, und wenn dein Wunsch nicht zu abwegig ist und ich ihn erfüllen kann, so wird er für dich auch in Erfüllung gehen.“
    So ganz geheuer kommt ihr sein Angebot nicht vor. „J'ai un désir gratuitement? Ich habe einen Wunsch frei? Ich darf mir wünschen was ich will? Ist das dann wie Weihnachten, wo man sich auch alles wünschen darf, aber nie sicher sein kann, ob man es tatsächlich bekommt?“. Sie lacht ihn herausfordernd an.
    Martin nimmt die Herausforderung an. „Ich verspreche dir, ich werde dir jeden Wunsch erfüllen. Es muss lediglich ein Wunsch sein, den ich dir auch tatsächlich erfüllen kann. Und es gibt eine Einschränkung: Das, was du mir erzählst, muss wahr sein. Deshalb darf ich auch immer wieder den Wahrheitsgehalt kritisch hinterfragen. Und wenn ich dich dabei ertappe, dass du lügst, und sei es nur eine Kleinigkeit, dann habe stattdessen ich bei dir einen Wunsch frei. Ich denke, das ist fair. Machst du da mit? Können wir das beide miteinander vereinbaren?“ Martin hofft auf ihre Zustimmung.
    Emmanuelle braucht einige Zeit, um zu überlegen. Schließlich hat sie ihre Geschichte selber noch nicht verarbeitet, und nun soll sie diese einem wildfremden älteren Herrn erzählen, von dem sie nur weiß, dass er auf einem E-Bike durch die Schweiz fährt. Mehr weiß sie nun wirklich nicht von ihm. Und dann gleich so eine Vertrautheit? Andererseits. Bei den ihr vertrauten Personen hat sie dieses Thema nie so richtig angesprochen. Das Ganze ist ihr peinlich. Sie will nicht, dass über sie in diesem Zusammenhang geredet wird. Und so frisst sie das alles in sich hinein. Wäre es nicht jetzt eine gute Gelegenheit, mit einer völlig fremden neutralen Person darüber zu reden? Er kennt niemand aus dem Kreis ihrer Kollegen, Freunde, Verwandten oder Nachbarn. Schon Morgen wird er wieder weit weg sein. Keiner von ihren Bekannten wird etwas davon erfahren. Wenn die Geschichte in einem Buch erscheinen sollte, wird niemand mehr den Bezug zu ihr erkennen können. Also warum nicht, sie geht schließlich kein Risiko ein.
    „Je suis d‘accord, die Vereinbarung gilt.“ Sie weiß, auf was sie sich einlässt.
    „Ich will dir meine Geschichte erzählen. Du musst aber Geduld mit mir haben, ich habe sie noch niemandem erzählt und werde immer wieder Zeit brauchen, die richtige Formulierung zu finden, weil mich das alles viel zu sehr bewegt. Auch mit meiner besten Freundin habe ich
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