E-Bike Tour de Suisse (German Edition)
mit ihnen tun möchte, aus was für Gründen auch immer, dann sind sie enttäuscht und beleidigt. Das kann das Betriebsklima und auch meine Geschäftskontakte total zerstören. Deshalb muss das gut überlegt sein. Das heißt, das lohnt sich nur, wenn es mehr ist als ein One-Night-Stand und ich an dem betreffenden Herrn auch ganz persönlich sehr interessiert bin. Und da wird die Auswahl dann schnell sehr klein. Bist jetzt habe ich keinen gefunden, bei dem ich denke, dass ich dies tun sollte. Ich bin da schon sehr wählerisch.“
„Willst du damit sagen, dass du nun schon seit über einem halben Jahr keinen Sex mehr gehabt hast?“, greift er ihre Aussage erstaunt auf. „Da musst du ja nun sexuell total ausgehungert sein.“
„En fait, c‘est vrai.“ Emmanuelle nickt zustimmend. „Das hast du ganz richtig erkannt.“
Darauf Martin. „Es freut mich, dass du so offen mit mir sprichst. So offen kannst du wahrscheinlich nur deinem Wahlvater gegenüber sein. Deinem richtigen Vater würdest du das vermutlich nicht sagen wollen.“
‚Wir haben nun schon eine ganz innige Vertrautheit miteinander erreicht‘, denkt Martin für sich. Er liebt dieses Mädchen, ob als Frau oder als Wahltochter ist für ihn aktuell noch Nebensache. Hauptsache ist für ihn, dass sie so vertraut miteinander umgehen können. Er fühlt sich als Mann geehrt und herausgefordert. Es ist schon eine sehr innige und intime Beziehung geworden, die jetzt zwischen ihnen beiden besteht.
Emmanuelle scheint nun auch ausreichende Selbsterkenntnis erlangt zu haben und bestätigt Martins Verdacht. „Vermutlich habe ich dein ‚pousser‘ deshalb als ‚baiser‘ verstanden, weil ich dauernd nur an das Eine denke. Du weißt ja, wenn man immer an das Selbe denkt, dann versteht man beim Gegenüber genau das, was man hören möchte, nicht das, was dieser tatsächlich gesagt hat.“
Martin unterbricht sie in ihren Gedanken. „Vielleicht fahren wir jetzt weiter nach Biel. Unsere Klamotten sind trocken. Wir haben beide noch kein Zimmer. Da dürfen wir nicht zu spät ankommen. Kennst du ein gutes und preiswertes Hotel, das noch zwei Einzelzimmer frei haben könnte? Oder hast du für dich schon ein Zimmer reserviert?“
„Pas encore, nein, noch nicht“, antwortet Emmanuelle nachdenklich. „Ich habe gedacht, ich werde schon rechtzeitig etwas finden. Inzwischen ist es aber später geworden, als ich gedacht habe. Dann lass uns jetzt aufbrechen.“
Beide ziehen sich wieder um. Sie schieben ihr Velo zum Weg zurück und fahren weiter. Es dauert nicht mehr lange, bis sie Nidau erreicht haben, wo der Nidau-Büren-Kanal aus dem Bielersee sein Wasser bezieht. Nidau hat 7.000 Einwohner. Als sie den Ort erreichen, denkt Martin zunächst, es sei ein Vorort von Biel. Aber nein, es ist eine eigenständige kleine Stadt mit einem Schloss, das im 14. Jahrhundert zusammen mit der Stadt erbaut wurde, aus strategischen Erwägungen der damaligen Besitzer. Dem Fremden fällt die Unterscheidung schwer, wo Nidau aufhört und Biel anfängt.
Biel oder französisch Bienne genannt ist mit seinen 53.000 Einwohnern die größte zweisprachige Stadt der Schweiz, offizielle Amtssprachen sind Deutsch und Französisch. Biel gehört zum Kanton Bern. Mit dem gleichnamigen Bielersee liegt es am Jurafuss. Es ist eine Uhrenmetropole, vermutlich die bedeutendste Uhrenstadt der Welt. In Biel hat der größte Uhrenkonzern der Welt, die Swatch Group, ihren Hauptsitz. Die weltweit größte Uhrenmarke (Rolex) produziert hier ihre Uhrwerke.
Martin kennt Biel als Hightech-Standort der Schweiz. Ausgehend von der Uhrenindustrie hat sich in Biel ein hohes Know-how in Präzisionstechnik gebildet, das Biel für zahlreiche Branchen wie Medizintechnik, Automotive, Informationstechnik und Telekommunikation zu einem begehrten Standort macht. In Biel wohnt man dort, wo andere Urlaub machen. Mit dem Bielersee, den Flüssen, den Jurawäldern und den Rebbergen liegt unmittelbar vor der Stadt ein faszinierendes Erholungsgebiet, einschließlich kilometerlangen Velowegen.
In Biel angekommen schauen sie zuerst nach einem Zimmer. Sie haben beide nicht bedacht, dass durch die Bundesfeier die Hotels alle ausgebucht sind. Sie klappern die Tourist Information und mehrere Hotels ab.
Schließlich finden Sie ein Hotel, in dem ihnen der Empfangschef sagt, dass er soeben einen Anruf mit einer Absage erhalten habe. Das Zimmer wäre daher soeben frei geworden. Ob sie das haben wollen? Martin fragt, was es für ein Zimmer sei.
Weitere Kostenlose Bücher